Gelsenkirchen-Schalke. Eine Mutter wirft der Stadt Gelsenkirchen vor, Hinweisen auf Prostitution nicht nachgegangen zu sein. Kontrolleure finden illegalen Sex-Betrieb.
„Schlamperei“ im Umgang mit einem Prostitutionsbetrieb in einem Wohnhaus an der Herzogstraße in Schalke wirft ausgerechnet eine städtische Mitarbeiterin der Gelsenkirchener Verwaltung vor.
Die Anwohnerin aus der Nachbarschaft und Mutter zweier Kinder ist ebenso wütend wie besorgt: „Die Freier stehen von nachmittags bis nachts bei uns vor der Tür, weil nebenan die Namensschilder nicht zu lesen sind, sie klingeln und fragen nach dem Preis für die Dienste der Transsexuellen. Und das auch vor meinen Kindern. Können Sie sich ansatzweise vorstellen, wie es ist, die Kinder nicht vor die Tür lassen zu können und nachts die besoffenen Freier vor der Tür zu haben?“
Mutter: Stadt ist Hinweisen auf Prostitution schon vor Jahren nicht nachgegangen
Diese Frage hat die Gelsenkirchenerin neben anderen Verwaltungsstellen auch der Oberbürgermeisterin Karin Welge per E-Mail gestellt. Bislang hat sie darauf nach eigenen Angaben noch keine Antwort bekommen. Was die zweifache Mutter so aufbringt, ist, dass es angeblich „nicht das erste Mal ist, dass ich darauf hinweise, dass mitten in einem Wohngebiet gewerbliche Prostitution betrieben wird“.
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Bereits vor sechs Jahren habe sie sich vor Zeugen im Büro telefonisch an einen zuständigen Kollegen bei der Stadt gewandt, bis auf die „lapidare Antwort, er rede mal mit denen“, sei nichts passiert. Für die Nachbarin ist das „Schlamperei“. Selbst ein Zaun vor dem eigenen Heim hat nichts gebracht, den Strom an Freiern in die richtigen Bahnen zu lenken. Die „Irrläufer“ stiegen einfach über die Absperrung, so die städtische Mitarbeiterin weiter, nicht selten verrichten sie auch noch ein anderes dringendes Geschäft vor der Haustür.
Kontrolleure stoßen auf illegale gewerbliche Prostitution in Schalker Wohnhaus
Diese Zeitung hat die Stadt in der vergangenen Woche mit den Vorwürfen der Anwohnerin konfrontiert, die sich zum einen an die WAZ-Redaktion gewandt hatte und die sich zugleich um juristischen Beistand bemüht hat. Offenbar wurde schnell gehandelt.
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Stadtsprecher Jan-Peter Totzek: „Mitarbeiter der Gewerbeabteilung haben das Haus am vergangenen Donnerstag aufgesucht. Hierbei wurde festgestellt, dass zwei Räume einer Wohnung mit Zustimmung des Eigentümers zur gewerblichen Prostitution genutzt werden.“ Eine weitere Nutzung der Wohnung als Gewerbestätte sei mit sofortiger Wirkung untersagt worden. Weitere Ermittlungen folgten, welche Konsequenzen dem älteren Vermieterehepaar womöglich drohen, ließ die Stadt offen.
Am Montag berichtete Stadtsprecher Martin Schulmann, dass dem Vorwurf, den Hinweis auf die Prostitution nicht weitergegeben zu haben, ebenso nachgegangen werde. „Der Mitarbeiter wird dazu befragt und sich äußern, sobald er wieder da ist. Im Moment ist er aber nicht im Dienst.“
Anwohnerin: Urteile verbieten Wohnungsprostitution in Wohngebiet
Schulmann und Totzek betonen zudem, wie schwer es zum einen ist, gegen Wohnungsprostitution einzuschreiten, zum anderen, dass bei der letztmaligen Überprüfung des Gebäudes keine illegalen Auffälligkeiten registriert worden seien. Schulmann zufolge bewegt sich Wohnungsprostitution in einer Grauzone. Wenn ein Mieter Sex gegen Geld anböte, so sei das seine Privatsache.
„Zuletzt war die Örtlichkeit nicht auffällig“, erklärt Totzek. Erst durch das Anwaltsschreiben haben sich neue Hinweise ergeben. Die letzten Hinweise auf und die letzte Festellung von Wohnungsprostitution an der Herzogstraße in Schalke hat es ihm zufolge im Jahr 2019 gegeben.
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Die verzweifelte Mutter hat an dieser Darstellung Zweifel. „Oft stehen die Freier vor dem Haus und brüllen den Namen der Prostituierten heraus, damit ihnen unten aufgemacht wird. Von daher weiß das ganze Viertel, dass es da in der ersten Etage Sex gegen Geld gibt – dass die Stadt davon über so lange Zeit nichts mitbekommen hat, halte ich für höchst unwahrscheinlich“, sagt sie. Die lange mit Silberfolie abgeklebten Fenster täten ihr Übriges, um zusätzliche Aufmerksamkeit zu erregen.
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Die Anwohnerin beruft sich auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Karlsruhe, Urteile, wonach in einem allgemeinen Wohngebiet die Ausübung von Wohnungsprostitution unzulässig sei. Hierzu bedarf es nicht des Nachweises, dass diese störend ist. Von daher darf die Bauaufsicht diese Art von Nutzung nicht einmal erlauben. Hierzu hat der bayerische Verwaltungsgerichtshof eine ähnliche Rechtsauffassung vertreten (VGH München, Beschluss v. 08.11.2017 – 15 CS 17.1415). „Die Stadt Gelsenkirchen hätte also doch etwas unternehmen können“, schlussfolgert die zweifache Mutter daraus.