Gelsenkirchen. Auch der Bundespräsident fordert Partnerschaften mit ukrainischen Städten. Warum Gelsenkirchen das ablehnt – trotz großer Hilfe für das Land.
Oberbürgermeisterin Karin Welge hat bekräftigt, dass sie es für verfrüht hält, eine amtliche Partnerschaft mit einer ukrainischen Stadt einzugehen. „Wir verzichten damit auf symbolträchtige, bürokratisch angehauchte Politik, die nach unserer Einschätzung nicht zeitgemäß ist“, sagte Welge im vergangenen Hauptausschuss und adressierte damit die Forderung der AfD, eine offizielle Städtepartnerschaft zu schließen. Man sei in der Unterstützung der Ukraine viel weiter, als eine Partnerschaft auf dem Papier einzugehen, betonte die OB und bezog sich damit auf die andauernde Unterstützung der Stadt Krementschuk in der Zentralukraine.
Unterstützung für Ukraine: Stadt Gelsenkirchen ist laut Welge weiter als andere Städte
Die AfD hatte sich mit ihrem Antrag auf einen Appell von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) und den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bezogen, die bei ihrem Zusammentreffen im Oktober vergangenen Jahres dazu aufgerufen hatten, mehr deutsch-ukrainische Städtepartnerschaften ins Leben zu rufen. AfD-Fraktionschef Jan Preuß bezeichnete es als „mutlos“, diesem Appell nicht zu folgen.
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Welge jedoch legte dar, dass die Forderung der Staatsoberhäupter aus ihrer Sicht eher an Städte gerichtet sei, die noch keine Verbindungen mit der Ukraine pflegen. Man tue in Gelsenkirchen derzeit schon „faktisch deutlich mehr als das, was eine klassische Städtepartnerschaft bedeutet“, so die Oberbürgermeisterin. „Wir lassen die Ukraine nicht im Stich!“ Die offizielle Partnerschaft dagegen sei lediglich ein „bürokratischer Akt, der sich im Kriegsgeschehen nicht anbietet“. Unterstützung erhielt Welge für ihre Position von den anderen politischen Fraktionen. „Die Kernaussage muss sein: Solidarität zeigen und andere Dinge später diskutieren“, sagte etwa CDU-Fraktionschef Sascha Kurth.
Stadt Gelsenkirchen hat Notstromaggregat für zentralukrainische Stadt besorgt
Stadtdirektor Luidger Wolterhoff nutzte die Debatte, um auszuführen, wie sich die derzeitige Unterstützung der Ukraine durch die Gelsenkirchener Verwaltung und Stadtgesellschaft gestaltet. Bekannt ist, dass die Ehrenamtler der Tiertafel und der „Task Force Flüchtlingshilfe“ seit Monaten unermüdlich Spenden sammeln, die schließlich über die Kontakte des SPD-Ratsherren Jürgen Hansen, und teils auch mit Unterstützung durch die Stadt nach Krementschuk gebracht wurden und werden. Neu ist, dass es der Stadt inzwischen gelungen ist, ein dringend benötigtes Notstromaggregat zu organisieren, das nun schnellstmöglich den Weg in die Zentralukraine finden soll.
Finanziert wurde der Stromerzeuger im Wert von etwa 30.000 Euro von Fördergeldern des Bundes, der städtische Anteil beträgt zehn Prozent. Mit Strom versorgt werden soll damit ein Krankenhaus in Krementschuk, das durch die Bombenangriffe der russischen Armee auf die kritische Infrastruktur der Ukraine stark eingeschränkt ist. Wie Wolterhoff im Anschluss des Hauptausschusses im WAZ-Gespräch ergänzte, unterstütze man die Ehrenamtlichen aktuell auch dabei, ein weiteres Feuerwehrauto für Krementschuk zur Verfügung zu stellen. Seit Kriegsbeginn konnten bereits mehrere Einsatzfahrzeuge für die 220.000-Einwohnerstadt organisiert werden.
Das sagt Oberbürgermeisterin Welge zur Partnerschaft mit dem russischen Schachty
Währenddessen, so Wolterhoff, werde man die regelmäßigen Gespräche mit der Stadtspitze in Krementschuk aufrechterhalten. Der Kontakt sei „intensiv“, auch wenn er bislang lediglich über Videoschalten geführt worden sei.
Oberbürgermeisterin Karin Welge nutzte die Gelegenheit zudem, um über die 1989 eingegangene Partnerschaft mit der russischen Stadt Schachty zu informieren. „Wir haben die Partnerschaft faktisch eingestellt, aktuell gibt es keine Austausche und keine aktive Kommunikation“, sagte Welge. Bereits kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges hatte Welge einen Friedensappell in Form eines Briefes an die Stadtspitze in Schachty gerichtet. Die Partnerschaft galt aber schon vor Kriegsbeginn als schwierig.