Gelsenkirchen. In Gelsenkirchen wurden drei Lehrgänge gestrichen. Ausgerechnet in der Pflege! Was noch eine Seltenheit ist, kann bald zum Massenphänomen werden.
Es ist ein Teufelskreis: In Gelsenkirchen sollen an einer Pflegeschule 75 Menschen in der Pflege ausgebildet werden – in einer Branche also, die schon jetzt mit einem erheblichen Personalmangel zu kämpfen hat. Und dann kann ebenjene Ausbildung nicht angeboten werden, weil das Dozenten-Personal fehlt.
Nun kann man darüber diskutieren, wie hausgemacht dieses Problem ist. Schließlich lehren heute keine Pflegekräfte, die „nur“ eine Schulung abgeschlossen haben; es soll studiertes Personal sein. Die Akademisierung im Pflegeberuf ist zwar grundsätzlich eine gute Idee, weil sie den Beruf aufwertet. Dass man den Schulen nicht genug Zeit lässt, um sich auf diesen Wandel einzustellen, ist allerdings politisch nicht besonders klug.
Ausgefallene Pflegeausbildung in Gelsenkirchen: Das könnte ein Massenphänomen werden
Viel dramatischer aber ist, dass so ein Fall wie jetzt in Gelsenkirchen, ein schlimmer Vorbote für das ist, was uns noch bevorstehen wird. Und es dann unglaublich schwierig sein wird, überhaupt noch politisch zu handeln.
Denn gerade, wo schon in fast jeder Branche über Personalmangel geklagt wird, erleben wir erst die Anfänge eines demografischen Wandels, der zumindest für die Bundesrepublik zu einer Herausforderung in der Größenordnung des Klimawandels anwachsen wird.
Denn Berechnungen zeigen: In den nächsten 13 Jahren werden 18 Millionen Menschen in Rente gehen und nur elf Millionen Arbeitskräfte „nachwachsen“. Wir werden somit etwa jeden fünften Arbeitnehmer aus der Volkswirtschaft entlassen.
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Die Überalterung der Gesellschaft bei gleichzeitig schrumpfender Zahl der Erwerbstätigen wird in den nächsten Jahren also so enorm zunehmen, dass sich weitere Vorfälle wie an der Gelsenkirchener Pflegeschule kaum verhindern lassen werden – selbst wenn man mehr Studienplätze in der Berufspädagogik schafft, selbst wenn man mehr Studieninteressierte aus dem Ausland anlockt und mehr junge Menschen für den Beruf begeistert. Auffangen können wird man das damit nicht.
Die ausgefallenen Ausbildungsplätze in Gelsenkirchen sind noch kein Massenphänomen. Aber sie könnten zweifellos eines werden.