Gelsenkirchen. Das Verhältnis zwischen Polizei und Schalke Ultras ist schon länger angespannt. Jetzt sind Polizisten aber auch stinksauer auf Schalke 04 selbst.
Dass sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP) so deutlich gegen einen Fußballverein zu Wort meldet, kommt nicht alle Tage vor. Doch nach Informationen dieser Redaktion sind nicht wenige Polizistinnen und Polizisten in NRW derzeit stinksauer auf den Zweitligisten Schalke 04, weshalb sich die GdP jetzt auch in einem öffentlichen Facebook-Post mit folgenden Worten an den Verein wendet: „Hey, FC Schalke 04, prima, dass Du Dich mit #stehtauf engagierst - und auch, dass Du die Initiative ,Wer hetzt, verliert‘ unterstützt! Super, dass Du jede Form von Diskriminierung ablehnst und dass Du entschlossen gegen Hass + Hetze vorgehen willst! Nur, dann mach es doch auch. Oder sind das alles nur hehre Worte?“, heißt es von der Gewerkschaft einleitend.
Die Polizeivertreter nehmen damit Bezug auf Transparente, die während des letzten Heimspiels des S04 gegen Fortuna Düsseldorf in der Nordkurve der Arena gezeigt wurden. Darauf klagten die Schalke-Fans die XXL-Öffentlichkeitsfahndung der Behörden an, die nach gewalttätigen Ausschreitungen vor einem Jahr in Gang gesetzt wurde.
„Müssen sich unsere Kollegen in Deinem Stadion wirklich so beleidigen lassen?“
„Unsere Kolleginnen und Kollegen wurden in übler Gossensprache verunglimpft. Rechtsstaatliches Handeln wird in Abrede gestellt, dafür werden Gewalttätigkeit und Dummheit unterstellt“, so die GdP. Und weiter: „,Ungebildete Bullensau‘ – müssen sich unsere Kolleginnen und Kollegen in Deinem Stadion wirklich so beleidigen lassen? Zur Erinnerung, das sind die Frauen und Männer, die bei Dir Heimspiel für Heimspiel für Sicherheit sorgen und sich dafür die Wochenenden um die Ohren schlagen.“
Tatsächlich hatten die Ultras Gelsenkirchen vor dem Anpfiff des Zweitligaspiels zwischen dem FC Schalke 04 und Fortuna Düsseldorf mit einem Riesenbanner gegen die aus ihrer Sicht unverhältnismäßige Fahndungsaktion protestiert. Sie hielten ein riesiges Banner mit der Aufschrift: „Polizei GE: Verhältnismäßigkeit ausgeblendet, zusammen mit der Bild die Menschenjagd vollendet!“. Die „Bild“-Zeitung hatte nach der Veröffentlichung der Fahndung durch die Behörden Dutzende Fotos auf einer ganzen Zeitungsseite abgedruckt, weshalb sich auch ein weiteres Banner einer anderen Schalker Ultra-Gruppierung nicht nur gegen die Polizei, sondern auch gegen das Boulevardblatt richtete („Bullen und Springer Hand in Hand jagen Fans im ganzen Land“).
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Für die Gewerkschaft der Polizei geht das aber viel zu weit, weshalb sie vom Verein eine Erklärung fordert, wie solche Banner ins Stadion gelangen können und warum die Ordnungskräfte des Vereins nicht eingeschritten sind. „Viele Polizisten sind übrigens selbst Fußballfans, viele finden den Verein Schalke 04 ganz sympathisch. Eigentlich. Von wegen #stehtauf: Dein Ordnungsdienst ist nicht eingeschritten“, heißt es im Brief der Gewerkschaft entsprechend deutlich. Die Polizistinnen und Polizisten würden nun vom Verein eine Erklärung erwarten.
Gelsenkirchener Polizeipräsident meldet sich zu Wort: „Mehr als befremdlich“
Auch der noch relativ neue Polizeipräsident in Gelsenkirchen meldete sich am Mittwoch (8. Mai) deutlich zu Wort und erklärte es für „mehr als befremdlich“, dass sich die Polizei Unverhältnismäßigkeit und Populismus vorwerfen und aufs Übelste beschimpfen lassen müsse, nur weil sie ihrem gesetzlichen Auftrag der Strafverfolgung nachkommt. „Das Instrument der Öffentlichkeitsfahndung ist, wie viele andere Maßnahmen der Strafverfolgung auch, in der Strafprozessordnung klar verankert. Auch die zur Diskussion stehende Fahndung wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch einen unabhängigen Ermittlungsrichter angeordnet“ so Tim Frommeyer.
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Die gesuchten Personen, von denen mittlerweile 45 identifiziert sind, stehen im Verdacht, im vergangenen Jahr beim Heimspiel des FC Schalke 04 gegen Eintracht Frankfurt unter anderem Körperverletzungen und Landfriedensbrüche begangen zu haben.
Frommeyer weiter: „Ich stelle mich ganz klar an die Seite der vielen Kolleginnen und Kollegen, die jedes Wochenende in Gelsenkirchen, wie auch den anderen Bundesligastadien, im Einsatz sind. Darüber hinaus fordere ich ein, dass jede Initiative gegen Hass und Hetze selbstverständlich auch Beleidigungen oder Drohungen gegenüber unseren Polizistinnen und Polizisten aufs Schärfste verurteilt.“
Damit konfrontiert, erklärt der FC Schalke 04 auf Nachfrage der WAZ, dass der Club „das Posting der GdP NRW gesehen“ habe und „selbstverständlich für ein Gespräch mit dem Landesvorstand zur Verfügung steht.“
Verhältnis zwischen Schalke Ultras und Polizei schon länger angespannt
Das Verhältnis zwischen der organisierten Fanszene von Schalke und der Polizei ist ohnehin angespannt. Seit Anfang der Saison fühlen sich die Fans in der Auslebung ihrer Fankultur durch die Polizei beschnitten. Die für ihre spektakulären Choreografien bekannten Schalker Ultras interpretieren die Anordnung der Polizei, dass die Sicht aus dem Polizei-Kontrollraum im Übergang zur Nordkurve nicht behindert werden darf, als Choreo-Verbot.
Dem widerspricht die Polizei Gelsenkirchen nach wie vor deutlich. „Es gibt kein Choreo-Verbot, so etwas wird es auch nie geben“, sagte Peter Both, Leitender Polizeidirektor bereits im August 2023. Dass die versagte Genehmigung des geplanten Verhängens der Fenster durch ein Fan-Banner an der Arena-Leitstelle vor den Blöcken G und H als vollständiges Choreo-Verbot dargestellt wird, ist für Both „unhaltbar“.
Ihm zufolge haben die Sicherheitsbehörden den Ultras bereits über den Verein den Vorschlag unterbreitet, farbige, aber trotzdem durchsichtige Stoffe als Banner auszuprobieren. So sollte getestet werden, ob Sicherheitskräfte und Rettungsdienste in der Leitstelle weiterhin gute Sicht auf das Geschehen haben und die Fans ihre Unterstützung klar erkennbar für alle ins Stadion rund senden können. „Das aber wurde ohne Angabe von Gründen abgelehnt“, so Both.