Gelsenkirchen. Erst im Sommer wurde die Emscher-Lippe-Halle für die Flüchtlingsunterbringung freigemacht. Jetzt ist sie bereits voll. Das sind die Konsequenzen.

Weniger als ein halbes Jahr, nachdem die Stadt Gelsenkirchen die Emscher-Lippe-Halle erneut als Notunterkunft für Schutzsuchende umfunktionieren musste, sind die Kapazitäten der 1800-Quadratmeter-Immobilie bereits erschöpft: Wie Sozialdezernentin Andrea Henze gegenüber der WAZ mitteilte, hat die Stadt zuletzt so viele Asylsuchende vom Land zugewiesen bekommen, dass die Plätze in der Erler Notunterkunft nicht mehr ausreichen. Fast alle der 242 Plätze seien belegt.

Das heißt allerdings nicht, dass nun wieder – wie zu Beginn des Ukraine-Kriegs – Turnhallen für die Unterbringung der Menschen freigemacht werden müssen. „Wir werden die Geflüchteten jetzt mehr auf die anderen, bestehenden Einrichtungen verteilen“, erläuterte Henze. In der Konsequenz heißt das, dass sich die Stadt von ihrem bisherigen Belegungskonzept verabschieden muss.

Land NRW hat Gelsenkirchen im November über 150 Geflüchtete zugewiesen

Bislang wurden ausschließlich Geflüchtete aus der Ukraine in der ehemaligen Mehringschule in Scholven untergebracht. Nun sollen auch andere Nationalitäten dorthin gebracht werden. Konflikte mit der dortigen Anwohnerschaft erwartet Henze nicht, da die Mehringschule bereits vor Monaten bewohnt war. „Für die Menschen vor Ort ist eine Belebung der Schule nicht ungewöhnlich“, so die Stadträtin.

Hinter dem Konzept einer Unterkunft nur für Ukrainer steckte der Gedanke, Frauen und Kinder (die Hauptgruppe der ukrainischen Kriegsflüchtlinge) nicht mit alleinstehenden Männern aus anderen Ländern in einer Unterkunft leben zu lassen. Henze sagt aber, dass unter den 153 Menschen, die der Stadt alleine im November (!) zugewiesen wurden, auch viele Familien und nicht nur einzelne Männer seien. Vor allem für sie komme die Mehringschule infrage. „Wir weichen also die Nationalitätenbelegung auf, aber die Zielgruppe der Menschen bleibt darüber hinaus gleich.“

Bis alle bestehenden Flüchtlingsunterkünfte in Gelsenkirchen belegt sind, dauert es noch

Bislang ist die Mehringschule (342 Plätze) nur zu 12 Prozent belegt. Andere Unterkünfte in der Stadt, die für die weitere Aufnahme von Menschen infrage kommen, sind wesentlich voller: Die zentrale Flüchtlingsunterkunft an der Adenauerallee (144 Plätze) ist laut Stadt zu 83 Prozent belegt, die andere zentrale Unterkunft an der Katernberger Siedlung (204 Plätze) zu 92 Prozent. Insgesamt wird es aber noch dauern, bis wirklich alle Unterkünfte komplett belegt sind. „Es ziehen ja auch immer wieder viele Leute aus“, sagt Henze und macht darauf aufmerksam, dass viele Schutzsuchende in Gelsenkirchen nach einer Zeit in eigene Wohnungen verteilt werden.

Die ehemalige Hauptschule an der Mehringstraße diente bislang als Flüchtlingsunterkunft für Ukrainer. Nun sollen auch andere Menschen hier einziehen.
Die ehemalige Hauptschule an der Mehringstraße diente bislang als Flüchtlingsunterkunft für Ukrainer. Nun sollen auch andere Menschen hier einziehen. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Als Not-Unterbringungsmöglichkeiten hatte die Stadt kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges neben der Emscher-Lippe-Halle und der Mehringschule auch die Sporthallen am Wildenbruchplatz in Bulmke-Hüllen und an der Breddestraße in Buer (Sporthalle Vinckestraße) aktiviert. Noch in den Sternen stehe, ob genau diese Standorte wieder genutzt werden müssten, falls der starke Flüchtlingszuzug anhält oder ob dann auch andere Möglichkeiten gefunden werden könnten, so Henze. „Wenn das mit den vielen Zuweisungen nur ein Einmaleffekt vor Weihnachten ist, könnte es sein, dass wir mit den bestehenden Unterkünften auskommen.“

In Gelsenkirchen leben gegenwärtig fast 16.200 Schutzbedürftige (Menschen im laufenden Asylverfahren, positiv oder negativ beschiedenem Asylantrag), davon viele in eigenen Wohnungen. Das sind rund sechs Prozent der Gesamtbevölkerung. Im gesamten Jahr 2023 wurden Gelsenkirchen bislang fast 700 weitere Menschen zugewiesen, davon kommt nur noch ein kleiner Teil aus der Ukraine. Seine Aufnahmepflichten hat Gelsenkirchen damit immer noch nicht erfüllt, was die Stadtspitze regelmäßig dazu verleitet, die Verteilungsmechanismen des Landes zu kritisieren.