Gelsenkirchen. Über ein internationales Pilotprojekt hat St. Augustinus Pflegekräfte aus Mexiko angeworben. Wie die ersten drei Frauen nach Gelsenkirchen kamen.
Sie sind zwischen 26 und 28 Jahre jung, haben einen Bachelor als Pflegefachkraft, kommen aus Millionenstädten in Mexiko und haben sich für Gelsenkirchen entschieden: Am Marienhospital Gelsenkirchen arbeiten seit Oktober drei junge Krankenpflegerinnen, die im Rahmen eines internationalen Pilotprojektes angeworben wurden. Sie sind gekommen, um zu bleiben, sagen die drei jungen Frauen, die die ersten Gelsenkirchen-Erkundungen bereits hinter sich haben. Einen bleibenden Eindruck hat unter anderem die Himmelstreppe bei ihnen hinterlassen.
Kein Pflegekräftemangel in der Heimat und schlechte Bezahlung
In ihrer Heimat Mexiko gibt es keinen Pflegekräftemangel, obwohl es dort einer der am schlechtesten bezahlten Berufe ist. Umgerechnet knapp 500 Euro verdient eine Pflegefachkraft mit fünfjähriger Ausbildung. Bei zwar deutlich niedrigeren Lebenshaltungskosten als hier – die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten liegen bei gut 1000 Euro etwa –, aber in der Relation ist die Bezahlung dennoch deutlich schlechter als hier. Dass die drei, die aus unterschiedlichsten Regionen in Mexiko stammen, ausgerechnet in Gelsenkirchen gelandet sind, ist kein Zufall.
Internationales Pilotprojekt mit dem Bundesgesundheitsministerium
Die neu gegründete Stabstelle Personalgewinnung bei St. Augustinus beteiligt sich am Projekt „Global Skills Partnership“. Bundesgesundheitsministerium, Bertelsmannstiftung und die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) koordinieren gemeinsam mit der Uniklinik Bonn, der Universität im mexikanischen Chihuahua sowie zwei philippinischen Unikliniken die gezielte Anwerbung beziehungsweise den Austausch von Fachkräften.
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Dabei werden interessierte Pflegekräfte in ihrem Heimatland bereits auf die Pflegestandards in Deutschland vorbereitet und in Sprachkursen auch in die deutsche Sprache eingeführt. Sieben Monate lang lernten insgesamt 50 Mexikanerinnen – auch dort arbeiten fast ausschließlich Frauen in dem Beruf – online und an der Uni die deutschen Standards kennen.
Fünfjährige Ausbildung mit Bachelor in Mexiko
Und was unterscheidet die Arbeit hier von der in Mexiko? „In Mexiko übernehmen das Waschen, Essen bringen und Ähnliches Pflegeassistenten. Die Fachkräfte kümmern sich um Medikation und andere medizinische Pflegemaßnahmen“, erklärt Xihomara Anahi Barron Lopez, die bereits recht gut Deutsch versteht und auch ein wenig spricht. Sie und Kollegin Angelica Villagrana haben in der Heimat bereits zwei Jahre nach der Ausbildung praktisch gearbeitet, Diana Margarita Munguia Santiago hat sich direkt nach der Ausbildung für das Abenteuer in Deutschland entschieden.
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Alle drei werden in den nächsten Wochen noch viel Deutsch lernen müssen, das Anerkennungsverfahren für ausländische Fachkräfte ist aufwendig, weiß der Stabsstellenleiter der Personalgewinnung, Peter Mueller. Kollegin Anastasia Toullu hilft mit ihren Spanischkenntnissen, wenn es um komplizierte Sachverhalte geht. Sie hat die Drei auch zu Behörden begleitet, ihnen verraten, wo es ein mexikanisches Restaurant in der Region gibt (in Bochum) und wie man eine deutsche Steuer-ID bekommt.
Gezielte Anwerbung in Ländern, in denen kein Mangel herrscht
Weitere Kolleginnen aus Mexiko sind über das Projekt in Kölner Kliniken gestartet, einem weiteren Kooperationspartner im Pilotprojekt. Sich verpflichten zu bleiben musste keine der Bewerberinnen. „Wir setzen auf Begeisterung und Freiwilligkeit. Wir möchten nachhaltig zusätzliche Pflegekräfte gewinnen und uns dabei nicht nur auf dem lokalen Markt mit dem ohnehin extremen Mangel orientieren, sondern gezielt auch in Ländern, in denen kein Mangel herrscht“, betont Peter Mueller. Bis zum Jahresende sollen fünf Mexikanerinnen an Augustinus-Kliniken arbeiten. Zudem startet 2023 in dem Rahmen eine Kooperation mit Kolumbien, wo 35 Pflegekräfte angeworben wurden und nun vorbereitet werden.
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Pflegedirektorin Maike Rost ist froh, dass die drei Pflegekräfte bereits feste Stationen und auch Neigungen für spätere fachliche Fortbildungen geäußert haben. Diana interessiert sich für die Neonatologie, arbeitet aktuell bereits auf der Wöchnerinnenstation. Angelica kann sich gut vorstellen, auf der Intensivstation oder der Chirurgie zu arbeiten, und Xihomara möchte im OP arbeiten. Was die Familien der drei unverheirateten Frauen gesagt haben, als sie ihren Weggang ankündigten. „Das ist aber sehr weit“, seufzt Diana, und die anderen nicken. 24 Stunden waren sie insgesamt unterwegs, der nächste Heimaturlaub ist erst nächstes Jahr geplant.