Gelsenkirchen. Noch hat der Landtag nicht zugestimmt, aber was das NRW-Kabinett zum Offenen Ganztag beschlossen hat, sorgt in Gelsenkirchen für einen Schock.
Erst in der letzten Woche hatte Bildungsdezernentin Anne Heselhaus im Fachausschuss berichtet, dass Gelsenkirchen mit den konkreten Planungen für den Ausbau des Offenen Ganztags (OGS) an Grundschulen begonnen hat, da Eltern ab 2026 einen Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz haben. Um sicher zu stellen, dass der Ausbau bis zum Stichtag funktioniert, obwohl es bisher noch keine Ausführungsbestimmungen, keine konkreten Aussagen zur Finanzierung seitens des Landes gab.
Weder Qualitäts- noch Personal- oder Raumstandards definiert
Lediglich Empfehlungen einer Expertenkommission für die Ausgestaltung des Betreuungsangebotes hatte das Bildungsministerium zur Verfügung gestellt. Die Experten hatten sich darin klar für die Festlegung von Qualitätsstandards, einen rhythmisierten Betrieb (Wechsel von Unterricht und Freizeitangeboten über den Tag verteilt) und eine Personalmindestausstattung ausgesprochen.
Doch all das sieht die Gelsenkirchener Dezernentin nach dem jüngsten Kabinettsbeschluss vom Ende der Woche weder geregelt noch finanziert. „Es wurden keine Qualitätsstandards formuliert, keine Standards für die Räume oder das Personal definiert. Vorhandene OGS-Kräfte sollen weiter eingesetzt werden, was wir auch befürworten. Das aktuelle Trägermodell soll bestehen bleiben, lediglich angedockt ans Jugendamt statt wie bisher bei uns ans Bildungsreferat. Die Finanzierung aber ist völlig ungeklärt“, klagt Heselhaus.
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Zwar sind ab 2026 Betriebskostenzuschüsse des Bundes zugesagt, das aber betrifft lediglich Posten wie Mieten und Energiekosten. Die jetzige Finanzierungssystematik aber soll laut Kabinettsbeschluss beibehalten werden. „Das würde bedeuten, es gibt Zuschüsse vom Land, von der Kommune und Elternbeiträge. Aber das System ist jetzt schon unterfinanziert, unter anderem aufgrund der Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst“, lautet ihre Hauptsorge.
Der springende Punkt sei, inwieweit das Konnexitätsprinzip dabei greife, also ob der Bund, der den Rechtsanspruch beschlossen hat, dafür auch entsprechend zahlen muss - und zwar über die bezuschussten reinen Ausbaukosten hinaus. „Ein zentraler Konstruktionsfehler ist, dass das System nicht schulrechtlich verankert ist, was eigentlich zugesagt war“, beschreibt Heselhaus eines der Kernprobleme. In den nächsten Tagen wird das auch im Städtetag Thema sein. Wie sich der Landtag zur Vorlage des Kabinetts verhalten wird, ist unklar.
Stadt müsste Beiträge für finanzschwache Familien übernehmen
Wozu eine einfache Fortführung der Finanzierung über die Beiträge in Städten wie Gelsenkirchen führen dürfte, liegt auf der Hand. „Ähnlich wie bei den Kita-Gebühren müsste die Stadt diese Beiträge für finanzschwache Familien übernehmen. Das aber ist für die Kommune nicht zu leisten“, ist Heselhaus überzeugt. Hinzu komme, dass damit auch die notwendige bessere Bezahlung für externe Kräfte aus Vereinen und anderen Bildungsanbietern wie Kunst- und Musikschule kaum zu stemmen ist. Das aber wäre nötig, wenn wie von den Experten empfohlen, Unterricht und Freizeit- und Betreuungsangebote sich abwechseln sollen, um ein besseres Lernen zu ermöglichen. Profis im Vormittagsbereich brauchen eine höhere Entlohnung.
Gezielte Förderung ohne höhere Zuschüsse kaum möglich
Gelsenkirchen hatte bislang mit einem OGS-Ausbau nach Vorbild des Zusi-Projektes geplant, bei dem externe Bildungsanbieter in die Schule geholt werden, um auch Kindern aus sozial schwachen Familien mehr Teilhabe zu ermöglichen und sie gezielt fördern zu können. Dies ist eigentlich auch der Hintergrund der Ausweitung des Offenen Ganztagsangebotes.