Gelsenkirchen. Was bleibt nach der Aufregung um Welges „Auftrittsverbot“ für Bielendorfer? Vor allem der Eindruck, dass die OB unsouverän mit Kritik umgeht.
Fassen wir den großen Aufreger der zurückliegenden Woche doch noch einmal zusammen: „Lehrerkind“ Bastian Bielendorfer äußert sich vor einigen Wochen in einem Podcast-Interview mit provokanten wie deutlichen Worten über seine Heimatstadt, Oberbürgermeisterin Karin Welge kontert mit ihrem mindestens irritierenden, laut ihr bloß scherzhaft gemeinten „Auftrittsverbot“ - und Emschertainment-Chef Helmut Hasenkox dann mit einem ebenso unglücklichen Satz. Bielendorfer will als Folge seine Zusammenarbeit mit dem Veranstalter beenden. Was bleibt nach alledem?
Nun, wie sehr man Welges Erklärung auch Glauben schenken mag. Vor allem bleibt zurück, dass die Oberbürgermeisterin keinen besonders souveränen Umgang mit Kritik pflegt.
Die schlechtestmögliche Reaktion auf Bastian Bielendorfers Gelsenkirchen-Kritik
Das zeigt sich nicht nur an ihrem „Scherz“ – denn es hätte tausend bessere Möglichkeiten gegeben, Bielendorfers Gelsenkirchen-Kritik öffentlich zu begegnen. Man hätte sie ernst nehmen können, man hätte sie geistreich und konstruktiv kontern können. Oder gar nichts sagen können. All das wäre besser gewesen als ein schlecht gespielter „Witz“, den man der OB als Herrschaftsmissbrauch auslegen kann. Welge hält oft flammende Reden für die Demokratie. Unglaubwürdig klingt sie dabei nicht. Nur sollte sie dann auch keinen Zweifel an ihrer Grundhaltung aufkommen lassen und ihre Comedy-Ader eher auf andere Weise ausleben.
Aber dann ist da ja noch Welges Erklärung zu ihrer Aussage: „Nein, es war kein Fehler. Es war ein Scherz! Und das hat auch jeder, der offen und vorurteilsfrei zugehört hat, genauso aufgefasst“ – so antwortete Welge auf unsere Nachfrage. Das bedeutet: Wer eine gewisse Ernsthaftigkeit in ihrer Aussage erkannt haben will, der muss ihr mit Vorurteilen begegnet sein. Das würde dann auch den WAZ-Mitarbeiter betreffen, der zugehört hat – jemand mit jahrzehntelanger Erfahrung im Lokaljournalismus, der grundsätzlich keinen Anschein erweckt, seinen Gesprächspartnern ihre Aussagen schlechtestmöglich auszulegen. Lediglich schaute er einer vom Volk gewählten Amtsträgerin bei einem öffentlichen Anlass auf die Finger. So wie es seine Aufgabe ist.
Karin Welges Erklärung zeigt einen unsouveränen Umgang mit Kritik
Dass Karin Welge nicht mindestens eingestanden hat, dass ihre Aussage auch hätte missverstanden werden können und sie stattdessen jeden anzweifelt, der den „Scherz“ nicht verstanden hat, das zeigt einen wenig besonnen Umgang mit Kritik. Auch kritische Presseberichterstattung begegnet Welge gerne mit dem Hinweis, man solle eher gemeinsam für die Stadt einstehen, statt diese bloß schlecht zu machen.
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Vielleicht hat die ganze Causa Bielendorf aber am Ende ja doch etwas Gutes. Vielleicht könne aus der Diskussion „etwas Positives erwachsen, ein Impuls, Sachen besser zu machen“ und eine Diskussion darüber entwickelt werden, „was in den letzten Jahren verschlafen wurde“, sagte Bastian Bielendorfer selbst in seinem Statement zu der Sache. Ein konstruktiver Gedanke, den man möglichst wenig „scherzhaft“ verfolgen sollte.