Gelsenkirchen. Das Bergmannsheil Gelsenkirchen hat ein Beckenbodenzentrum gegründet. Drei Kliniken kooperieren bei der Therapie von Blasen- und Darmproblemen.

Niemand spricht gern darüber, wenn immer wieder ein Tröpfchen Urin (oder auch deutlich mehr) in der Unterhose landet. Mehr als sechs Millionen Menschen in Deutschland – vor allem, aber nicht nur Ältere – leiden unter einer „schwachen Blase“, behelfen sich notdürftig mit Binden und Vorlagen. Aber nur 15 Prozent der Betroffenen sind deshalb in medizinischer Behandlung. Dabei könnte ihnen in den allermeisten Fällen geholfen werden.

Eine Anlaufstelle, um aus drei Blickwinkeln nach den Ursachen zu suchen

Grund für die Scheu vor dem Weg zum Arzt der Betroffenen ist zum einen, dass Blasenprobleme und Darmbeschwerden immer noch Tabuthemen sind. Ein Grund ist aber auch, dass Frau und Mann nicht so genau wissen, welcher Arzt oder welche Ärztin dafür die richtigen Ansprechpartner sein könnten. Am Bergmannsheil Buer ist nun ein Beckenbodenzentrum eingerichtet worden. Gemeinsam mit der Paracelsus Klinik in Marl kümmern sich Urologen, Chirurgen und Gynäkologen um Patienten mit Beschwerden in diesem Bereich – und suchen gemeinsam aus verschiedenen Blickwinkeln nach der Ursache und der optimalen Therapie.

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Der unfreiwillige Urinverlust etwa kann mit der alters-, geburten- oder krankheitsbedingten Senkung von Organen zusammenhängen oder Folge von zu schwerem Heben oder Bindegewebsschwäche sein – zum Beispiel. Blasenbeschwerden können gynäkologische, aber auch urologische Ursachen haben. Zur umfangreichen Diagnostik gehören auch Urinfluss- und Druckmessung in Blase und Harnröhre. „Medikamente, Beckenbodentraining, Elektrostimulation auch über den Fuß sowie Vaginalpessare sind nur einige von vielen Möglichkeiten. Auch die Unterspritzung der Harnröhren- und Blasenschleimhaut ist eine Option“, erklärt der Urologe Dr. Göll.

Auch Kindern kann geholfen werden

Auch Kindern, die nach dem fünften (Mädchen) oder sechsten (Jungen) Geburtstag noch einnässen, kann im neuen Zentrum geholfen werden. „Wir arbeiten eng mit der Allgemeinen Pädiatrie der Kinder- und Jugendklinik zusammen. Medikamente helfen, aber auch verhaltenstherapeutische Maßnahmen“, so Dr. Göll.

Muskel- und Nervenschäden im Darmbereich beheben

Vielfältig können auch die Ursachen von Darmbeschwerden wie Verstopfung, Stuhlinkontinenz oder der verlorenen Fähigkeit sein, das Halten von Darmgasen zu kontrollieren. „Die Ursache dieser unangenehmen, besonders im Alter auftretenden Erkrankung sind Muskel- und Nervenschäden“, erklärt Allgemeinchirurg Dr. Utech. Auch Beckenbodenschwäche verbunden mit einer Darmsenkung spiele eine Rolle. Bei komplexen Eingriffen am Enddarm und Darmausgang werde schonend, mit minimal-invasiven und roboterassistierter Chirurgie gearbeitet, die auch die Liegezeit des Patienten verkürze.

Privat-Dozent Dr. Markus Utech arbeitet bereits seit 2019 mit dem roboterassistierten Da-Vinci-Operationssystem.
Privat-Dozent Dr. Markus Utech arbeitet bereits seit 2019 mit dem roboterassistierten Da-Vinci-Operationssystem. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Diagnostik und Therapie an zwei Standorten

Das Beckenbodenzentrum ist zwar an zwei Kliniken angesiedelt, die Kommunikationswege aber sind kurz und klar organisiert, Untersuchungen sind an allen Standorten möglich. Zum Beckenbodenzentrum gehören die Klinik für Urologie, Kinderurologie und Urologische Onkologie unter Leitung von Chefarzt Dr. Alexander Göll sowie die Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie unter Leitung von Chefarzt Privat-Dozent Dr. Markus Utech jeweils mit Sitz in Buer sowie die Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe unter Leitung von Chefarzt Dr. Casten Böing an der Marler Paracelsus-Klinik, die ebenfalls zum Knappschafts-Verbund gehört.

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Am Beckenbodenzentrum wird ebenso wie an den bereits lange etablierten Tumorzentren der Region, die mit verschiedenen Standorten arbeiten, in fachübergreifenden Konferenzen die optimale Diagnostik und Therapie jedes Patienten gemeinsam geplant und besprochen, nach strengen Leitlinien, die an allen Stellen des Netzes gleich ablaufen. Um sich diese leitliniengerechte Arbeit attestieren zu lassen, geht das neue Zentrum ins Zertifizierungsverfahren. Zum Team des Beckenbodenzentrums gehören neben den Ärztinnen und Ärzten auch Psychologen, speziell ausgebildete Urotherapeuten und Physiotherapeuten.

Ambulante Sprechstunden mit Überweisung

Patientenseminar zu Beckenbodenschwäche

In einem Patientenseminar stellen am Mittwoch, 2. November, ab 18 Uhr der Gynäkologe Dr. Carsten Böing aus der Paracelsus-Klinik Marl sowie aus dem Bergmannsheil Buer der Urologe Dr. Alexander Göll und der Allgemeinchirurg Privat-Dozent Dr. Markus Utech moderne Behandlungsoptionen bei Beckenbodenschwäche, Blasen- und Darmproblemen vor.

Das kostenlose Patientenseminar findet im Seminarraum im Bergmannsheil Buer, Schernerweg 4, statt. Eine Anmeldung unter chefarztvisite@bergmannsheil-buer.de wird erbeten. Für den Einlass in die Klinik ist ein aktueller Schnelltest, der nicht älter als 24 Stunden sein darf, notwendig.

Information und Diagnostik sind auch in ambulanten Sprechstunden möglich. An der Klinik für Urologie in Buer ist das dienstags und donnerstags ab 12 Uhr nach Terminvereinbarung unter Telefon 0209 5902-306 möglich, an der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie in Buer mittwochs zwischen neun und 13 Uhr nach Anmeldung unter 0209 5902 - 374. Die Gynäkologie in Marl vergibt ambulante Termine für Montag und Freitag unter Telefon 02365 90-2402. Für alle ambulanten Sprechstunden bedarf es einer Überweisung vom Haus- oder niedergelassenen Facharzt.