Gelsenkirchen. In Bulmke-Hüllen sind Planer aktiv; jetzt geht’s um Schalke: Erholung, Freiluft-Unterricht, Gestaltung – so soll sich der Sellmannsbach wandeln.
Über Jahrzehnte schluckten Emscher und die Zuläufe die Abwässer in Gelsenkirchen. Menschen mussten die Kloaken mit ihrer stinkenden Brühe ertragen. Die ersten Erfolge des Jahrhundertprojekts Emscherumbau spüren Anwohner bereits. Emscher wie auch Zuläufe führen nur noch Regenwasser, die übelriechenden Hinterlassenschaften sind längst in unterirdische Röhren eingetaucht. Auch der Sellmannsbach wurde als Teil des Emscher-Systems im vergangenen Jahr vom Abwasser befreit.
In mehreren Bauabschnitten stellen die Projektbeteiligten den ökologischen Umbau des Sellmannbaches vor. In Bulmke-Hüllen sind Planer, Architekten und Landschaftsgärtner bereits aktiv. Jetzt hatte die Stadt zur Bürgerinformation in die Ebersteinschule in Schalke eingeladen. Mit dem Abschnitt Mitte und Süd ist mit weiteren Maßnahmen für ein verändertes und naturnahes Bild des Sellmannsbaches begonnen. worden.
Renaturierung in Gelsenkirchen: Sellmannsbach zieht sich durch Bulmke, Schalke und Bismarck
Schon 2005 hatten sich Planer mit dem ökologisch gestalteten Umbau der Zuläufe beschäftigt, 2013 begannen Gelsenkanal als Abwassergesellschaft Gelsenkirchen (AGG), Emschergenossenschaft und Landschaftsarchitekten mit dem Umbau des fünf Kilometer langen Sellmannsbaches. Der zieht sich durch die Stadtteile Bulmke, Schalke, Schalke-Nord und Bismarck. In den nächsten zwei Jahren wird sich der Bach und parallel zum Gewässer die Landschaft zwischen Eberstein- und Uechtingstraße, Am Stäfflingshof und Hochkampstraße verändern.
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Mit Landesfördermitteln gestalten Emschergenossenschaft (EG) und AGG in jeweils drei Bauabschnitten das neue Landschaftsbild. „Mit dem ökologischen Umbau wollen wir einen naturnahen Zustand erreichen“, beschreibt Dirk Hellmich (EG) das Ziel des Projekts. So werden zunächst die Betonsohlschalen wie auch die Böschungsplatten entfernt, die dem Bach den bislang typischen eingeengten Fließcharakter verliehen hatten. „So weit es geht“, sagt Hellmich, „soll die Böschung abgeflacht werden, damit sich der Bereich parallel zum Bach ausweiten kann.“
Gelsenkirchen: Sellmannsbach soll sich künftig durch die Landschaft schlängeln
Die Planer bauen darauf, dass durch das großzügig und weiträumig geplante Bachbild eine Ersatzauenlandschaft entstehen kann. Im Idealfall, so Hellmich, könne sich der Sellmannsbach durch ein sechs bis zehn Meter breites Landschaftsbild schlängeln, das sich bei Regen weiter ausdehnen könne.
Landschaftsarchitekt Dirk Glacer, versichert, dass vom bisherigen Gehölzbestand viel erhalten bleiben wird und zusätzliche strauchartige Gehölzer gepflanzt werden. Die Philosophie des Architekten: Die Natur am Bach solle sich überwiegend selbst entwickeln. Man werde an Böschungen aussäen, die restliche Ansammlung von Samen erledigten Wind und Regen.
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An vier so genannten Gewässerstationen wollen die Landschaftsplaner die Maßnahmen auf Tafeln erläutern und die Entwicklung der Landschaft erklären. Für Schulklassen und Kindergärten könnten vor Ort naturnahe Erlebnisse, beziehungsweise Freiluft-Unterricht möglich werden, ist Landschaftsarchitektin Claudia Schnieder überzeugt.
Renaturierung des Sellmannsbaches in Gelsenkirchen: Baustellenlärm soll sich in Grenzen halten
Vorschläge sind willkommen
2024 soll der Umbau des Sellmannsbaches abgeschlossen sein. Die Landschaftsarchitekten wollen keine unberührte Natur schaffen, sondern einen Erlebnisraum für jedermann kreieren. Der Gewässerlauf soll sich entwickeln. Auf 7500 qm sind Gehölzpflanzungen, unter anderem 35 großstämmige Bäume, vorgesehen. Natursteinblöcke und Bänke sollen in verschiedenen Bereichen errichtet werden.
Bürgerinnen und Bürger sind aufgefordert, Vorschläge zu machen, womit beispielsweise Gewässerstationen noch ausgestattet werden könnten. Info zur Bauausführung Andreas Fischer, Tel. 169-6370, andreas.fischer@agg-ge.de. Planung: Alfred Dix, Tel. 169-6312, alfred.dix@agg-ge.de.
Auf neu entstandenen Rad- und Wanderwegen, unter anderem zwischen Alfred-Zingler-Straße und Stäfflingshof, können Erholungssuchende entspannen. Auch einige der Baustraßen, die heute für den Umbau benötigt werden, sind als zukünftige Fuß- und Radwege geplant. Der Baustellenlärm, versichern die ausführenden Firmen, werde sich in Grenzen halten. Die mit Lärm verbundenen Arbeiten in tiefen Baugruben und Schächten sind bereits abgeschlossen. Dirk Hellmich: „Wir werden die Auftraggeber vergattern, die gekennzeichneten Wege einzuhalten und die Anwohner nicht durch Abkürzungen zusätzlich zu belästigen.“
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Und wer pflegt den gestalteten Bereich? Das wollte ein Anwohner wissen, der bereits buddelnde Karnickel aktiv werden sieht. Pflege und Entwicklungspläne gehören zum Verantwortungsbereich der Emschergenossenschaft. Somit wird sie auch mögliche Antworten zu Karnickelplagen geben müssen. Dass durch die Renaturierung der Grundwasserspiegel ansteigen könnte, brauchen Bewohner nicht zu befürchten. „Das Sohleprofil in dem Gewässer wird nicht angehoben“, versichert Hellmich.