Gelsenkirchen. Handarbeit plus Hightech: Ein Blick hinter die Kulissen der Fachabteilungen im Marienhospital Gelsenkirchen, die für Hygiene sorgen.

  • Während in der Bettenaufbereitung nichts ohne Handarbeit geht, regiert bei der Instrumenten-Desinfektion die Technik.
  • 50.000 Sterilgut-Einheiten werden im Keller des Hauses alljährlich aufbereitet
  • Fachpersonal betreut die Desinfektion mit Hilfe von Hightechgeräten

Krankenhäuser könnten ein Paradies für Keime, Viren und Bakterien sein. Damit das Gegenteil der Fall ist, betreiben Kliniken einen extrem großen Aufwand. Wir haben beim Gelsenkirchener Marienhospital hinter die Kulissen geschaut und der Bettenaufbereitung, der Aufbereitung der Medizinprodukte (AMP) – womit unter anderem Operationsinstrumente gemeint sind – und die Reinigung und Sterilisation der endoskopischen Untersuchungsgeräte und Schläuche erklären lassen.

Start in der Bettenaufbereitung: Mit viel Handarbeit

Wir starten im Keller, in der Bettenaufbereitung. Hier werden die benutzten, „unreinen“ Betten über einen Extra-Fahrstuhl angeliefert, und zwar von einem Hol- und Bringdienst. In der unreinen Abteilung machen sich heute Pierra Rubino und Tülay Naz als Erstes ans Abziehen. 130 der insgesamt 568 Betten im Haus landen im Durchschnitt täglich hier, montags und freitags auch mal mehr: eine Knochenarbeit. Schritt zwei ist die händische „Scheuer-Wisch-Desinfektion“, feucht, mit getränktem Tuch, wird alles erfasst: Matratze und Gestell. Bei besonders infektiösen Patienten hat die erste Desinfektion bereits im Zimmer stattgefunden, samt Einwirkzeit, bis wirklich alles abgetötet ist.

Es folgt die Desinfektionsschleuse, wo alles abgespritzt wird. Pierra Rubino selbst ist entsprechend eingepackt. Auch die Nachttischwagen müssen hier nach jedem Patienten durch. Aus der Schleuse geht es weiter in den „reinen“ Bereich. Nach dem Trocknen wird frisch bezogen und per Folie abgeschirmt gegen neue Belastungen. Mit dem Bettenfahrstuhl geht es dann zurück auf die Station, wo gerade Bedarf besteht. Was freilich am Bett vermerkt ist. 7,5 Minuten sind für die Aufbereitung eines Betts im Keller eingeplant – ohne Transport, versteht sich..

Videos und Bilder aus Gelsenkirchen finden Sie auch auf unserem Instagram-Kanal GEtaggt. Oder abonnieren Sie uns kostenlos auf Whatsapp und besuchen Sie die WAZ Gelsenkirchen auf Facebook.

In der AMP empfängt uns Arne Richter. Seit zwölf Jahren kümmert er sich leitend um die Hygiene bei Medizinprodukten im Keller des Marienhospitals. Auch hier ist zwar Handarbeit ein Thema, die entscheidende Aufbereitung aber geschieht in Hightech-Spülmaschinen. 50.000 Sterilgut-Einheiten (StE) – metallene Volumenkisten von 30 mal 30 mal 60 Zentimetern – werden hier jährlich chemisch und thermisch so behandelt, dass Keime, Viren und Co keine Chance haben. In den Kisten finden sich Messer, Skalpelle, Scheren, „stumme Schwestern“ (Metallstücke, die Wunden bei der OP-offen halten), und alles, was in Operationssälen und Praxen gebraucht wird und kein Einwegprodukt ist.

Tülay Naz in der Desinfektionsschleuse der Bettenaufbereitung. Rund 130 Betten am Tag werden hier sorgfältig gereinigt.
Tülay Naz in der Desinfektionsschleuse der Bettenaufbereitung. Rund 130 Betten am Tag werden hier sorgfältig gereinigt. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Die Anlieferung an die erste Station – die „unreine“ Abteilung – erfolgt in abgeschlossenen Transportwagen. Das gilt für die Lieferungen aus dem Haus ebenso wie die von den zehn externen Kunden, den medizinischen Versorgungszentren und anderen Augustinus-Häusern mit operativen Abteilungen, also St. Marien Hospital Buer und Barbara in Gladbeck. Im unreinen Bereich herrscht Unterdruck, damit bei offenen Türen keine Keime entweichen.

Sicherheitsschleuse verbindet den unreinen und reinen Bereich

Bei besonderer Belastung der Teile wird im Ultraschallbad vorgereinigt. Ansonsten gehen die großen und kleinen Instrumente in die maschinelle Aufbereitung, die in fünf Schritten vollzogen wird und rund 50 Minuten dauert: Vorreinigung, Reinigung, Zwischenspülung zum Beseitigen der Chemierückstände, thermische Desinfektion bei sehr hohen Temperaturen und Trocknung. Wobei die Teile nicht staubtrocken sind nach Ablauf des Programms. Um die Instrumente entnehmen zu können, führt eine Schleuse in den reinen Bereich auf der anderen Seite der „Spülmaschinen“. Im reinen Bereich herrscht Überdruck, damit nichts Unreines eindringt.

Die Hightech-Spülmaschinen von der reinen Seite her gesehen, wo die sauberen Instrumente entnommen werden können.
Die Hightech-Spülmaschinen von der reinen Seite her gesehen, wo die sauberen Instrumente entnommen werden können. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Mit Spezialhandschuhen – die Teile sind noch etwa 120 Grad heiß – werden die Körbe mit den Instrumenten entnommen und in Spezialgeräten nachgetrocknet, um Kondenswasser zu vermeiden. Danach werden sie steril verpackt und mit Mindesthaltbarkeitsdatum (sechs Monate steril als Garantie) im Barcode versehen. Darauf stehen Reinigungstag, Ort, Art des Instruments, Bestimmungsort – unter anderem. Die fertigen Pakete wandern in die entsprechenden Regale der Hauptkunden.

Im Marienhospital Gelsenkirchen geht es Viren an den Kragen

weitere Videos

    Das Team um Arne Richter ist im Schichtdienst 23 Stunden am Tag im Einsatz, an fünf Tagen je Woche. An den Wochenenden gibt es eine Rufbereitschaft für den Fall, dass mehr Notoperationen nötig sind als üblich. Was die Mitarbeiter hier tun, ist hochkomplex, der entsprechende Ausbildungsberuf ist gerade im Aufbau. Arne Richter hat mehrere Fachkundeausbildungen absolviert, arbeitet zum Teil auch als Dozent und bildet sich auch weiterhin fort. Er wünscht sich von der Politik schon lange die Festschreibung des Ausbildungsberufes.

    In der Endoskopie muss die Reinigung schnell nach dem Eingriff erfolgen

    Als Letztes besuchen wir die Endoskopie im Haus, die Station, wo Darm- und Magenspiegelungen, Bronchoskopien und mehr durchgeführt werden. Hier werden die wiederverwendbaren Teile direkt in eigenen Aufbereitungsräumen gereinigt. Mittlerweile kann man sich über eine eigens abgestellte Fachkraft für diese Prozesse freuen. Wenn der Kollege jedoch nicht da ist, übernehmen Pflegefachkräfte, die dafür fortgebildet sind. Rund 40 endoskopische Eingriffe werden in der hochmodernen, vor sieben Jahren eingeweihten Fachabteilung durchgeführt. Dass auch hier die Hygienevorschriften extrem sind, erklärt sich von selbst.

    +++ Sie wollen keine Nachrichten aus Gelsenkirchen verpassen? Dann können Sie hier unseren kostenlosen Newsletter abonnieren +++

    Am Anfang steht dabei Handarbeit. Zunächst im Endoskopieraum selbst, dann in dem küchenähnlichen Zimmer auf dem gleichen Flur mit einer Langwanne, einer Spezialanfertigung für endoskopische Geräte mit ihren langen Schläuchen. „Die Reinigung muss sehr zeitnah, möglichst binnen 30 Minuten nach dem Eingriff geschehen, um Verkrustungen feiner Rückstände zu verhindern. Wenn das passiert, können sich Biofilmschichten bilden. Dann wären die Instrumente nicht mehr einsetzbar“, erklärt Pflegefachkraft Lioba Völlmecke. Sie öffnet zunächst die Einweg-Ventile, spült und bürstet kräftig die Innenwände. Anschließend wird jeder einzelne Schlauch – und davon hat die Endoskopie sehr viele – druckvoll gespült. Erst dann ist die auch vorhandene Hightech-Spülmaschine an der Reihe.

    Lioba Völlmecke reinigt die endoskopischen Geräte im Langbecken per Hand und mit Bürste vor.
    Lioba Völlmecke reinigt die endoskopischen Geräte im Langbecken per Hand und mit Bürste vor. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

    Entnommen werden die desinfizierten Geräte ebenfalls im „reinen“ Nachbarraum aus den Spülmaschinen. Auch sie sind noch feucht, weshalb – ähnlich wie in der AMP – auch hier riesige Trockenschränke zum Einsatz kommen. Solange die Instrumente trocknen, leuchten die Schränke blau, nach einer Stunde ist der Trocknungsprozess beendet, die Schränke strahlen dann grün. Bis zum erneuten Gebrauch bleibt alles im Trockenschrank, aber nur für maximal sieben Tage. Dann leuchtet der Schrank rot und signalisiert: Es muss erneut sterilisiert werden. Übrigens freiwillig nach kürzerer Frist als gesetzlich vorgeschrieben. Sicher ist sicher, gerade bei der Hygiene, lautet die Devise.

    Dazu gibt es eine umfangreiche Fotostrecke:

    Blick hinter die Kulissen des Marienhospitals

    Jedes Medizinprodukt und OP-Instrument ist steril verpackt und mit Strichcode und Haltbarkeitsdatum versehen, nachdem es in der AMP (Aufbereitung MedizinProdukte) des Marienhospitals Gelsenkirchen aufbereitet wurde.  Im Bildbild: Die Leiterin der technischen Sterilisation, Lilian Leclaire (r.) und Auszubildende Romina  Koka.
    Jedes Medizinprodukt und OP-Instrument ist steril verpackt und mit Strichcode und Haltbarkeitsdatum versehen, nachdem es in der AMP (Aufbereitung MedizinProdukte) des Marienhospitals Gelsenkirchen aufbereitet wurde. Im Bildbild: Die Leiterin der technischen Sterilisation, Lilian Leclaire (r.) und Auszubildende Romina Koka. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto
    Hier landen in luftdichten Kisten die unreinen Instrumente aus dem Haus, aber auch aus anderen Kliniken sowie von externen anderen Kunden.
    Hier landen in luftdichten Kisten die unreinen Instrumente aus dem Haus, aber auch aus anderen Kliniken sowie von externen anderen Kunden. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto
    In fünf Schritten werden die Instrumente in hochmodernen „Spülmaschinen“ gereinigt und desinfiziert für den erneuten Bereich. Nach dem anschließenden Trocknen, um Kondenswasserbildung zu vermeiden, werden alle Teile steril verpackt: inklusive Haltbarkeitsdatum.
    In fünf Schritten werden die Instrumente in hochmodernen „Spülmaschinen“ gereinigt und desinfiziert für den erneuten Bereich. Nach dem anschließenden Trocknen, um Kondenswasserbildung zu vermeiden, werden alle Teile steril verpackt: inklusive Haltbarkeitsdatum. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto
    Die AMP ist 23 Stunden am Tag besetzt, am Wochenende gibt es einen Bereitschaftsdienst.
    Die AMP ist 23 Stunden am Tag besetzt, am Wochenende gibt es einen Bereitschaftsdienst. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto
    In fünf Schritten werden die Instrumente in hochmodernen „Spülmaschinen“ gereinigt und desinfiziert für den erneuten Bereich. Nach dem anschließenden Trocknen, um Kondenswasserbildung zu vermeiden, werden alle Teile steril verpackt: inklusive Haltbarkeitsdatum.
    In fünf Schritten werden die Instrumente in hochmodernen „Spülmaschinen“ gereinigt und desinfiziert für den erneuten Bereich. Nach dem anschließenden Trocknen, um Kondenswasserbildung zu vermeiden, werden alle Teile steril verpackt: inklusive Haltbarkeitsdatum. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto
    Fast eine Stunde bleiben die Instrumente in den Aufbereitungsgeräten, bevor sie in die Trocknung weitergereicht werden.
    Fast eine Stunde bleiben die Instrumente in den Aufbereitungsgeräten, bevor sie in die Trocknung weitergereicht werden. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto
    Die Endoskopie-Instrumente werden direkt in der Abteilung aufbereitet. Pflegefachkraft Lioba Völlmecke bürstet hier den Schlauch von innen im dafür vorgesehenen Langbecken. Das muss zeitnah nach der jeweiligen Untersuchung geschehen, um nicht mehr lösbare Verkrustungen zu vermeiden. Erst danach wandern die Instrumente in die maschinelle Aufbereitung.
    Die Endoskopie-Instrumente werden direkt in der Abteilung aufbereitet. Pflegefachkraft Lioba Völlmecke bürstet hier den Schlauch von innen im dafür vorgesehenen Langbecken. Das muss zeitnah nach der jeweiligen Untersuchung geschehen, um nicht mehr lösbare Verkrustungen zu vermeiden. Erst danach wandern die Instrumente in die maschinelle Aufbereitung. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto
    Die Endoskopie-Instrumente werden direkt in der Abteilung aufbereitet. Pflegefachkraft Lioba Völlmecke öffnet die Ventile und bereitet den Schlauch aufdie Reinigungsschritte vor.
    Die Endoskopie-Instrumente werden direkt in der Abteilung aufbereitet. Pflegefachkraft Lioba Völlmecke öffnet die Ventile und bereitet den Schlauch aufdie Reinigungsschritte vor. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto
    Die Endoskopie-Instrumente werden direkt in der Abteilung aufbereitet. Pflegefachkraft Lioba Völlmecke bürstet hier den Schlauch von innen im dafür vorgesehenen Langbecken. Das muss zeitnah nach der jeweiligen Untersuchung geschehen, um nicht mehr lösbare Verkrustungen zu vermeiden. Erst danach wandern die Instrumente in die maschinelle Aufbereitung.
    Die Endoskopie-Instrumente werden direkt in der Abteilung aufbereitet. Pflegefachkraft Lioba Völlmecke bürstet hier den Schlauch von innen im dafür vorgesehenen Langbecken. Das muss zeitnah nach der jeweiligen Untersuchung geschehen, um nicht mehr lösbare Verkrustungen zu vermeiden. Erst danach wandern die Instrumente in die maschinelle Aufbereitung. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto
    Die Endoskopie-Instrumente werden direkt in der Abteilung aufbereitet. Pflegefachkraft Lioba Völlmecke bürstet hier den Schlauch von innen im dafür vorgesehenen Langbecken. Das muss zeitnah nach der jeweiligen Untersuchung geschehen, um nicht mehr lösbare Verkrustungen zu vermeiden. Erst danach wandern die Instrumente in die maschinelle Aufbereitung.
    Die Endoskopie-Instrumente werden direkt in der Abteilung aufbereitet. Pflegefachkraft Lioba Völlmecke bürstet hier den Schlauch von innen im dafür vorgesehenen Langbecken. Das muss zeitnah nach der jeweiligen Untersuchung geschehen, um nicht mehr lösbare Verkrustungen zu vermeiden. Erst danach wandern die Instrumente in die maschinelle Aufbereitung. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto
    Nach der manuellen Vorreinigung kommen Hochdruck und thermische Behandlung in diesen Maschinen zum Einsatz.
    Nach der manuellen Vorreinigung kommen Hochdruck und thermische Behandlung in diesen Maschinen zum Einsatz. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto
    Keine Lichtsauna, sondern die Trocknungsgeräte für die endoskopischen Medizinprodukte.
    Keine Lichtsauna, sondern die Trocknungsgeräte für die endoskopischen Medizinprodukte. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto
    Betten aufzubereiten ist Knochenarbeit. Pierra Rubino und Tülay Naz spüren das an Armen und Schultern am Ende einer Schicht trotz viel Erfahrung.
    Betten aufzubereiten ist Knochenarbeit. Pierra Rubino und Tülay Naz spüren das an Armen und Schultern am Ende einer Schicht trotz viel Erfahrung. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto
    Als erstes gilt es, Folie und Bettbezüge zu entfernen. Die erste Desinfektion hat bei hochinfektiösen Patienten bereits im Zimmer stattgefunden. Angeliefert werden die Betten in die Aufbereitung über einen eigenen Fahrstuhl.
    Als erstes gilt es, Folie und Bettbezüge zu entfernen. Die erste Desinfektion hat bei hochinfektiösen Patienten bereits im Zimmer stattgefunden. Angeliefert werden die Betten in die Aufbereitung über einen eigenen Fahrstuhl. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto
    Rund 130 Betten am Tag werden im Keller des Marienhospitals täglich aufbereitet.
    Rund 130 Betten am Tag werden im Keller des Marienhospitals täglich aufbereitet. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto
    Tülay Naz desinfiziert die Matratze zunächst mit einem Lappen....
    Tülay Naz desinfiziert die Matratze zunächst mit einem Lappen.... © FUNKE Foto Services | Ingo Otto
    ...dann mit Desinfektionslösung in einer eigenen Schleuse
    ...dann mit Desinfektionslösung in einer eigenen Schleuse © FUNKE Foto Services | Ingo Otto
    Auch die Nachtschränke werden nach jedem Patienten gereinigt und desinfiziert
    Auch die Nachtschränke werden nach jedem Patienten gereinigt und desinfiziert © FUNKE Foto Services | Ingo Otto
    Bei den älteren Bett-Modellen kann der Nachttisch „huckepack“ mit auf die Station transportiert werden.
    Bei den älteren Bett-Modellen kann der Nachttisch „huckepack“ mit auf die Station transportiert werden. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto
    1/19