Gelsenkirchen. Die Klinikreform macht dem neuen Hauptgeschäftsführer am Bergmannsheil Buer keine Bange: Wo er Chancen für seinen Knappschaftsverbund sieht.

Paul Kudlich ist zu einer sehr aufregenden Zeit gestartet am Bergmannsheil Buer. Der neue Hauptgeschäftsführer der Knappschaftskliniken in Buer und Bottrop – inklusive Kinderklinik – kennt sich beim Klinikmanagement allerdings bereits bestens aus. Für drei andere Klinikträger hat er in den letzten 17 Jahren gearbeitet: für einen privaten Träger einer Orthopädischen Fachklinik mit Schwerpunkt Endoprothetik (Gelenkersatz), für ein Haus der Sanaa-Gruppe und einen Klinikverbund am Niederrhein. Die neue Aufgabe in Gelsenkirchen und Bottrop ist herausfordernd, sehr herausfordernd: Aber eben das habe ihn auch gereizt, bekennt er.

Dank Verbundstrukturen gute Chancen trotz Reform

Der 45-jährige Familienvater ist gelernter Bankkaufmann und studierter Betriebswirt mit Schwerpunkt Klinikmanagement. „Meine Familie war schon immer im Medizinbereich aktiv. Zwei Apotheker, eine Gynäkologin, Medizinisch Technische Assistenten – das Gesundheitswesen war bei uns zuhause schon immer Thema“, erzählt der gebürtige Oberfranke. Respekt vor der neuen Verantwortung, die angesichts der zahlreichen Berufsgruppen viel Fingerspitzengefühl erfordere, habe er schon, räumt Kudlich ein: „Aber ich bin vom Team auch sehr gut aufgenommen worden. Ich lerne hier jeden Tag Neues.“

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Als er vor rund 100 Tagen in Buer startete, war das erste Votum in Sachen Klinikreform NRW bereits auf dem Weg. Dass die Klinikstrukturen „glattgezogen werden mussten“, hält er für nachvollziehbar, sieht es auch als Chance für die Weiterentwicklung der Kliniken. Für den Knappschaftsverbund erwartet er am Ende keine harten Einschnitte. „Gerade durch die Kooperationen der Häuser können wir gut reagieren.“

Mit dem Traumazentrum in Buer, der Neurochirurgie mit eigener Abteilung für Kinder-Neurochirurgie, der Kinder- und Jugendklinik, dem Lungenzentrum und der großen Intensivstation sieht er die Häuser gesichert, die Strukturanforderungen seien erfüllt. „Es gab positive Gespräche auch mit den anderen Kliniken in der Stadt und bis zu den letzten Entscheidungen und dem Votum des Landesministeriums wird es noch dauern. Vor 2024 rechne ich nicht damit“, schätzt Kudlich. Aktuell liegen die kommunalen Vorab-Vereinbarungen bei der Bezirksregierung.

Simulationstraining im Schockraum des Bergmannsheil Krankenhauses: Die Klinik ist Traumazentrum mit überregionaler Bedeutung. Auf dem Dach befindet sich ein Hubschrauberlandeplatz.
Simulationstraining im Schockraum des Bergmannsheil Krankenhauses: Die Klinik ist Traumazentrum mit überregionaler Bedeutung. Auf dem Dach befindet sich ein Hubschrauberlandeplatz. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Neue Anforderungen durch mehr ambulante Operationen

Handlungsbedarf sieht Kudlich auch beim von der Politik, aber auch von vielen Patienten erwünschten Trend zu ambulanten Operationen. „Das geschieht ja bereits in fast allen Bereichen, das bringt natürlich andere Anforderungen mit sich als stationäre Operationen“, weiß er. Vor allem die medizinische Nachbetreuung gelte es verlässlich sicher zu stellen. Konzepte dazu gäbe es zwar, doch sie würden ständig weiterentwickelt. Schließlich gelte es immer auch, die private Situation der Patienten im Blick zu haben. „Es gibt immer mehr Menschen aller Altersgruppen, die allein leben. Das macht die Nachbetreuung komplizierter. Aber es gibt klare Kriterien, wann ambulant und wann stationär zu therapieren ist“, versichert er.

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Auch die Bezahlung ambulanter Eingriffe stellt für das Klinikmanagement eine Herausforderung dar. Ambulante Eingriffe werden geringer entlohnt als stationäre. Zu Jahresbeginn waren Hals-Nasen-Ohren-Ärzte in einen Streik getreten, da die Entlohnung für ambulante Eingriffe in ihrem Bereich so niedrig angesetzt sei, dass man nicht annähernd kostendeckend arbeiten könne. Eine HNO-Abteilung gibt es in Buer allerdings nicht.

Niedergelassene Praxen verschiedener Fachrichtungen sind neben den Bergmannsheil-Kliniken im medizinischen Zentrum angesiedelt. Dabei gibt es zwar Kooperationen und Austausch mit dem Bergmannsheil, es handelt sich allerdings nicht um ein eigenes Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). Diese werden mit Zunahme der erwünschten Verzahnung ambulanter und stationärer Versorgung immer häufiger an Kliniken angesiedelt. Im Knappschaftskrankenhaus in Bottrop, für das Paul Kudlich ebenfalls als Hauptgeschäftsführer zuständig ist, gibt es ein solches bereits.