Gelsenkirchen-Hassel. Gelsenkirchen korrigiert zum dritten Mal die Kalkulation für das neue Grundschulgebäude nach oben. Wann die Kinder die Räume beziehen können.
Corona und der Ukraine-Krieg waren samt ihren Folgen für die (Bau-)Wirtschaft noch weit entfernt, als die Verwaltung im April 2017 die ersten Kostenschätzungen für den Neubau der Mährfeldschule am Röttgersweg abgab. 7,3 Millionen, so hieß es damals, müsse investiert werden in den Ersatz für das Gebäude von 1911, das durch Hausschwamm in seiner Statik gefährdet war. Seither kletterte die Kalkulation erst auf 11,4 Millionen (2018), dann auf 14,5 Millionen Euro (2021). Und nun muss die Stadt mitteilen: Es wird noch (sehr) teuer.
Wie es in einer Mitteilungsvorlage für die Bezirksvertretung Nord heißt, erhöhen sich die Gesamtkosten im Vergleich zur Planung von 2021 um 25 bis 30 Prozent auf 19 Millionen Euro. Hintergrund seien die explosionsartig gestiegenen oder auf sehr hohem Preisniveau stagnierenden Preise für sämtliche Baustoffe, erläutert das Referat für Hochbau und Liegenschaften.
Die Stadt Gelsenkirchen muss Mehrkosten als Eigenanteil schultern
Da die Höhe der öffentlichen Förderung festgeschrieben ist, muss die Stadt die zusätzlichen 4,5 Millionen Euro als Eigenanteil selbst übernehmen, erklärt Stadtsprecher Martin Schulmann auf Nachfrage der Redaktion. Weitere Töpfe über das Kommunal-Investitions-Förderungsgesetz des Bundes hinaus habe sie bislang nicht gefunden. Sie prüfe aber noch weitere Möglichkeiten.
Woran die Verwaltung hingegen nach wie vor festhält, ist der Fertigstellungstermin für das zweigeschossige, teilweise unterkellerte Gebäude mit einer Nutzfläche von 3000 Quadratmetern: Angepeilt ist nach wie vor Sommer 2024.
Neubau in Gelsenkirchen-Hassel zählt zwölf Unterrichtsräume, Bibliothek und Aula
Die 260 Schülerinnen und Schüler sowie 18 Lehrerinnen werden sich also noch rund eineinhalb Jahre gedulden müssen, bevor sie die zwölf Unterrichtsräume im Obergeschoss und die fünf OGS-Räume im Erdgeschoss nutzen können, wo zusätzlich ein Ess-, ein Gruppenraum sowie flexibel nutzbare Einheiten, ein Büro und ein Besprechungszimmer untergebracht werden. Darüber hinaus vorgesehen sind ein Mehrzweckraum, eine Bibliothek, eine Aula und Sanitäranlagen.
Aktuell haben die Rohbauarbeiten auf dem rund 6000 Quadratmeter großen Grundschul-Grundstück begonnen. Das Neubauprojekt für nun 19 Millionen Euro beinhaltet auch besondere Beiträge in Sachen Klimaschutz: Sämtliche Dächer – 1900 Quadratmeter – werden extensiv begrünt; dazu gibt’s eine Photovoltaik-Anlage. Im Außenanlagenbereich ist derweil eine 1700 Quadratmeter große Grünfläche geplant.
Ausweichquartier an der Polsumer Straße in Gelsenkirchen hatte für Frust gesorgt
Bis dahin lernen die Mädchen und Jungen weiterhin in einer dreigeschossigen bunten Container-Anlage, die die Stadt für fünf Jahre angemietet und im Frühjahr 2019 aufgestellt hat – 13 Klassen- und weitere Sozialräume, Lehrerzimmer und Büros inklusive. Rund 2,3 Millionen Euro hat die neu geschaffene Infrastruktur (vom Abwasserkanal bis zum Internetkabel) samt Anmietung gekostet.
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Zuvor waren die Schülerinnen und Schüler für rund zwei Jahre in der einstigen Förderschule Polsumer Straße untergebracht worden. Schulbusse hatten sie dorthin gebracht, was alle Beteiligten Nerven gekostet und auch die Politik zu Nachfragen bei der Verwaltung veranlasst hatte. Auch die kleinen, auf maximal 15 Schüler zugeschnittenen Räume hatten den Schulalltag erschwert.
Gelsenkirchener Schüler und Lehrerinnen fühlen sich in Container-Provisorium wohl
Wie die Stimmung unter Lernenden und Lehrenden heute ist? „Gut“, sagt kommissarische Leiterin Annegret Treichel. Zwar habe das Provisorium seine Schwachpunkte: So seien einige der Lehrerinnen nicht so glücklich mit der Größe der Container-Räume, in denen sich ein oder zwei zugewiesene Kinder mehr sofort bemerkbar machten („dann wird’s kuschelig“).
Auch der Schulhof sei recht klein, so dass die Schüler in zwei „Schichten“ Pause machen müssen. „Und dass wir in den Klassenräumen keine Waschbecken haben, war besonders in den Hochzeiten der Corona-Pandemie eine Herausforderung. Aber insgesamt lernt es sich wirklich gut in diesen gut ausgestatteten, modernen Modulen.“
Vorfreude auf voll ausgestatteten Neubau mit großer Außenanlage ist groß
Im Gegensatz zum Altbau von 1911 seien IT-Infrastruktur, Lärmschutz und Beleuchtung auf dem allerneuesten Stand, sogar Whiteboards finden sich in den Klassenräumen. „Toll ist auch, dass die Schüler die Toiletten in der Anlage vorfinden und nicht, wie früher, das Gebäude verlassen müssen.“
Trotzdem sei die Vorfreude auf das neue Gebäude schon groß, zumal „wir unsere pädagogischen Vorstellungen mit einbringen konnten“. Zu den Highlights zählt sie, dass künftig auf einer Gebäudeebene Jahrgänge von 1 bis 4 untergebracht werden können. „So wird jahrgangsübergreifendes Lernen möglich, ohne die Stammgruppe aufgeben zu müssen.“
Unversiegelte Flächen, Hochbeete, eine Fläche fürs Radfahrtraining mit Garage für die Zweiräder, Spielgeräte in ausreichender Anzahl, ein Freiluft-Klassenzimmer aus Steinblöcken, flexibel teilbare Räume, eine Präsenzbibliothek: All diesen Neuerungen fiebern Erwachsene und Kinder entgegen. Wenn es nach ihnen geht, könnte der Umzug eher heute als morgen erfolgen.