Gelsenkirchen-Rotthausen. Teils vernichtende Urteile fällen Anwohner in Gelsenkirchen zur Lage in Rotthausen: Polizei und KOD widersprechen. Das sorgt für Zoff.
Wie sehr das subjektive Empfinden der Bürgerinnen und Bürger zur aktuellen Lage im Stadtteil Rotthausen den Einschätzungen von Polizei und Kommunalem Ordnungsdienst (KOD) widerspricht, das wurde bei der Sitzung des Präventionsrates erneut deutlich, bei der es teilweise sehr emotional zuging.
Während die Ordnungshüter die Situation unaufgeregt mit „keine signifikanten Vorkommnisse“ beschrieben oder die Beschwerdelage in die Rubrik „alles im Rahmen“ einordneten, wählten die Anwohner ganz andere Wort: „Der Rotthauser Markt ist eine Müllhalde“. Oder: „Gelsenkirchen ist ein Drecksloch“.
Schandfleck Rotthauser Markt: „Da finden sie vom abgenagten Kotelett bis zum leeren Ölkanister alles“
Was den Zorn der Bürger so entfacht, sind permanent wiederkehrende Missstände – allen voran wilde Müllkippen, die, kaum dass Gelsendienste den Abfall weggeschafft hat, an anderer oder nicht selten auch an gleicher Stelle wieder in die Höhe wachsen. Lärm und Radau durch größere Menschenansammlungen sind ebenso ein wiederkehrendes Thema.
Allen anderen Örtlichkeiten voran genannt wird in der Sitzung der Rotthauser Markt, „da finden sie vom abgenagten Kotelett bis zum leeren Ölkanister alles“, heißt es aus der Bürgerschaft. Transporter, die dort repariert und gewartet werden („Ölwechsel“) sind den Anwohnern ein weiterer Dorn im Auge. Nicht nur leere Öl-Dosen zeugten davon, sondern auch ein Teppich von Ölflecken. Lesetipp: Hilferuf aus Gelsenkirchen-Bismarck: Drogendealer, Übergriffe, Müll
Als weitere Schandflecken listen die Teilnehmer den Junkerweg in der Nähe einer Autovermietung auf, die Achternbergstraße hinter einem Supermarkt, den Dickmannsweg unweit des Bismarckturms, die Mechtenbergstraße zwischen Wembkenstraße und Tomsonstraße sowie die Bromberger Straße, die „vor Öl nur so trieft“.
„Überquellende Abfalleimer“ vor To-Go-Betrieben wie einem Kiosk an der Steeler Straße machen die Anwohner ebenso wütend wie „die mit benutzten Hundekotbeuteln vollgestopften Behälter“ am Dickmannsweg. Oder das E-Scooter-Problem an der Ecke Am Dahlbusch/Steeler Straße – aus Sicht der Anwohner ein ärgerlicher Parkraum, an dem 20 und mehr dieser Roller auf Abholer warteten – und den Gehweg einengten.
Als „imageschädigend“ bezeichnet Jürgen Kaminski in dem Zusammenhang das, was „gut 1000 Teilnehmer und Zuschauer aus ganz NRW“ beim Pfingstturnier auf der Sportanlage Auf der Reihe erlebt hätten. Weil der Parkplatz vor der Sportstätte als Rettungsweg für die Feuerwehr habe dienen müssen, seien die Teilnehmer auf den Ersatzstellplatz an der Schwarzmühlenstraße ausgewichen. Und der sei „total vermüllt“ gewesen, sagt der Vorsitzende der Platzkommission – „einfach nur hochnotpeinlich“.
Das sagen Gelsenkirchener Polizei und Ordnungsdienst zu Beschwerden aus Rotthausen
Seit der vergangenen Sitzung des Präventionsrates im März sind beim KOD 216 Beschwerden eingegangen - Müll, Lärm, nicht angemeldete KfZ, Meldeverstöße und mehr. Daraus resultierten unter anderem 14 Ordnungswidrigkeiten-Anzeigen und diverse Verwarngelder. Für die neue KOD-Bezirksdienstellenleiterin im Süden, Jennifer Holthaus, fällt die Bilanz in die Kategorie „guter Durchschnitt“. Auch die Polizei spricht von einer „übersichtlichen Lage“ – Zahlen kann die Behörde zur Sitzung aber nicht vorlegen. Die Einordnung trifft auf Widerspruch, ein Anwohner listet den hollywoodähnlichen Raubzug an der Achternbergstraße sowie den S-Bahn-Raub an der Chaudronstraße und die schwere Gewalttat nahe einer Spielhalle am Wiehagen auf, nach der sogar eine Mordkommission eingesetzt wurde. Für den Rotthauser und andere Zuhörer alles andere als durchschnittlich.
Eine Erklärung für diese offensichtliche Diskrepanz ist im Meldeverhalten zu suchen. Und das gilt auch für andere dieser Gremien, in denen Polizei und KOD oder auch Gelsendienste immer wieder gebetsmühlenartig betonen, dass Missstände auch nur ins Lagebild mit einfließen können, wenn sie auch gemeldet werden (Leitstelle KOD, Notruf Polizei). Demgegenüber steht die vielfach geäußerte Ansicht, dass Meldungen im Sand verliefen oder zu lange brauchten, bis endlich etwas passiere. Und auch das Gegenargument der Polizei, die Prioritäten setzen müsse, ein Raub akuter zu behandeln sei als eine Lärmbelästigung.