Gelsenkirchen. Geschärfte Profile: Die für Gelsenkirchen so bedeutsamen Berufskollegs werden weiterentwickelt. Dabei geht es auch um ein Wahlkampf-Versprechen.

Die nächste Phase zur Entwicklung und Planung eines zukunftsweisenden Bildungscampus für die berufsbildenden Schulen in Gelsenkirchen ist gestartet. Jetzt tagte die erste von drei sogenannten Dialoggruppen, die sich mit dem Zukunftskonzept für die drei regional bedeutsamen Berufskollegs aus unterschiedlicher Sicht befassen werden.

Diskutiert wird auf Grundlage des Entwicklungsgutachtens für die Gelsenkirchener Berufskollegs, das im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht worden war. Erfasst worden ist von einem Expertenteam der Uni Köln seither bereits unter anderem die Ist-Situation in Bezug auf Räume, Schülerschaft, Unterrichts- und Abschlussangebote der Kollegs an den insgesamt sechs Standorten des BK Königsstraße, Am Goldberg und dem BK Technik und Gestaltung (BTG). Die Prognose zur Entwicklung der Schülerzahl geht von einer leichten Zunahme um 6,8 Prozent bis zum Schuljahr 2031/32 auf fast 9400 Schülerinnen und Schüler aus.

Profile der Berufskollegs in Gelsenkirchen schärfen und bedarfsgerechte Angebote machen

Oberbürgermeisterin Karin Welge betonte bei der Vorstellung des Verfahrens „die existenzielle Bedeutung der beruflichen Bildung in bildungs-, wirtschafts- und integrationspolitischer Hinsicht“. Es gehe darum, die Profile der Berufskollegs zu schärfen, die Bedarfe der Unternehmen zu berücksichtigen und auch den Hintergrund der Schülerschaft im Blick zu haben. Mehr als die Hälfte der Hauptschulabschlüsse in Gelsenkirchen wird aktuell an Berufskollegs erworben, ein Drittel der Abschlüsse, die zum Hochschulbesuch berechtigen, werden hier vorbereitet und abgelegt.

Die Leiter der drei Gelsenkirchener Berufskollegs, Uwe Krakau (BTG), Gorden Skorzik (Königstraße) und Ralf Niebisch (Am Goldberg, v. l. n. r.) arbeiten schon jetzt konstruktiv miteinander am neuen Konzept für die berufliche Bildung.
Die Leiter der drei Gelsenkirchener Berufskollegs, Uwe Krakau (BTG), Gorden Skorzik (Königstraße) und Ralf Niebisch (Am Goldberg, v. l. n. r.) arbeiten schon jetzt konstruktiv miteinander am neuen Konzept für die berufliche Bildung. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Vertreter aller Fraktionen im Rat bilden gemeinsam mit Verwaltungsvertretern wie Referatsleiter Klaus Rostek und dem BK-Schulformsprecher Uwe Krakau (BTG) die erste Dialoggruppe, die sich am Dienstag erstmals mit den ermittelten Rahmenbedingungen und Entwürfen der Gutachter befasste. Eine weitere Gruppe setzt sich aus Vertretern der Bereiche Bildung und Soziales inklusive Vertretern mehrerer Schulformen zusammen. Das dritte Dialogteam mit Vertretern von IHK, Handelskammer, Jobcenter, Pflegekammer NRW, Handelsverband, Gewerkschaftsbund, Arbeitgeberverband und Kreishandwerkerschaft wird Stellung nehmen und Anregungen geben zu Bedarfen und Wünschen der Wirtschaft, Anforderungen und Möglichkeiten.

OB Welge: „Großer Vorteil, dass wir so viel junge Menschen in Gelsenkirchen haben“

„Es ist ein großer Vorteil, dass wir so viele junge Menschen haben, auch wenn nicht alle sofort ausbildungsfähig sind“, betonte die OB. Sie unterstrich die nicht zu unterschätzenden Integrationsleistungen der Berufskollegs gerade im Zusammenhang mit der zuletzt erneut verstärkten Zuwanderung. „Die Berufskollegs haben die Integrationsarbeit längst professionalisiert“, lobt sie. Und Uwe Krakau erinnert daran, wie die BKs hier 2015 ohne Vorbereitung – im Gegensatz zu anderen Kommunen – für alle Zugewanderten ohne Wartezeit einen Schulplatz zur Verfügung stellten, die ersten Schritte zur Integration einleiteten.

Vorbildlich, so OB Welge, sei die konstruktive Zusammenarbeit der drei Berufskollegs schon im Vorfeld der Konzeptentwicklung für die Zukunft der beruflichen Bildung in der Stadt. Das von ihr schon im Wahlkampf ausgerufene Konzept des gemeinsamen Bildungscampus, das auch in den Arbeitsmarkt führende Institutionen wie Beratungsstellen und Jobcenter einbezieht, sei zu ihrem Entsetzen vielfach als Projekt eines Gebäudekomplexes im XL-Format mit Tausenden Schülern fehlinterpretiert worden.

Ihr gehe es vielmehr darum, schrittweise mit allen Beteiligten ein tragfähiges Konzept zu entwickeln, das den Bedürfnissen der Schülerschaft und der ausbildenden Unternehmen entspricht. Erst im zweiten Schritt könne es darum gehen, die Gebäudeplanung anzugehen und zu ermitteln, was möglich und nötig ist.

Berufskollegsprecher Uwe Krakau, Oberbürgermeisterin Karin Welge und Bildungsreferatsleiter Klaus Rostek (v.li.) stellten das weitere Vorgehen bei der Planung des Bildungscampus für Gelsenkirchen vor. 
Berufskollegsprecher Uwe Krakau, Oberbürgermeisterin Karin Welge und Bildungsreferatsleiter Klaus Rostek (v.li.) stellten das weitere Vorgehen bei der Planung des Bildungscampus für Gelsenkirchen vor.  © Stadt Gelsenkirchen | Gerd Kämper

Der hohe Sanierungsbedarf der bestehenden Kollegbauten indes ist unbestritten. Was mittels Instandsetzung machbar ist und welche Flächenoptionen es für denkbare Neubauten gibt, soll erst Thema sein, wenn das Konzept steht. Damit rechnet die OB auf jeden Fall im Laufe des Jahres, im besten Fall bereits im Sommer. Der offizielle Zwischenbericht des Expertengutachtens wird jedenfalls für den Sommer erwartet, mit einem baulichen Planungsstart rechnet sie Anfang 2024. Die erste Dialogrunde läuft noch im April, zur zweiten und abschließenden Team-Runde treffen sich die Gruppen Anfang Mai.

OB Karin Welge: „Erwarte eine Unterstützung in gebührendem Maße“

Zu den erwartbaren Kosten für das Großprojekt Zukunftssicherung der beruflichen Bildung und Kampf gegen den Fachkräftemangel, den nur die Berufskollegs aufnehmen können, macht die OB noch keinerlei Angaben: „Aber nach 40 Jahren eingeschränkter Haushaltsmittel für unsere Stadt und bei ständig wachsenden Herausforderungen erwarte ich für solche unverzichtbaren Maßnahmen zur Zukunftssicherung eine Unterstützung in gebührendem Maße.“ Woher genau, auch das ist noch kein Thema. Auf jeden Fall dürfte der künftige Standort Polizeihochschule bis zum Ende des konzeptionellen Planungsprozesses geklärt sein und damit auch die Frage, ob das Zentralbadgelände – zumindest in Teilen – Teil des Bildungscampus werden kann.