Gelsenkirchen. . Teils schockierende Einblicke in die Welt des Sports bot der Vortrag von Gerd Wagner in der Neuen Synagoge Gelsenkirchen. Um Rassismus ging es da, um Diskriminierung und Homophobie - und darum, wie sich Vereine davor schützen können.
Eine ungewöhnliche Ortswahl war es nur auf den ersten Blick. „Rassismus und Diskriminierung im Sport“ war das Thema in der Neuen Synagoge Gelsenkirchen. Und nicht nur vor dem aktuellen Hintergrund der Wahlen in Sachsen-Anhalt und dem sorgenvollen Blick auf die vielen Stimmen für die NPD hat die Jüdische Gemeinde Gelsenkirchen sehr gerne die Rolle des Gastgebers für den Workshop im Rahmen der „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ übernommen. „Das liegt in der Natur unserer Sache“, freute sich die Vorsitzende Judith Neuwald-Tasbach.
Referent des Abends war Gerd Wagner von der „Koordinationsstelle Fanprojekte“ der Deutschen Sportjugend. Wagner kennt die Szene und ihre rechtsextremen Auswüchse wie kaum ein Zweiter. Zuletzt betreute er drei Jahre lang das mittlerweile ausgelaufene Modellprojekt „Am Ball bleiben - Fußball gegen Rassismus und Diskriminierung“. Sein Vortrag gab teils schockierende Einblicke in eine Welt, in der Rassismus, Antisemitismus und Homophobie noch immer gegenwärtig sind.
"Leider Teil der Sportkultur"
Wagner betonte, dass Ursachen von Diskriminierung ein gesamtgesellschaftliches Problem seien, für das der Sport eine Mitverantwortung trüge. „Der Sport ist als Teil der Gesellschaft natürlich keine Insel der Glückseligkeit.“ Und noch deutlicher: „Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit sind leider Teil unserer Sportkultur.“ Omnipräsent ist das Thema besonders im Fußball, aber dieser Eindruck entsteht vor allem durch die mediale Aufmerksamkeit für diese Sportart. Wagner betont: „Diskriminierung findet man genauso beim Schwimmen, Reiten, in der Leichtathletik oder beim Turnen.“
Im Kampf gegen Rechts sind in den letzten Jahren zumindest im Profisport durchaus achtbare Erfolge erzielt worden. Im Fußball besteht durch diverse Aktionen der Vereine und Verbände und durch die mittlerweile üblichen strengen Kontrollen in den Stadien kaum mehr die Möglichkeit diskriminierende Parolen zu verbreiten. Doch das heißt nicht, dass das Problem damit gelöst ist: „Man gibt derartige Einstellungen ja nicht am Stadiontor ab“, bringt es Wagner auf den Punkt.
Amateursport fehlen Schutz-Strukturen
Er hat beobachtet, dass sich in den letzten Jahren die Aktivitäten politischer Gruppierungen bei Profifußballspielen auf den An- und Abreiseweg verlagert haben. Darüber hinaus scheint die Szene eine enorme Kreativität zu entwickeln, wenn es darum geht, strafrechtliche relevante politische Inhalte in Symbolen und Kürzeln zu verstecken. „Die Gruppen finden ständig neue Wege, um ihre Inhalte zu codieren“, klärt der Referent auf. Und so wird aus der gängigen Szeneformel „88“(der Zahlencode steht für „Heil Hitler“) auf T-Shirts eben ein „87+1“ oder ein „2x44“. „Das ist für Außenstehende oft kaum noch nachvollziehbar.“
Noch viel schwieriger haben es aber die Verantwortlichen im Amateursport. Hier fehlt es oftmals an den Strukturen, die es dem Profisport ermöglicht, die Rechten zumindest in den Stadien deutlich in ihre Schranken zu weisen. Oftmals fühlen sich die Amateur-Vereine mit solchen Themen allein gelassen und überfordert. Damit das nicht so bleibt, gibt Wagner nach einem kurzen „Meinungsspiel“ den Teilnehmern noch einige Tipps mit auf den Weg, wie sie selbst aktiv werden können, um klare Grenzen zu ziehen und ein deutliches Zeichen gegen Diskriminierung jeglicher Art zu setzen. Damit in Zukunft auch bei den Amateuren Fremdenfeindlichkeit ganz klar und unmissverständlich die rote Karte gezeigt bekommt.