Gelsenkirchen. Der Kreis der Wohngeld-Empfänger in Gelsenkirchen wird sich 2023 extrem erweitern. Nur: Können die ganzen Anträge auch bearbeitet werden?

Mehr Leistungen für viele Gelsenkirchener: Nachdem das Bundeskabinett im September die Wohngeldreform beschlossen hat, wird sich nach der noch fehlenden Zustimmung im Bundesrat eine „massive Steigerung“ im Kreis der Berechtigten geben. Darauf machte Sozialdezernentin Andrea Henze (SPD) im vergangenen Sozialausschuss aufmerksam. Demnach wird die Zahl der Wohngeldempfänger in Gelsenkirchen um etwa 12.000 weitere Menschen ansteigen. Bisher konnten rund 6300 Personen auf diese Unterstützungsform zugreifen, bald werden es 18.300 sein.

Diese deutliche Anstieg der Zahlen stellt die Verwaltung laut Henze vor Schwierigkeiten: „Es wird eine echte Herausforderung sein, die Anträge zeitnah zu bearbeiten.“ Für die Erledigung der aktuellen Aufgaben der Wohngeldstelle stehen derzeit zwölf Planstellen zur Verfügung. Eine Verdreifachung der Fallzahlen müsse eigentlich auch eine Verdreifachung der Mitarbeitenden bedeuten, so Henze. Und: Die finanziellen Mehrbelastungen werden zwar durch Bund und Länder getragen. Die notwendigen Personal- und Sachkosten bleiben allerdings bei der Kommune.

Angesichts der aktuellen Reform und ihren Herausforderungen stattete Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) zuletzt auch der Gelsenkirchener Wohngeldstelle einen Besuch ab, nachdem sie das „Gelsenkirchen-Projekt“ zum Rückbau von Schrottimmobilien mitpräsentierte.

Kompliziertes Wohngeld-Plus: Bundesbauministerin Klara Geywitz verspricht Vereinfachung

Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) machte Geywitz gegenüber deutlich, dass die Kommunen bei der Bewältigung der anstehenden „Antragswelle“ entlastet werden müssten und der Regierungsentwurf des Wohngeld-Plus-Gesetzes dahingehend angepasst werden müsse. „Wir stehen als Kommune absolut hinter dem Ziel, ein angemessenes und familiengerechtes Wohnen wirtschaftlich abzusichern. Allerdings müssen die Kommunen auch in die Lage versetzt werden, den zu erwartenden sprunghaften Anstieg der Wohngeldanträge im Januar auch abarbeiten zu können“, so Welge.

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Welge schließt sich damit Forderungen des Deutschen Städtetages an. Dieser schlägt zur Entlastung der Kommunen die Auszahlung eines „pauschalierten Basiswohngeldes“ für eine Übergangszeit vor. In dieser Zeit kann auf den üblichen Datenabgleich mit anderen Leistungsträgern und Behörden verzichtet werden.

„Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ämtern ist es eine schwierige Aufgabe, die vielen neuen Anträge zu bearbeiten“, gestand auch Bauministerin Geywitz bei ihrem Besuch ein. „Deshalb haben wir bereits Vereinfachungen für die Verwaltungen auf den Weg gebracht, und weitere werden folgen“, versprach sie. Gegenüber der Bild-Zeitung sagte Geywitz zuletzt, neue Anträge vom Januar würden wohl erst im März bewilligt. Das Wohngeld werde dann aber rückwirkend ausgezahlt.

Das ist das neue Wohngeld-Plus: Diese Zusatzleistungen bekommen Gelsenkirchener

Das Wohngeld ist ein staatlicher Zuschuss zur Miete für Haushalte, die zwar keine Sozialleistungen beziehen, aber trotzdem wenig Geld haben. Derzeit gibt es bundesweit 600.000 Empfänger-Haushalte; künftig sollen zwei Millionen profitieren. Gewährt wird aktuell ein Zuschuss im Schnitt von 180 Euro, künftig werden es voraussichtlich im Durchschnitt 340 Euro sein. Die Steigerung ergibt sich durch eine Heizkosten- und eine Klimakomponente im neuen Wohngeld-Plus. Die Klimakomponente von 40 Cent pro Quadratmeter wird mit dem Ziel eingeführt, Mietsteigerungen infolge von energetischer Gebäudesanierung abzufedern.

Die pauschale Entlastung bei den Heizkosten beträgt 1,20 Euro pro Quadratmeter. Nicht zu verwechseln ist sie mit den beiden einmaligen Heizkostenzuschüssen, die als schnelle Entlastung dienen sollen und ebenfalls allen Wohngeldempfängern zustehen. Der erste Heizkostenüberschuss kam im Sommer, die zweite Einmalzahlung (für eine Person 415 Euro, 540 für zwei Personen, 100 Euro für jede weitere) soll bis Ende Januar ausgezahlt werden.

Ob man überhaupt wohngeldberechtigt ist, hängt nach derzeitigen Regelungen von einer komplizierten Rechnung ab - eine einfach zu merkende Einkommensschwelle gibt es nicht. Faktoren sind Einkommen, Miete, Haushaltsgröße und Wohnort. Ob man das aktuelle Wohngeld bekommen könnte, kann man online mit dem Wohngeld-Rechner des Ministeriums (www.bmwsb.bund.de) ausrechnen lassen. Anzugeben ist dort neben Einkommen und Bruttokaltmiete auch die Mietenstufe. Gelsenkirchen ist in Mietenstufe II.