Gelsenkirchen. Gewalt, Raub, Drohungen: Die Jugendkriminalität ist in Gelsenkirchen ein großes Problem. Wie die Polizei die Stadt jetzt sicherer machen will.

Diese Meldungen machen fassungslos: Immer wieder schlagen Kinder und Jugendliche in Gelsenkirchen zu, berauben und bedrohen andere Minderjährige. Dabei hatte die Polizei zeitweise geglaubt, das Problem eingedämmt zu haben, nachdem ab dem Spätsommer 2022 eine erschütternde Serie ihren Anfang genommen hatte.

Kriminelle Teenager und Jugendliche raubten immer wieder Gleichaltrige oder Jüngere in Gelsenkirchen aus. Es verging mitunter kaum ein Tag, an dem die Polizei nicht von einem neuerlichen Beutezug berichtete. Die Raubzüge waren deshalb schon Thema im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags. Reagiert hatte auch das hiesige Polizeipräsidium: mit der Ermittlungskommission „König“, mit verstärkten Kräften in den Quartieren, teils inkognito.

Die Ermittlungskommission wurde eingestellt, weil die Fallzahlen rund um den namensgebenden Heinrich-König-Platz zurückgingen. Doch in der Folge mehrten sich die Meldungen über Gewalt- und Raubdelikte von Jugendlichen überall im Stadtgebiet. Zuletzt untermauerte auch die polizeiliche Kriminalstatistik für 2023, dass die Jugendkriminalität in Gelsenkirchen zugenommen hat. Schon bei der Vorstellung der Zahlen hatte der neue Polizeipräsident erklärt, dass er dagegen vorgehen und eine Sonderkommission einrichten wolle.

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Als wenige Wochen später die WAZ über einen Teenie-Raubzug am Hauptbahnhof und die Verzweiflung und Verärgerung Gelsenkirchener Eltern berichtete, meldete sich Polizeichef Tim Frommeyer erneut zu Wort und erklärte, „das muss aufhören und wir wollen, dass es aufhört.“ Dafür soll die „Soko Jugend“ sorgen, unter anderem indem der Ermittlungsdruck „gestärkt und intensiviert“ werde.

Auf Nachfrage der Redaktion erklärt die Polizei nun, dass die Soko „erste Formen“ angenommen habe. Nach einem Auftaktgespräch zwischen Jugenddezernentin, Anne Heselhaus, und Tim Frommeyer seien sich beide einig, die behördenübergreifende Zusammenarbeit weiter zu intensivieren und fortzuentwickeln. Jugendliche und Kinder, welche straffällig geworden sind oder bereits im Vorfeld einer Straffälligkeit durch delinquentes Verhalten auffielen, sollen frühzeitig identifiziert und engmaschig betreut werden können, heißt es in einer Erklärung der Polizei.

Was genau damit gemeint ist, wird allerdings nicht näher beschrieben.

Konkrete „Hausbesuche“ bei kriminellen Jugendlichen in Gelsenkirchen geplant

Präventiv würden außerdem Aufklärungskampagnen und Vorträge zum Beispiel in Schulen geplant. Auch konkrete „Hausbesuche“, mit dem Ziel des Hilfsangebots einerseits, aber auch der Risiko-Bewusstmachung bei betroffenen Familien andererseits sollen zum Portfolio präventiver Maßnahmen dazugehören. Durch diese Maßnahmen sollen die mutmaßlichen Täterinnen und Täter aus der Anonymität geholt und ein Rückfallrisiko reduziert werden, hoffen die Behörden.

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Außerdem will die Polizei auch das Instrument der „strategischen Fahndung“ nutzen. Das heißt, dass die Beamten wegen des hohen Fallaufkommens Personen auch ohne konkreten Tatverdacht kontrollieren können. Zudem sollen eine verstärkte polizeiliche Präsenz und geplante Sondereinsätze „zur Verdichtung der Erkenntnislage“ beitragen.

„Wir wollen zeigen, dass wir da sind und keine Gewalt dulden“, betont der Leiter der SoKo Jugend, Kriminalrat Gerrit Böckmann. Neben der Fokussierung auf mögliche Täterinnen und Täter sei es der Polizei Gelsenkirchen auch zukünftig ein besonderes Anliegen, Opfer von Jugendkriminalität und deren Angehörige engmaschig zu betreuen. Die Zusammenarbeit der Ordnungspartner fördere dabei den Austausch mit Personen, die Opfer von Kinder- und Jugendgewalt geworden sind.

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