Gelsenkirchen. Viele Frauen sehen sich permanenter Bedrohung in der Beziehung ausgesetzt. So kann eine Gelsenkirchener Idee den Betroffenen helfen.

Fatma Duman ist eine Frau, die sich stark macht für andere Frauen, eine, die da ist, die ohne einzufordern hilft. Eindrücklich berichtet sie an diesem Nachmittag über ihre Beobachtungen und Erfahrungen, es fallen Sätze wie: „Für manche Frauen ist es normal, dass der Mann die Frau schlägt.“ Jahrelang habe sie Betroffenen aus dem Bekannten- und Freundinnenkreis einfach nur zugehört, denn „Zuhören ist auch eine Hilfe“. Nun hat die 53-Jährige eine Art Werkzeug an die Hand bekommen: Fatma Duman ist eine von über 40 Frauen, die sich an dem neuen „RatGEberinnen“-Projekt der Frauenberatungsstelle der Awo in Gelsenkirchen beteiligt.

Gewalt in der Ehe: Für manche Gelsenkirchener Frauen ist es normal, dass der Mann die Frau schlägt

Die Idee dahinter: Frauen helfen Frauen. Denn schließlich gibt es, nicht nur in der türkischen Community, laut Fatma Duman, diverse Themen, über die die Frauen nicht gerne reden, die ihnen unangenehm sind, die ihnen Angst machen. Das große Problem, das auch Fatma Duman kennt: Sich überhaupt einem anderen Menschen anzuvertrauen, fällt vielen Frauen schwer. Hier setzen die RatGEberinnen an: Vielleicht haben sie dieselben Erfahrungen gemacht, in den meisten Fällen sprechen sie dieselbe Sprache, haben denselben kulturellen Hintergrund, was schon alleine Hemmungen nimmt.

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„Wir möchten alle Frauen erreichen“, betont Dilan Kaymak von der Awo-Frauenberatung und Koordinatorin des „RatGEberinnen“-Projekts. Gudrun Wischnewski, Geschäftsführerin des Unterbezirks Gelsenkirchen der Awo Gelsenkirchen und Bottrop weiß: „Psychische und physische Gewalt gegen Frauen kommt überall vor, es geht durch alle gesellschaftlichen Schichten, unabhängig von Herkunft und Nationalität.“

Frauen werden häufig Opfer physischer Gewalt – häufig familiäre Probleme, „wo es kracht“

Das Interesse, sich bei den RatGEberinnen-Schulungen fortzubilden, sei entsprechend groß gewesen, berichten die Verantwortlichen von der Awo. An einer ersten Info-Veranstaltung hätten über 90 Frauen teilgenommen. Die aktuelle Schulung (Start war am 12. Januar, auch Fatma Duman ist dabei) wird von 41 Teilnehmerinnen besucht. Das Angebot ist kostenlos und aufgeteilt in vier Module. Inhalte der einzelnen Module sind beispielsweise seelische und sexuelle Gesundheit, Chancengleichheit, Gewaltschutz oder die Vermittlung von sozialen und interkulturellen Kompetenzen.

Fatma Duman habe mehrere Frauen gesprochen, die vor allem Opfer physischer Gewalt geworden sind. „Es sind häufig die familiären Probleme, wo es kracht.“ Ein ihr wichtiger Punkt, der die Konflikte meist noch verstärkt: Dass die betroffenen Frauen, aber auch die Männer „in zwei verschiedenen Welten aufgewachsen sind“ – der eine in der Türkei, die andere in Deutschland. Als Mutter von zwei Kindern hat sie außerdem beobachtet, dass der Nachwuchs zumeist extrem unter den Verhältnissen Zuhause leidet, verbunden mit starken Schuldgefühlen und dem Gedanken: „Das passiert nur meinetwegen.“

Schulung für RatGEberinnen: „Das ist genau das Richtige für mich“

Die Gelsenkirchenerin sagt über ihre Teilnahme an der RatGEberinnen-Schulung: „Das ist genau das Richtige für mich.“ Fatma Duman denkt dabei weiter: Denn sie kann betroffenen Frauen nicht nur professioneller als zuvor helfen, sie weiß nun auch, wohin sie die Frauen vermitteln kann, wenn ihre Hilfe nicht mehr ausreicht. „Wir versuchen, die Frauen mit all unseren Ressourcen mitzunehmen, sodass sie vollständig und richtig informiert werden“, ergänzt Dilan Kaymak.

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Wie die Frauen geschützt werden können, darum geht es schlussendlich. „Alleine kommen sie oftmals da nicht raus“, weiß Fatma Duman. Die Idee der RatGEberinnen findet sie „sehr hilfreich – ich werde eine Brücke sein“, verspricht sie. Denn das ist ein wichtiger Baustein: die Brückenfunktion der ratgebenden Frauen, die sie zwischen den städtischen Anlaufstellen und ratsuchenden Frauen aus dem gesamten Stadtgebiet innehaben.

Die RatGEberinnen sind Teil des kommunal finanzierten Förderprogramms „GEmeinsam im Quartier“. Unterstützt wird die Schulung durch unterschiedliche Kooperationspartner. Anfang Februar werden die ersten RatGEberinnen ihr Zertifikat bekommen. Danach soll es weitere Schulungen geben. „So lange das Interesse da ist, wollen wir das Feuer am Köcheln halten“, so Dilan Kaymak.

Die Gelsenkirchener Frauenberatungsstelle (an der Robert-Koch-Straße 18) ist telefonisch erreichbar unter 0209 361636-91 oder 0209 361636-92, aber auch per E-Mail unter frauenberatungsstelle.gelsenkirchen@awo-gelsenkirchen.de