Gelsenkirchen. Überraschend wenige Eltern steuerten diesmal in Gelsenkirchen als Erstes städtische Gesamtschulen an. So lief es an Gymnasien und Realschulen.

Gymnasien in Gelsenkirchens Stadtnorden werden immer beliebter. Bei den Anmeldungen für die weiterführenden Schulen war der Ansturm auf eines der drei so immens, dass eine Mehrklasse eingerichtet wurde. Doch die tendenzielle Abkehr von Gesamtschulen, wo es deutlich weniger Überhang gab als in den Vorjahren, scheint weniger eindeutig als es nach der ersten Anmelderunde schien.

Nicht eindeutig sind die bisherigen Anmeldezahlen auch, weil noch immer nicht alle ihr Kind, das im Sommer zur weiterführenden Schule wechselt, überhaupt angemeldet haben. 2304 Viertklässler wurden an Gelsenkirchener weiterführenden Schulen bisher (Stand 6. März) aufgenommen, es müssten jedoch eigentlich 2580 sein. 276 Kinder sind damit also noch unversorgt.

Rekordaufnahme: 419 Kinder an Gymnasien in Buer

Die Vorstellung der neuen Zahlen im Bildungsausschuss sorgte dennoch für Überraschung aufgrund eines neuen Rekords. 179 Eltern wollten ihr Kind diesmal am Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium anmelden; die normale Aufnahmekapazität liegt hier bei 116 Jungen und Mädchen in vier Zügen, noch vor einigen Jahren musste die Schule zweizügig im fünften Jahrgang arbeiten mangels Nachfrage. Nun werden im August hier fünf fünfte Klassen die nächste Etappe ihrer Bildungskarriere beginnen. Bei 149 Kindern insgesamt werden es 30 Jungen und Mädchen je Klasse sein. Kinder im Gemeinsamen Lernen (GL) sind nicht darunter. Die Erweiterung auf fünf Züge soll jedoch einmalig geschehen, wie der Schulleiter Markus Klein auf Anfrage betont; es sei darum gegangen, weniger Kinder ablehnen zu müssen.

Die Abiturienten des Annette-von Drost-Hülshoff-Gymnasium 2023. Die Schule erlebte in diesem Jahr einen wahren Anmeldesturm.
Die Abiturienten des Annette-von Drost-Hülshoff-Gymnasium 2023. Die Schule erlebte in diesem Jahr einen wahren Anmeldesturm. © WAZ

30 Kinder je Klasse: Das gilt auch für die beiden anderen Gymnasien nördlich des Kanals. Um Aufnahme aufs Leibniz-Gymnasium bewarben sich 142 Kinder um die regulär maximal 145 Plätze in fünf Zügen. Nun werden hier ebenfalls 150 Fünftklässler aufgenommen. Am Max-Planck-Gymnasium zählte man 107 Erstbewerbungen, letztlich aufgenommen werden 120 Kinder in den vorgesehenen vier Zügen und damit ebenfalls 30 Kinder je Klasse.

Im Stadtsüden hingegen gab es an den vier Gymnasien nach der Erstanmeldung unterm Strich genügend freie Plätze. Lediglich am Gauß war der Andrang erneut so hoch, dass 14 Eltern sich auf eine Alternative einlassen mussten. Eine Erweiterung um einen Zug ist mangels Räumen hier nicht möglich. Allerdings nutzt man auch die Möglichkeit, die Klassenfrequenz auf 28 Kinder zu reduzieren, da an diesem Gymnasium ebenso wie am Schalker drei Kinder im Gemeinsamen Lernen (GL) aufgenommen wurden. Am Grillo-Gymnasium meldeten im ersten Anlauf 81 Eltern ihr Kind an, sie und sechs weitere konnten entsprechend der regulären Kapazität (87) aufgenommen werden. Am Schalker Gymnasium gab es 61 Erstanmeldungen und bisher (Stand 6. März) 74 Aufnahmen. Am Ricarda-Huch wurden alle 88 Erstbewerber aufgenommen, 28 Plätze sind noch frei.

Drei der vier Realschulen im Stadtgebiet waren erneut extrem gefragt. An der Gertrud-Bäumer mussten 28 Kinder abgewiesen werden (112 Plätze bei 140 Anmeldungen, 12 Kinder im GL), an der Lessing-Realschule passten die 140 Bewerbungen exakt auf die 140 Plätze (15 Kinder im GL). An der Mühlenstraße konnten alle 115 Erstbewerber ebenfalls angenommen werden, womit keine weiteren Aufnahmen mehr möglich sind. Lediglich an der Mulvany-Realschule sind aktuell noch 28 Plätze frei. Bei der Erstanmeldung waren es hier 50 Bewerber, Anfang März 56, 28 Plätze sind hier noch frei.

Eltern nicht nach Gründen für die Entscheidung gefragt

Für Hauptschulen läuft die Anmeldefrist noch, sodass hier noch keine klaren Aussagen getroffen werden können. Erfahrungsgemäß laufen diese jedoch automatisch voll, spätestens ab Klasse sieben, wenn die „Schulformwechsler“, also die Kinder, die wegen zu schwacher Leistungen von Realschulen abgeschult werden, hierhin wechseln.

Bei den Anmeldungen an Gesamtschulen gab es im Nachgang nur noch geringfügige Veränderungen bei den Aufnahmezahlen, wobei es unterm Strich bei 66 Kindern geblieben ist, die auf keiner Gesamtschule aufgenommen werden konnten. Alle Zahlen sind in der eingefügten Tabelle zu finden. Im Bildungsausschuss fragte der bildungspolitische Sprecher der Grünen, David Fischer, ob das vorgezogene Anmeldeverfahren für die Gesamtschulen angesichts dieser Entwicklung noch zeitgemäß sei.

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Alle Fraktionen forderten eine Analyse des veränderten Wahlverhaltens, das sich auch die Verwaltung nicht erklären kann. Eine Abfrage bei der Anmeldung, warum Eltern und Kinder sich für eben diese Schule entschieden haben, hat es nicht gegeben. Detlev Kirchhoff, kommissarischer Leiter des Bildungsreferats, verwies auf Schwankungen bei den Vorlieben der Eltern auch in früheren Jahren, die Nachbarkommunen ebenfalls beobachteten.

Ulrich Jacob vermutet, dass der Ruf der Schule heute ein stärkeres Kriterium sei, andere hielten den Sozialindex für eine mögliche Ursache. Elternvertreterin Alexandra Themann betonte ebenso wie David Fischer, dass der Zustand der Gebäude eine wesentliche Rolle spiele. „Schule ist das Zuhause der Kinder für mehrere Stunden am Tag. Sie müssen sich wohlfühlen können“, berichtet sie von Prioritäten der Eltern. Grundsätzlich jedoch sei die Gesamtschule weiterhin die Nummer eins auf der Wunschliste in Gelsenkirchen, so ihre Erfahrung.

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