Gelsenkirchen. Welche Standorte das Familien-Unternehmen Gatenbröcker Ende des Jahres nicht nur in Gelsenkirchen schließt. Und was aus den Beschäftigten wird.

Öffnungszeiten einschränken, Sortimente reduzieren, Öfen früher ausschalten: Die Bäckerei-Kette Gatenbröcker hat vieles versucht, um Kosten zu sparen. Gereicht hat es nicht. Nun sieht sich Geschäftsführer Christian Leben zu drastischeren Maßnahmen gezwungen, die auch etliche Kundinnen und Kunden unmittelbar zu spüren bekommen werden.

Wie Leben auf Nachfrage der Redaktion bestätigt, schließt das Familien-Unternehmen mit Sitz in Erle zum 31. Dezember neun Filialen in Gelsenkirchen, Gladbeck und Herten-Westerholt. Erst im September hatte es den Standort an der Karnaper Straße in Essen aufgegeben. Es handelt sich damit um die größte Schließungswelle in der 200-jährigen Geschichte der Firma mit 800 Beschäftigten an aktuell 60 Standorten.

Geschäftsführer des Gelsenkirchener Unternehmens: Alles auf dem Prüfstand

„Wir haben alles auf den Prüfstand gestellt, um der allgemeinen Kostenexplosion in den verschiedensten Bereichen Herr zu werden“, so Leben. Da seien etwa die massiv gestiegenen Rohstoff-Preise für Mehl, Butter, Öl und Zucker, über die im September schon Co-Geschäftsführer Christian Zipper geklagt hatte. Auch die Erhöhung des Mindest-Stundenlohns zum Oktober auf zwölf Euro schlage voll durch, „zumal wir unsere Festangestellten schon seit einiger Zeit übertariflich bezahlen“, um deren Gehälter von der Entlohnung ungelernter Aushilfen deutlicher abzusetzen.

„Nicht zuletzt müssen wir uns auch auf die sich so deutlich verteuernden Energiepreise vorbereiten. Derzeit profitieren wir zwar noch von einem vereinbarten Festpreis, für die Zukunft gehen wir aber mindestens von einer Verdoppelung aus“, begründet Leben die Entscheidung.

Gatenbröcker gibt neun Filialen in Gelsenkirchen, Gladbeck und Herten auf

Folgende neun Gatenbröcker-Filialen sollen Ende des Jahres aufgegeben werden: Nordring 8 (im Penny-Markt, Buer), Hauptstraße 36 (GE-Altstadt), Polsumer Straße 88 (Hassel), Karl-Meyer-Straße 26 (Rotthausen), Dessauer Straße 27 (im Netto-Markt, Ückendorf), Wilhelminenstraße 85 (Feldmark), Münsterländer Straße 9 (Gladbeck-Rosenhügel), Geschwisterstraße (Herten-Westerholt), Richterstraße 10 (Herten-Scherlebeck). Insgesamt betreibt die Kette aktuell 60 Standorte in Gelsenkirchen, Gladbeck, Herten, Recklinghausen, Essen, Bochum, Oer-Erkenschwick und Marl.

Von dem Aus betroffen seien „30 bis 40 Mitarbeitende“, so Leben, von denen jedoch niemand seinen Job verlieren soll. „Wir befinden uns zwar noch in Gesprächen. Aber ich gehe davon aus, dass sie künftig in anderen Filialen arbeiten werden. Lediglich zwei Beschäftigte nutzen bislang die Chance, vorzeitig in Rente zu gehen.“ Bäckerei-Fachverkäuferinnen seien rar gesät, deshalb sei man froh, Teams an verkaufsstärkeren Standorten aufstocken zu können.

Künftig will das Gelsenkirchener Unternehmen keine neuen Aushilfen mehr einstellen

Aushilfen hingegen will das Unternehmen angesichts des gestiegenen Mindestlohns nicht mehr neu einstellen. „Wir setzen künftig stärker auf unsere Festangestellten, auch was den Sonntagsverkauf angeht.“ Derzeit beschäftigt Gatenbröcker insgesamt rund 130 Mini-Jobber, zumeist Schüler und Studenten, die ohnehin nur für eine befristete Zeit im Einsatz seien.

Bei der Auswahl der Standorte seien deren Umsätze entscheidend gewesen, aber auch die Frage, „ob wir uns in nächster Nähe selbst Konkurrenz machen“. In Essen-Karnap etwa sei dies der Fall gewesen, wo Gatenbröcker in Karnaps neuer Mitte im Rewe-Markt eine weitere Filiale betreibt. Aus ähnlichen Gründen sei auch der Standort an der Geschwisterstraße in Westerholt auf die Schließungsliste gelangt: An der Marler Straße 132 steht in der Zeche Westerholt die nächste Filiale.

Produktionsmenge und -kosten wurden in Gelsenkirchen gesenkt

Die Geschäfte in der Altstadt und im Penny-Markt in Buer werden unterdessen dichtgemacht, weil sich deren Konzept „Gutes von gestern zum halben Preis“ nicht mehr rechne. „Wir haben die Zahl der Retouren, die wir sonst dort verkauft haben, in den vergangenen Monaten halbieren können“, berichtet Leben von einer Senkung der Produktionsmenge und -kosten.

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Dies habe auch mit einem Bewusstseinswandel der Kundschaft in Richtung Nachhaltigkeit zu tun. Langsam setze sich doch die Erkenntnis durch, dass das Sortiment kurz vor Ladenschluss nicht mehr so umfassend sein könne wie am Morgen. Trotz der geplanten Schließung der beiden (einzigen) Filialen mit vergünstigten Backwaren werde aber auch künftig „nichts weggeworfen“, verspricht Leben. „Was nicht verkauft wird, bekommt die Tafel.“ Ein Teil gehe auch an Landwirte, die Altwaren an Schweine verfüttern.

Der Geschäftsführer hofft nun, mit den schließungsbedingten Einsparungen halbwegs gut durch die Krise zu kommen. „Die Lage ist ernst“, sagt er – aber offenbar nicht hoffnungslos: Die Weihnachtsfeier für die Beschäftigten soll nicht den Streichungen zum Opfer fallen.