Gelsenkirchen. Die Antworten des Ministeriums auf eine SPD-Anfrage zur Besetzung an Gelsenkirchener Schulen sind schockierend. Es gibt extreme Unterschiede.

Eine kleine Anfrage der Gelsenkirchener SPD-Landtagsabgeordneten Christin Siebel und Sebastian Watermeier im NRW-Landtag zur aktuellen Personalversorgung an Gelsenkirchener Schulen, veranlasst nicht zuletzt durch das WAZ-Spezial zur Lage an Schulen in der Stadt, hat schockierende Antworten erbracht. Diese Quoten hatte auch die WAZ bereits zu erfragen versucht, aber nur rudimentäre Antworten erhalten seitens der Landesregierung mit dem Verweis, dass mehr Details nicht lieferbar seien.

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Besonders dramatisch ist es demnach – wie auch von Eltern und Schulen beklagt – an den Grundschulen. Den traurigen Negativ-Spitzenplatz belegt dabei (Stand 15. September 2023) die Turmschule. 62,04 Prozent betrug zu dem Zeitpunkt hier die Personalausstattungsquote mit Lehrkräften, 19,8 bei einem Bedarf von 29,28 Lehrerstellen waren hier besetzt. In der Gesamtquote, in die auch Personal verschiedener Professionen einfließt, waren es gar nur 59,62 Prozent. Auch die Kurt-Schumacher-Straße (61,93), Mechtenberg-, Martinschule und die Hohenfriedbergerstraße hatten an dem Datum lediglich Besetzungsquoten zwischen 60 und 70 Prozent.

Nur acht von 41 Grundschulen sind (relativ) gut besetzt

Top-Quoten erreichen nur die Grundschule Josef Rings (106 Prozent), sowie sieben weitere der 41 Grundschulen, die sich zumindest über eine Gesamtbesetzungsquote zwischen 90 und 99 Prozent freuen können laut Tabelle, darunter die Grundschulen Im Brömm, Velsenschule und Heistraße. 13 weitere Grundschulen hatten Quoten von 70 bis 79,8 Prozent, die übrigen 20 Grundschulen der Stadt lagen zwischen 80 und 89,9 Prozent. Lesen Sie auch: Katastrophale Raumnot an Gelsenkirchens Schulen

Extrem unterschiedlich ist die Situation laut Tagestabelle an den Förderschulen. Die Spannbreite reicht von 124 Prozent (Bergmannsglück) und 121 Prozent (Focus-Schule, getragen vom Landschaftsverband) bis zu 79 Prozent (Malteserschule). Bei den weiterführenden Schulen sind weiterhin die Gymnasien relativ am besten personell versorgt, mit Gesamtbesetzungsquoten zwischen 105 (Leibniz), 103 Prozent (Ricarda Huch) und nur zwei Gymnasien unter 90 Prozent, dem Gauß-Gymnasium und Schalker Gymnasium (82,8 und 89,02).

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Die vier Hauptschulen bewegen sich bei der Besetzungsquote zwischen 68,02 Prozent (Grillostraße) und 85 Prozent (Emmastraße). Bei den Realschulen liegen die Quoten zwischen 75,15 Prozent (Lessing) und Mühlenstraße (88,98 Prozent). Die Gesamtschulen mit Werten zwischen 96,19 (Buer Mitte) und 81,19 (GSÜ) liegen dabei unterm Strich sogar noch etwas höher.

Christin Siebel ist Gelsenkirchener Landtagsabgeordnete in Düsseldorf. Mit der Antwort des Ministeriums sind sie und ihr Kollege Sebastian Watermeier nicht zufrieden.
Christin Siebel ist Gelsenkirchener Landtagsabgeordnete in Düsseldorf. Mit der Antwort des Ministeriums sind sie und ihr Kollege Sebastian Watermeier nicht zufrieden. © SPD Gelsenkirchen

Beneidenswert aus Sicht der anderen Schulformen ist hingegen die Besetzung am Weiterbildungskolleg Emscher-Lippe und der (Abend-)Realschule mit Quoten von 120,75 beziehungsweise 108,78 Prozent. An diesen Schulen versuchen junge Erwachsene ihr Abitur, die Fachhochschulreife oder den mittleren Abschluss nachzuholen.

SPD fordert konsequentes Monitoring für bessere Planung

In der Antwort auf die SPD-Anfrage verweist das Ministerium einleitend darauf, dass „noch in Bearbeitung befindliche Vorgänge, wie z. B. Veränderungen in der Personalzuweisung, Neueinstellungen, Pensionierungen, Beginn oder Beendigung von Erziehungsurlaub, Elternzeit oder Altersteilzeit, Beurlaubungen, Veränderungen im Beschäftigungsumfang“ in einer stichtagsbezogenen Abfrage nicht berücksichtigt werden. Zugleich heißt es, dass nur solch stichtagsbezogene Antworten möglich seien. Genau das kritisiert Christin Siebel im Namen ihrer Fraktion. Es bedürfe einer validen Datenlage und zwar in einem konsequenten Monitoring, bei dem auch die Verweildauer von abgeordneten Kräften überprüft werden könne, um vorsorgend planen zu können.

Abordnung über Grenzen der Bezirksregierungen hinaus könnten nachhaltiger helfen

Gerade in der Ruhrgebiets-SPD wünschten sich viele, so Siebel, dass Referendare sowie Abordnungen auch über Bezirksregierungsgrenzen hinaus möglich wären. „Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand, der in einer Ruhrgebietsstadt aufgewachsen ist und etwa in Bochum oder Essen studiert hat, auch in Gelsenkirchen bleibt, wenn er hierhin abgeordnet wird oder als Referendar hier arbeitet, ist sicher größer als bei Lehrkräften, die im Münsterland aufgewachsen sind. Gelsenkirchen ist der äußerste südliche Zipfel des Münsteraner Bezirkes, am weitesten entfernt vom Heimat- oder Studienort der meisten möglichen Bewerber“, begründet sie den Ansatz.

Im September unterrichteten in Gelsenkirchen laut Ministerium 111 abgeordnete Lehrkräfte aus anderen Kreisen. Noch im Herbst werde eine Auswertung der bisherigen Erfahrungen mit Abordnungen erwartet. Bislang sind Abordnungen auf den Regierungsbezirk Münster beschränkt, ebenso wie die Zuweisung von Referendaren in die Seminare. Auch die Idee, die Platzzahl im Recklinghäuser Seminar aufzustocken, wurde bislang noch nicht umgesetzt.