Gelsenkirchen. . Das Consol Theater in Gelsenkirchen-Bismarck feierte die Premiere des Theaterstücks “Gegen den Fortschritt“. Mit nur drei Schauspielern zeigten Regisseurin Andrea Kramer und Dramturgin Sylvie Ebelt das Theater als moralische Anstalt.
Das Theaterstück „Gegen den Fortschritt“ feierte am Samstagabend Premiere im Consol Theater in Bismarck. Mit kuriosen, grotesken Bildern und enorm ausdrucksstarker Schauspielkunst wurde in zugespitzter, skurriler Weise dem Menschen der Spiegel vorgehalten.
Regisseurin Andrea Kramer und Dramaturgin Sylvie Ebelt gelang der Spagat zwischen der freien Form von unzusammenhängenden Szenen und dem klassischen Leitbild Schillers, das Theater als moralische Anstalt fungieren zu lassen. Das Ergebnis: die Erkenntnis der eigenen Grausamkeit.
Scheinbar alltägliche Situationen
In sieben Szenen konfrontiert das Stück „Gegen den Fortschritt“ das Publikum mit scheinbar völlig alltäglichen Situationen, die dann plötzlich ins Extreme umschlagen und den Menschen seine moralischen Pflichten verletzen lassen.
So wird beispielsweise eine Puppe mit einer beängstigenden Brutalität und aus niederen Gründen zusammengeschlagen, Hilfe wird verweigert, Gott auf Kosten von Menschenleben gespielt und Gefühl durch Vertragsdauer ersetzt. Kein Wunder, dass letztlich die Robben die Menschheit überleben und ihre Taten verurteilen.
Die Zuschauer im ausverkauften Consol Theater schienen häufig hin- und hergerissen zu sein zwischen Lachen und Schrecken, Mitleid und Furcht – Katharsis wie es Aristoteles in seiner Tragödientheorie formulierte.
Intensivität des Stücks
Sehr intensiv ist das Stück nicht nur deshalb, weil es auf eindringliche, grausame und erschreckende Art nahe geht, sondern auch, weil sich die Regie auf drei Schauspieler beschränkt hat, die mit wenigen Mitteln und sehr viel Können überzeugen. Dorothea Förtsch, Björn Luithardt und Manuel Moser entwickeln dabei eine Dynamik, die das Publikum mitreißt und die 70 Minuten (gefühlt: kurze) Aufführung wie im Flug vergehen lassen.
Natürlich ist das Stück alles andere als seicht und durchaus experimentell, doch hat es eine enorme Wirkung ohne belehrend zu sein. Dem Zuschauer bleibt dabei genügend Raum für seine eigenen Gedanken, und das ist es, was diesem Stück Nachhaltigkeit verleiht.