Gelsenkirchen. Warum haben Eltern diesmal sich für andere Schulen entschieden als sonst? Das muss geklärt werden.

Nur 66 Ablehnungen an städtischen Gesamtschulen, wo es noch vor vier Jahren 221 waren, hingegen eine wahre Anmeldeflut an Gymnasien (im Stadtnorden) und drei von vier Realschulen: Eltern von Viertklässlern haben sich diesmal andere weiterführende Schulen bevorzugt als in den Vorjahren. Nun stellt sich die Frage: Woran liegt es? Und sollte das Konsequenzen für die neu geplanten Gesamtschulen haben? Immerhin soll es mindestens zwei Neubauten für insgesamt mindestens 3000 bis 4000 Schüler geben in Gelsenkirchen.

Negative Einstufung im Sozialindex als Kriterium

Ein möglicher Grund wäre die Einstufung der Gesamtschulen als besonders belastet beim neuen Sozialindex. Zwar sagt dieser nichts über die Qualität der Schule aus, sondern allein über die Zusammensetzung der Schülerschaft und die daraus abgeleiteten vermehrten Herausforderungen für Schüler- und Lehrerschaft. Immerhin könnten Eltern aber aus der Einstufung auf die Lernqualität geschlossen haben. Dafür spräche der Ansturm aufs AvD, das im Index als unbelastet in Stufe eins steht.

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WAZ-Redakteurin Sibylle Raudies
WAZ-Redakteurin Sibylle Raudies © funkegrafik nrw | Anda Sinn

Doch abgesehen davon, dass der Index ja explizit zu besserer Ausstattung für Schulen mit besonderen Herausforderungen führen soll (besser gesagt sollte): Das Grillo-Gymnasium ist in Stufe 8 eingeordnet, der zweithöchsten Belastungsstufe, und weist nach der Erstanmeldung lediglich noch sechs freie Plätze auf. Und vor allem: Die Gertrud-Bäumer und die Lessing-Realschule stehen beide auf Stufe 9 und wurden regelrecht überrannt. Für die Gesamtschule Horst (Index Stufe 8) gilt Ähnliches.

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Ein anderer Grund für ein Umdenken könnte sein, dass Eltern fürchten, dass ihr Kind in zu großen Systemen untergehen könnte. Tatsächlich werden Gesamtschulen notgedrungen immer größer, stemmen die Hauptlast bei Zuwanderung und Gemeinsamem Lernen für Kinder mit besonderem Förderbedarf. An Gymnasien sind sechs der 748 aufgenommenen Kinder im Gemeinsamen Lernen (GL). Bei den städtischen Gesamtschulen waren es 77 GL-Kinder bei 871 Aufnahmen. Das muss besser verteilt werden, zumal zugleich die Besetzung mit Lehrkräften an Gesamtschulen knapper ist. Mehr und besser ausgestattete Gesamtschulen könnten und sollten hier Abhilfe schaffen. Die Stadt braucht die neuen Gesamtschulen, zumal für Eltern verständlicherweise auch der Zustand der Gebäude eine wichtige Rolle spielt.

Am meisten Klarheit über die Beweggründe von Eltern für die Schulwahl dürfte eine verbindliche, direkte Nachfrage bei der Erstanmeldung in der Schule bringen, vielleicht gar zusätzlich noch in der Grundschule. Das muss im nächsten Jahr dringend geschehen. Spekulieren allein hilft nicht bei der Analyse.