Gelsenkirchen. Bundesweit einzigartiges Format der Bezirksforen geht in die fünfte Runde: Gelsenkirchener verteilen 265.000 Euro auf Projekte Ehrenamtlicher.
Eine rote Telefonzelle als Bücherschrank für einen Kleingarten, eine Geschwindigkeits-Messanlage, ein Boule-Turnier: Es gab höchst unterschiedliche Anträge auf eine Finanzspritze aus dem städtischen Topf der Bezirksforen, seitdem diese offenen Bürgerversammlungen 2017 erstmals stattfanden. Nun geht das bundesweit einzigartige Format in die fünfte Runde – und zum Jubiläum gibt’s noch eine ordentliche „Schüppe obendrauf“.
Für jeden der fünf Stadtbezirke eine Veranstaltung, bei der Vorschläge von ehrenamtlich tätigen Privatpersonen, Gruppen, Vereinen gesammelt und auf das jeweilige Teilbudget verteilt werden: Das Verfahren ist bekannt. Doch es kommt mit zwei Neuerungen daher.
Gelsenkirchener Stadtbezirke erhalten unterschiedliche Budgets – je nach Einwohnerzahl
Zum einen wird das Gesamtbudget von jährlich bislang 200.000 Euro auf nun 265.000 Euro spürbar erhöht: Geschuldet ist dies Corona, denn im Pandemiejahr 2020 fielen die Bezirksforen in den fünf Stadtbezirken aus. „Das von der Politik bewilligte Geld ist aber natürlich nicht verfallen. Wir haben es vielmehr auf die nächsten drei Jahre verteilt, so dass die Bürgerinnen und Bürger ein größeres Budget zur Verfügung haben, um ihr Quartier mit eigenen Ideen mitzugestalten“, erklärte Oberbürgermeisterin Karin Welge.
Konkret: Der Bezirk Mitte mit den Stadtteilen Altstadt, Bismarck, Bulmke-Hüllen, Feldmark, Heßler, Schalke und Schalke-Nord erhält 90.000 Euro, Nord (Buer, Hassel, Scholven) 60.000 Euro, Ost (Erle, Resse, Resser Mark) und West (Horst und Beckhausen) jeweils 40.000 Euro und Süd (Neustadt, Ückendorf, Rotthausen) 35.000 Euro.
Erstmals konnten Gelsenkirchener Ehrenamtliche ihre Ideen digital im Vorfeld einreichen
Wie schon in den Vorjahren ergibt sich der Unterschied der Budgets durch die verschiedenen Einwohnerzahlen. „Es wird kein Bezirk bevorzugt, es gilt schlicht die Devise: Für jeden Bürger, jede Bürgerin ein Euro“, erläuterte Kämmerer Luidger Wolterhoff.
Neu ist zum anderen aber auch, dass Interessierte erstmals ihre Vorschläge digital im Vorfeld (bis zum 4. September) einreichen konnten. „Wir wollten damit auch denjenigen eine Chance eröffnen, am Bezirksforum teilzunehmen, denen ein Besuch der Präsenzveranstaltung im Oktober nicht möglich ist“, so Wolterhoff. „Falls kein anderer Akteur dieser Vorschlagsgruppe vor Ort ist, stellen wir von der Verwaltung die Anregung vor“, so die OB.
Stadt Gelsenkirchen will „unbürokratisch und schnell kleine Dinge möglich machen“
Dass ein ganzer Strauß an Ideen zusammenkommen wird, davon ist Welge nach ihren positiven Erfahrungen der vergangenen Jahre mehr als überzeugt. Die Menschen in den Quartieren seien engagiert und kreativ, so ihr Eindruck, und sie wüssten genau, was gebraucht werde und sinnvoll sei, um die Nachbarschaft zu beleben und Begegnungen zu ermöglichen. „Ich bin mehr als gespannt, welche Ideen in diesem Jahr geboren werden.“
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Es sei nicht nur ihr „ein Herzensanliegen, unbürokratisch und schnell kleine Dinge möglich zu machen“, gerade vor dem Hintergrund der weltpolitisch angespannten Situation. „Wir wollen die Leute animieren und stimulieren, sich weiter zu engagieren. Vielleicht kann die Bezuschussung gerade jetzt besonders helfen, trotz der Inflation und steigender Energiekosten Projekte zu verwirklichen, die sonst so nicht oder nur schwer möglich wären.“
OB Karin Welge wertet bundesweit einzigartiges Format als Dialog mit Bürgern
Sie wertet das Format als „Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern“ auch deshalb, weil die Verwaltung bei den offenen Bürgerversammlungen von Bedarfen erfahre, die ihr so womöglich noch gar nicht bekannt waren.
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„In den vergangenen Jahren waren manche in den Bezirksforen präsentierten Projekte nicht zuschussfähig, etwa weil es sich um kommunale Aufgaben handelte wie Spielgeräte auf Schulhöfen oder eine Garderobe in einer Kita. Aber wir konnten sie dann auf anderem Wege verwirklichen“, berichtete Welge. Oft könne die Verwaltung auch mit Informationen zu anderen Fördermöglichkeiten weiterhelfen.
Stadtspitze lobt Gelsenkirchener Politik, weil sie Entscheidungskompetenz abgibt
Insgesamt zeigte sie sich „durchaus stolz auf das erfolgreiche Format“, das den Zusammenhalt in den Stadtteilen stärke. „Es ist eben nicht so, dass da Verteilungskämpfe ausbrechen und jemand über Ungerechtigkeit klagen würde, weil eine Idee mehr gefördert wird als eine andere. Im Gegenteil: Oft war es so, dass Initiatoren zugunsten einer anderen Anregung zurückgesteckt haben, damit es gerechter zugeht.“
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Im gleichen Atemzug dankte sie der Politik, die ohne große Debatten auf einen Teil ihrer Finanzhoheit verzichte, damit Bürgerinnen und Bürger über die Verteilung von Geldern entscheiden können. „Uns hat so mancher Verantwortliche in anderen Städten schon Respekt gezollt, weil Politiker anderer Kommunen niemals bereit wären, Macht abzugeben“, so die OB.
Die Termine für die fünf Bezirksforen im Oktober
Die fünf Bezirksforen finden an verschiedenen Terminen statt: Montag, 17. Oktober, 18 Uhr, Glashalle Schloss Horst (Bezirk West). Dienstag, 18. Oktober, 18 Uhr, Heilig-Kreuz-Kirche (Bezirk Süd); Mittwoch, 19. Oktober, 18 Uhr, Hans-Sachs-Haus (Bezirk Mitte); Mittwoch, 26. Oktober, 18 Uhr, Hasseler Stadtteilzentrum Bonni (Bezirk Nord); Donnerstags, 27. Oktober, 18 Uhr, Gesamtschule Erle (Bezirk Ost). Eine vorherige Anmeldung ist nicht nötig.
Vorab Vorschläge per Mail einzureichen, war nur bis zum 4. September möglich.