Gelsenkirchen. Die Grünen-Bundestagsfraktion packte im Feldmarker stadt.bau.raum das Thema „Zivilcourage im Fanblock” an. Fazit: Es gibt Erfolge, aber auch einige Missstände.
„Heute habe ich keine Angst mehr, eins auf die Fresse zu kriegen, wenn ich jemanden zurechtweisen muss”, sagt Dezernent und S 04-Fan Manfred Beck. Vor 15 Jahren sei das noch anders gewesen. Wenn es um rassistische Gesänge geht, sieht der Sportdezernent und Dauerkarteninhaber eine positive Entwicklung - sowohl auf dem Weg zum als auch ins Schalker Stadion. Dass es aber trotzdem noch viel zu tun gibt im Bereich der Fan-Sozialarbeit, aber auch für die Polizei, hat die Veranstaltung „Zivilcourage im Fanblock” im Feldmarker stadt.bau.raum an der Boniverstraße gezeigt.
Die Bundestagsfraktion der Grünen hatte eine Expertenrunde eingeladen, um über aktuelle Probleme zu diskutieren. Nach der Begrüßung durch OB Frank Baranowski war es die Vizepräsidentin des Bundestages, Katrin Göring-Eckardt (Grüne), die gemeinsam mit Grünen-MdL Ewald Groth und Grünen-Mitglied Beck Vertreter von Fanprojekten und Initativen sowie des DFB diskutierte.
Outing in der Liga
Während ausländerfeindliche Parolen, zumindest in den oberen Ligen, verdrängt worden seien, so der Tenor, stecke die Arbeit gegen die Diskriminierung von Homosexuellen noch in den Kinderschuhen. Viele Fans wüssten gar nicht was sie beispielsweise mit „schwuler BVB” überhaupt sängen. „Trotzdem müssen wir immer wieder auf das Problem hinweisen. Dabei würde es sehr helfen, wenn sich endlich mal ein Bundesligaspieler als schwul outen würde”, sagte Susanne Franke (Fan-Ini).
„Wir haben bundesweit ein Problem mit Rassismus”, bestätigt Helmut Spahn das nach wie vor größte Problem von oberster Stelle. Der Sicherheitsbeauftragte des DFB war 2006 für die Sicherheit der WM-Stadien verantwortlich, war SEK-Chef in Frankfurt und davor selbst in Stadien als Polizist im Einsatz. Er beobachtet insgesamt einen starken Anstieg von Gewalttaten im Fußball, nicht nur in den unteren Ligen. „Die Lösung des Problems läuft nur über die sportpädagogische Arbeit.”
Worte, die bei Patrick Arnold vom Schalker Fan-Projekt auf große Zustimmung treffen. Er begleitet vor allem junge Fans zu allen Spielen
Kritik an der Polizei
der Schalker - auch die so genannten Problemfälle. Bei den Sicherheitsorganen vermissten die Fanprojekt-Mitarbeiter aber oft das nötige Fingerspitzengefühl. So wurde bei der Diskussion erneut das „pauschale Vorgehen” der Polizei vor gut einem Jahr an der
Glückauf-Kampfbahn kritisiert. Wie berichtet, wurde da-mals eine große Fan-Gruppe, direkt im Herzen der sozialpä-dagogischen Arbeit eingekesselt und erkennungsdienstlich Heftige Kritik gab es für die „Ausziehaktion” im Vorfeld des Uefa-Cup-Spiels Schalke gegen Paris. Einige Fans mussten sich damals zu Leibesvisitationen fast komplett entkleiden. „Ich habe den Eindruck, dass in Gelsenkirchen die Polizei gerne mal über das Ziel hinaus schießt", kritisierte die Bundestagsvizepräsidentin.
Die Grünen wollen mit einen Antrag im Bundestag die Bürgerrechte der Fans stärken und die neu angelegte „Datei Gewalttäter Sport” auf eine verfassungsgemäße Grundlage stellen. Auch um Unbeteiligte in einer Gruppe vor Sanktionen zu schützen. Außerdem wollen die Grünen die Vereine dazu bewegen, eine „Resolution gegen Diskriminierung” zu unterzeichnen und eine „Antidiskriminierungszentrale Sport” ins Leben rufen.