Gelsenkirchen. Festbeleuchtung für den Ramadan in Gelsenkirchen-Neustadt? Die Grünen haben diese Idee jetzt eingebracht – so soll sie reifen.
Erstmals wurde in diesem Jahr Festbeleuchtung zum muslimischen Fastenmonat Ramadan in deutschen Städten angebracht – was erwartungsgemäß bundesweit kontrovers diskutiert wurde. Trotzdem könnte 2025 auch die Stadt Gelsenkirchen nachziehen und eine entsprechende Beleuchtung, zum Beispiel in der „migrantisch geprägten Gastroszene am Südausgang des Hauptbahnhofs“, anbringen. Zumindest, wenn es nach den Gelsenkirchener Grünen geht.
Während es in Frankfurt die regierende Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt war, die mit dem „Happy Ramadan“-Schild im März ein Zeichen setzen wollte, steckte in Köln ein privater Verein hinter der Initiative. In Gelsenkirchen soll es nach Vorstellung der Grünen ein Mix aus beidem sein: Sie sind es, die die Idee jetzt erstmals auf politischer Ebene eingebracht haben. Aber ein richtiger politischer Antrag soll dazu nicht entstehen. Vielmehr wolle man jetzt Migranten-Selbstorganisationen finden und ermutigen, eine Festbeleuchtung bei der Stadt zu beantragen, erklärt der Grünen-Bezirksverordnete Jan Philip Schaaf.
Wenig ehrenamtliches Engagement von migrantischen Geschäftsleuten in Gelsenkirchen-Neustadt
„Ich fände es nicht gut, wenn man das Fastenbrechen zum Spielball politischer Botschaften macht“, sagt der Ückendorfer. Statt die Beleuchtung also gleich in den politischen Gremien zu fordern, fragte er vorsichtig bei der Stadt nach: Was würde sie überhaupt kosten, so eine Beleuchtung? Und welche Zusammenschlüsse von Gastronomen und Kaufleuten entlang der Bochumer Straße in der Neustadt seien der Stadt überhaupt bekannt – Netzwerke eben, die so eine Beleuchtung umsetzen könnten?
Lesen Sie hier die beiden WAZ-Kommentare zu dem Thema
- „Sich fremd fühlen in Gelsenkirchen: So wird es nur schlimmer“: Sinan Sat spricht sich in seinem Kommentar gegen die Ramadan-Beleuchtung aus.
- „Gelsenkirchen sollte seine Realität anerkennen“: Gordon Wüllner-Adomako hält die Ramadan-Beleuchtung für eine gute Idee.
Zu den Kosten macht die Stadt keine konkrete Angabe. Sie betont jedoch: Zusammenschlüsse von dortigen Gastronomen und Kaufleuten seien nicht bekannt. „Die Verwaltung hatte bereits in der Vergangenheit erfolglos versucht, Zugang zu den ansässigen Gastronomen und Kaufleuten zu bekommen“, heißt es. Hauptprobleme seien sprachliche Barrieren und „die fehlende Bereitschaft seitens der Kaufleute und Gastronomen, ehrenamtliche Aktivitäten zur Stärkung der lokalen Ökonomie zu übernehmen.“ Heißt also: Weder hat man guten Kontakt zu den Geschäftsleuten im Viertel noch erlebt man sie als besonders aktiv.
„Neugierde, etwas Neues zu entdecken“
Wünschen sich die Grünen also etwas, was überhaupt keiner im Neustädter Viertel nachfragt? „Wir wollen jetzt mal vorfühlen und eine entsprechende Kontaktaufnahme starten“, sagt Jan Philip Schaaf. Die Sprachbarriere lässt er dabei nicht als Argument gelten. „Damit macht man es sich zu einfach.“ Es gebe schließlich genug mehrsprachige Menschen in Gelsenkirchen, die mit der Kontaktaufnahme helfen könnten. Auch Schaaf hat in den letzten Jahren allerdings beobachtet, dass Gelsenkirchen im Vergleich zu anderen Städten im Ruhrgebiet „strukturschwach“ sei, was den Organisationsgrad in migrantischen Communitys angehe. Die Stadt tue sich aber auch nicht besonders damit hervor, entsprechende Organisationsformen besonders zu fördern, meint er.
Und was ist mit den alteingesessenen Gelsenkirchenern, denjenigen, die sich ohnehin zusehends fremd fühlen, wenn sie beim Gang durch die Innenstadt kein Wort mehr verstehen? „Ich kann diese Perspektive, diese Ängste und Sorgen verstehen“, meint Schaaf. „Ich würde mit einer Ramadan-Beleuchtung trotzdem die naive Hoffnung verbinden, dass es Neugierde bei den Menschen weckt, etwas Neues zu entdecken.“ So ein Schild sei eine Einladung, miteinander ins Gespräch zu kommen, ein positives Zeichen für gegenseitige Akzeptanz – nicht mehr und nicht weniger.
Hitzige Debatte um Ramadan-Lichter in Frankfurt
Dabei gehe es nicht nur um die Nichtmuslime in der Stadt. Man mache es sich seitens der Mehrheitsgesellschaft oft zu einfach, die „muslimische Gemeinschaft“ als homogene Gruppe zu betrachten, meint Schaaf. Allein in einem Viertel wie der Südseite des Bahnhofs seien zig verschiedene muslimische Strömungen, zig unterschiedliche Perspektiven auf den Glauben zu finden. So ein Schild mit einem einfachen Gruß, das könne auch für diese Menschen ein gemeinsamer Nenner sein.
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Nachdem der „Happy Ramadan“-Schriftzug diesen März in Frankfurt und Köln angebracht wurde, gab es in sozialen Medien zahlreiche Pöbeleien, oft unter dem Stichwort „Unterwerfung.“ Auch in der Politik wurde hitzig debattiert – während die Frankfurter Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg von „Wertschätzung und Anerkennung kultureller und religiöser Vielfalt“ sprach, wertete die AfD die Beleuchtung als „fatales Signal“ und „schrittweise Islamisierung unseres Landes“.