Gelsenkirchen. Die Friedhöfe sind im Wandel – und dabei geht es nicht nur um Bestattungskultur. So sehen die Ruhestätten der Zukunft aus, diese Trends gibt es.

Sie sind Orte der Trauer, der Ruhe und Stille, manches Mal auch der Erholung und vielleicht sogar der Hoffnung - die Friedhöfe Gelsenkirchens. Abgesehen davon sind die Ruhestätten der Stadt auf der anderen Seite auch Wirtschaftsfaktor. Doch gerade dort, auf den Friedhöfen, geschieht aktuell und auch schon seit einigen Jahren ein gewisser Umbruch. Es gibt Veränderungen in der Bestattungs- und Friedhofskultur, bei den Ansprüchen an den einen letzten Ort – und dann wäre da auch noch der demografische Wandel.

Gelsenkirchener Friedhöfe: So sehr werden sie sich in Zukunft verändern

„Aufgrund gesunkener Einwohnerzahlen und Abwanderungen in andere Bestattungsangebote, ist die Anzahl der Beisetzungen auf den städtischen Friedhöfen über die Jahre kontinuierlich zurückgegangen“, berichtet Gelsendienste-Sprecher Tobias Heyne auf Nachfrage der WAZ. Hinzu kommt der weiterhin anhaltende Trend zur Urnenbestattung: „Das Verhältnis verschiebt sich jedes Jahr um ein bis zwei Prozent von der Erd- in Richtung Feuerbestattung und lag Ende 2021 bei 44 zu 56 Prozent“, so Tobias Heyne weiter. Er schränkt jedoch ein, dass der Anteil der Sargbestattungen auf den städtischen Friedhöfen im Vergleich zu anderen Kommunen weiterhin recht groß sei. In Bochum liege der Anteil der Sargbestattungen zum Beispiel bei unter 25 Prozent.

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Den Trend zur Urne bestätigen auch die aktuellen Zahlen aus diesem Jahr: Bis Ende September gab es auf den städtischen Friedhöfen 1530 Bestattungen – fast genauso viele wie im Vorjahreszeitraum. Zum Stichtag 30. September 2022 lag das Verhältnis von Erd- zu Feuerbestattungen bei 42 zu 58 Prozent.

„Die Einnahmen aus Friedhofs- und Bestattungsgebühren lagen im vergangen Jahr bei rund 4,95 Millionen Euro“, gibt der Gelsendienste-Sprecher weiter Auskunft. Im Betriebsausschuss Gelsendienste nannte Betriebsleiter Daniel Paulus die Friedhöfe „einen unserer größten Verlustbringer“. Der Grund dafür: „Im Friedhofsbereich haben wir höhere Kosten, als wir über Gebühren und sonstige Erlöse einnehmen. Im Jahr 2021 lag die Unterdeckung in diesem Bereich bei -867.046,48 Euro“, schlüsselt Tobias Heyne auf. Insgesamt habe Gelsendienste im vergangenen Jahr bei einem Gesamtumsatz von rund 101 Millionen Euro ein Betriebsergebnis von genau 827.053,50 Euro erzielt.

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Die Entwicklung weg von der Sarg-, hin zur Urnenbestattung ist das eine, ein weiterer Indikator des Wandels zeigt sich an diesem Punkt: Auf den Friedhöfen, die von Gelsendienste gepflegt werden, werden mehr und mehr ehemalige Grabflächen nicht mehr für Bestattungen benötigt. Schon vor Jahren sei damit begonnen worden, „die Flächen gezielt zu reduzieren und Beisetzungen in den sogenannten Kernbereichen der einzelnen Friedhöfe zu konzentrieren“, sagt Tobias Heyne. Aufgrund der Ruhezeiten von 25 Jahren ist das allerdings ein längerer Prozess.

Die Prognose: Im Jahr 2039 werden nur noch rund 45 Prozent der derzeit vorhandenen Friedhofsflächen für Bestattungen benötigt. Der Wert geht auf die im Jahr 2016 entstandene Friedhofsentwicklungsplanung zurück. Klar, dass sich diese Veränderungen auch auf die Nutzung von Trauerhallen, Abschiedsräumen oder gekühlten Aufbahrungsräumen auswirken. Derzeit werde, so Tobias Heyne, ein Konzept für die zukünftige Bewirtschaftung der Gebäude erstellt.

Gelsenkirchen gehört zu den NRW-Kommunen mit einem relativ hohen Friedhofs-Anteil an der Gesamtfläche. Das liege vor allem daran, weiß Tobias Heyne, „dass die teilweise schon seit mehr als 100 Jahren bestehenden städtischen Friedhöfe als weitläufige Anlagen mit parkähnlichem Charakter und großem Baumbestand angelegt worden sind. Sie sind somit ein wesentlicher Bestandteil des Gelsenkirchener Grüns.“ Neben ihrem Zweck als Ruhe- und Andachtsstätten würden sie wie die übrigen Grünanlagen der Naherholung, der Verbesserung des Stadtklimas und als Biotop für Tiere und Pflanzen dienen. Viele andere Friedhöfe, insbesondere jene konfessioneller Träger, seien hingegen hauptsächlich auf den Bestattungsbetrieb ausgerichtet.

Die Gesamtfläche aller Friedhöfe in der Stadt liegt laut einer aktuellen Statistik von IT.NRW bei 173 Hektar, davon beträgt die Fläche der städtischen Ruhestätten 147 Hektar. Neben den kommunalen Friedhöfen gibt es neun weitere Friedhöfe der christlichen Kirchen sowie einen Friedhof der jüdischen Gemeinde.