Gelsenkirchen. . Mit Film, Ton und Regiepult: Die neue Raumschießanlage im Polizeipräsidium Buer erlaubt praxisnahes Training für die Beamten. In den 800 Quadratmeter großen Komplex wurde knapp eine Million Euro investiert.
Einsatztrainer Markus Helmert führt Regie bei einem ganz speziellen Einsatz: Vom Schreibtisch aus steuert er via Mischpult und Rechner, DVD-Player und Lichtpult die Aktionen vor der Glasscheibe. Licht flackert, spitze Schreie dringen gedämpft durch die dicken Wände, eine Schuss-Serie dröhnt.
Weit hinten, vor Kopf des gut 30 Meter langen Saals, geht eine Figur zu Boden. Niedergestreckt aus der Dienstwaffe von Christian Meyering. Der Polizeikommissar hat gefeuert und getroffen. Ein roter Punkt zeigt den Wirkungstreffer auf dem Oberkörper des (Film)-Kontrahenten an. Doch in der nächsten Sekunde wird schon wieder auf Meyering gefeuert, hat ihn der nächste Ganove im Visier. Alles nur Film. Und Training. Die Polizei präsentiert, was in ihrer neuen Raumschießanlage im Polizeipräsidium möglich ist.
Alles ist möglich
Helmert führt Übungsfilme auf dem PC vor, spielt eine Amoklage in einem Schulgebäude mit wild flüchtenden Schülern ein, zeigt eine Verkehrskontrolle, die eskaliert. Und eben die Parkhausszene, die Meyering fordert. Schießen oder nicht schießen, in Bruchteilen von Sekunden die Lage einschätzen und richtig reagieren – all’ das soll hier geprobt werden. Mal rennt ein verängstiger Mann durchs Treppenhaus, in der nächsten Sequenz kann es ein Täter sein, die Pump-Gun im Anschlag. Alles ist möglich.
Das Programm speist hunderte verschiedene Varianten in den Beamer ein. Und im Laufe eines Jahres werden – Waffe in der Hand, Hörschutz auf den Ohren und einen Trainer wie Oberkommissar Peter Ahmann im Rücken – alle Beamten aus dem Wach- und Wechseldienst, der Verkehrs- und Kriminalpolizei vor der Leinwand stehen und „für den Fall trainieren, der hoffentlich nie eintrifft“, sagt Horst Poschmann, der Leiter der Fortbildungsstelle. Übungen für den Dienstgebrauch: „Einsatzkompetentes Lageschießen“ wird hier vermittelt. „Auf bewegliche Ziele, aus der Bewegung, mit zwischenzeitlichem Magazinwechsel.“
Sicherheitsaspekte werden groß geschrieben
Ein Jahr mussten sich die Gelsenkirchener bei anderen Behörden den Feinschliff für die Praxis holen. Mit der Aufgabe der Wache an der Overwegstraße entfiel auch die dortige, rund 40 Jahre alte Anlage als Trainingsort. Der Ersatz im Präsidium wurde zeitig geplant. Alte Garagen auf dem Hof wurden als Standort für die neue Raumschießanlage ausgeguckt. Im März 2009 begann der Abriss. Aber wie es so ist, wenn Sicherheitsaspekte besonders groß geschrieben werden (müssen), wenn Behörden zusammenarbeiten und Auflagen Aktenordner füllen: das dauert. Die Fertigstellung mit allen Genehmigungen stand jetzt an. Rund 800 m² groß ist der Komplex, die Schießanlage füllt 540 m². Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW als Bauherr investierte knapp 1 Mio Euro. Allein für die aufwändige und nötige Lüftungs- und Befeuchtungsanlage „hätte man zwei Einfamilienhäuser bauen können“, schätzt Dietmar Trost, im Präsidium zuständig für die Liegenschaften.
Die Schüsse aus den Dienstwaffen haben die Leinwand durchsiebt. Patronenhülsen glänzen auf dem blaugrauen Spezialboden. Die Projektile hat der Sandkugelfang geschluckt – unverwundbar wie die Leinwand-Ganoven.