Gelsenkirchen. Soziale Medien und Internet: Für Gelsenkirchens Jugendliche ist die Nutzung längst Alltag. Wo lauern die Gefahren? Das rät ein Medienpädagoge.
Die irgendwie über allem schwebenden digitalen Medien, sie prägen und bestimmen nicht nur das Leben der Erwachsenen, sondern auch das von Kindern und Jugendlichen. Doch bei aller sich eingestellten Alltäglichkeit: Wie geht ein richtiger Umgang damit, wie bewahre ich mein Kind vor den Gefahren, die im Netz lauern können – auch mit Blick darauf, dass die Neugier nicht verloren gehen soll. Kurzum: Wie mache ich mein Kind stark in Sachen Mediennutzung?
Henning Mismahl ist Medienpädagoge bei der Stadt Gelsenkirchen, er kann eine Menge erzählen über das, was Kinder und Jugendliche beschäftigt, was sie berührt, wie und wo sie in den Sozialen Medien unterwegs sind – wie ausgeprägt eigentlich Medienkompetenz in dieser Altersgruppe ist.
Wir treffen ihn an diesem Nachmittag im „log in“, dem Schulungsraum von Medienzentrum und Stadtbibliothek an der Ebertstraße. Mismahl hat beobachtet, dass viele Kinder und Jugendliche durchaus gewissenhaft und verantwortungsvoll mit Medien umgehen. Seiner Beobachtung nach können viele Jugendliche schon sehr gut unterscheiden, was wahr und was falsch ist. Kommt es dennoch zum Konflikt, seien sie ohne Probleme in der Lage, andere Quellen zu suchen. „Die Jugendlichen sind nicht verloren“, sagt er. Und formuliert es so: „Quellensicherheit hat auch etwas mit Medienkompetenz zu tun.“
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„Junge Menschen benötigen ein grundlegendes Verständnis dafür, wie die Welt um sie herum funktioniert“, weiß Henning Mismahl. Dazu gehört Medien-Bildung in allen Bereichen. Und die beginnt schon früh: „Medienkompetenz fängt schon im Kindergarten an“, so der 38-Jährige. Da geht es beispielsweise um das wichtige Thema Sprache und Sprachbildung, etwa mit Hilfe von Kinderbuch-Apps oder interaktiven Geschichten.
Es lässt sich fortführen mit den Grundschülerinnen und Grundschülern, die nicht zuletzt auch wegen der Pandemie und dem Distanzunterricht schnell eine möglichst sichere Handhabe mit Hard- und Software lernen mussten. Bis hin zu den Kindern und Jugendlichen, die auf den weiterführenden Schulen meist anders, auch weil intensiver, Medien nutzen und konsumieren.
„Zu wissen, wie Medien funktionieren, ist heute grundlegend in modernen Demokratien“, heißt es auf der Homepage der Landesregierung zum Thema Medienkompetenz. Das beginne damit, „ein Smartphone rein technisch bedienen zu können“. Es gehe weiter mit dem Wissen, warum manche Meldungen im Internet weit verbreitet werden (und andere nicht), und reiche bis zur Fähigkeit, gezielte Desinformation erkennen zu können – und selbst etwas zu unternehmen gegen Hass im Netz. „Um an der demokratischen Meinungsbildung und am gesellschaftlichen Diskurs und Leben teilzuhaben, brauchen deshalb alle Menschen die nötige Medienkompetenz.“
Und die Gefahren, neben eben jenen Fake News? „Social Media ist ein ungeschützter, schwer moderierbarer Raum“, erklärt Henning Mismahl. Er plädiert dafür, genau dieses Feld begleitet und wohl dosiert zu nutzen. „Die Sozialen Medien gehören zur neuen Welt dazu“, meint er. Vor eben jenen möglichen Gefahren helfe, die Kinder stark zu machen, auch mal „Nein“ zu sagen.
Das spielt in ein weiteres Feld, das sogenannte „Cybergrooming“ und das „Cybermobbing“. Cybergrooming ist das gezielte Ansprechen von Minderjährigen via Internet, mit dem Ziel, dass sich sexuelle Kontakte ergeben. Über die bekannten Plattformen wie WhatsApp, Instagram, Snapchat oder Chats in Online-Games fordern Fremde beispielsweise Aufnahmen der Kinder und Jugendlichen oder sich gar im realen Leben zu treffen. „Hier ist es wichtig, zu sensibilisieren und vorzubeugen“, rät Mismahl. Aufklärungsarbeit zu leisten, das sei ebenfalls elementar.
Beim Cybermobbing – also der Beleidigung, der Bedrohung oder der Belästigung übers Internet, Foren und Chats – gebe es laut Medienexperte Mismahl „so viele Hilfsmittel“, vor allem rechtliche. Er verweist beispielsweise auf das Projekt „Law4school“ des in Rostock ansässigen Vereins „Prävention 2.0“, das sich mit juristischem Fokus dem Thema widmet. „Es ist ebenfalls extrem wichtig, Hilfestellung zu leisten, den Kindern und Jugendlichen zu zeigen, „So funktioniert das, und so könnt ihr euch schützen“, sagt Mismahl.
Medienzentrum mit Schulungsraum „log in“
Unter der etwas sperrigen Bezeichnung „Fachstelle zur Förderung der Medienkompetenz in Gelsenkirchen im schulischen und außerschulischen Bildungsbereich“ wartet das Medienzentrum mit vielen Dingen auf, um Medienkompetenz zu erlangen.
Der Schulungsraum „log in“ ist dazu der passende der Lernort, liegt direkt über der Zentralbibliothek, soll Raumgeber und gleichzeitig Infrastruktur sein, eine möglichst breite Teilhabe ermöglichen. Hier werden Schülerinnen und Schüler geschult, Lehrerinnen und Lehrer fortgebildet – auf hohem technischen Niveau (ausgestattet ist er beispielsweise mit PCs, einer schnellen Internet-Anbindung und W-Lan). Er ist aufgeteilt in drei Zonen: Es gibt den Vorführraum, zum einen Show Room mit Whiteboard, zum anderen Konferenzraum, der einen Eins-zu-Eins-Austausch möglich macht, einen Workshop-Bereich und dann den so genannten Maker Space.
Und welche Medien nutzen die jungen Menschen aktuell am häufigsten? Ganz vorne sei immer noch der Messenger-Dienst WhatsApp – eigentliche Altersbeschränkung übrigens: 16 Jahre – und dann auch die Kurzvideo-Plattform TikTok. Henning Mismahls Beobachtung ist, dass die Kinder und Jugendlichen nach wie vor – natürlich – beeinflusst werden, etwa durch geschickte Algorithmen wie bei TikTok. Es aber auch dem Umfeld obliegt, einen verantwortungsvollen Medienkonsum zu steuern. Sein Rat an die Kinder und Jugendlichen: „Wenn ein Dienst nichts kostet, seid Ihr die Ware.“