Gelsenkirchen. Karin Welge möchte Bielendorfer nicht mehr auf Gelsenkirchens Bühnen sehen: Die Aussage irritierte. Jetzt erklärt sich die Oberbürgermeisterin.

Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) hat sich zu ihrer umstrittenen Äußerung über den Comedian und Bestseller-Autoren Bastian Bielendorfer erklärt. Auf die Frage, ob die Aussage ein Fehler gewesen sei, teilte sie auf WAZ-Nachfrage mit: „Nein, es war kein Fehler. Es war ein Scherz!“ Dies habe „jeder, der offen und vorurteilsfrei zugehört hat, genauso aufgefasst“, behauptete sie.

Welge hatte bei einer Abendveranstaltung des Heimatvereins Buer am Mittwoch (21. September) gesagt, Bielendorfer sei auf den Bühnen der Stadt im nächsten Jahr nicht erwünscht. „Ich habe dem Helmut Hasenkox (Anm. d. Rdk: Geschäftsführer der Emschertainment GmbH) gesagt, ich möchte nicht, dass der hier im nächsten Jahr noch einen Auftritt hat“, sagte Welge in Richtung des prominenten „Lehrerkindes“.

Der gebürtige Gelsenkirchener und heutige Kölner Bielendorfer selbst hatte zuvor in einem Podcast-Interview kein gutes Haar an seinem Geburtsort gelassen. „Ich kann mir nicht vorstellen, wieder in Gelsenkirchen zu leben“, sagte er unter anderem, der Zustand der Stadt sei „einfach bedrückend“, in den vergangenen 30 Jahren sei hier „alles verschlafen worden“.

Welge reagiert auf Kritik an Bielendorfer-Äußerung: „Absurde Vorwürfe“

Welges Reaktion auf Bielendorfers Kritik hatte schlagartig viele kritische Reaktionen hervorgerufen. Auf den WAZ-Bericht hin meldeten sich zahlreiche, überwiegend empörte Leserinnen und Leser. Von Vorwürfen der Zensur und einem Auftrittsverbot ist darin unter anderem häufiger die Rede. Auch die WAZ kommentierte deutlich: „Es gibt mehr als genug zu tun in und für Gelsenkirchen, Zensur gehört nicht dazu!“

Dass dieser aus Welges Sicht „banale Anlass“ jetzt herhalten müsse, um ihr „allen Ernstes Zensur zu unterstellen, wirkt doch arg konstruiert“, teilte Welge mit. „Das macht mich einigermaßen sprachlos.“ „Absurd“ sei der Vorwurf auch deshalb, weil Bastian Bielendorfer im Dezember wieder in Gelsenkirchen gastiert, „die Oberbürgermeisterin also mitnichten dafür gesorgt hat, dass er hier nicht mehr auftritt.“

SPD-Bezirksbürgermeister Schneider verteidigt Welge: „Man hat mit Comedy auf Comedy geantwortet“

Dominik Schneider, Bezirksbürgermeister im Norden und SPD-Politiker, war am Abend von Welges Äußerung ebenfalls vor Ort – und hat diese als ironischen Kommentar verstanden. „Ernst gemeint war das nicht, das hat man von der Gestik und dem Sprachgebrauch gemerkt“, meint Schneider, räumt aber zugleich ein, dass die Aussage bei anderen Zuhörern auch anders hätte aufgefasst werden können. Die OB habe versucht, in der Sprache des Komikers zu kontern. „Man hat mit Comedy auf Comedy geantwortet.“

Wie sehen das diejenigen, die den Humor in die Politik tragen wollen? Gregor Stein, Stadtverordneter der satirischen PARTEI, findet: „Als Zugezogene hat Frau Welge kein Verständnis für Bielendorfers Selbsttherapie. Humor ist eine ausgezeichnete Bewältigungsstrategie.“ In Anbetracht der Berufswahl Bielendorfers „scheint seine Kindheit in dieser Stadt wirklich schlimm gewesen zu sein“, glaubt Stein - und bezieht sich auf die Aussage Bielendorfers über seine schwere Kindheit an der Emscher. „Statt einem ,Walk of Fame’-Anwärter die Heimat noch madiger zu machen, rate ich Frau Welge zu einem Nachmittag mit Herrn Bielendorfer in der City“.

CDU-Politikerinnen wünschen sich, dass Bielendorfer von OB Welge eingeladen wird

Einen ähnlichen Vorschlag macht Christina Totzeck, Stadtverordnete der CDU. „Die Reaktion der Oberbürgermeisterin fand ich übertrieben und daneben, ob es ironisch gemeint war oder ernst. Ich würde mir wünschen, dass Bastian Bielendorfer von der OB eingeladen wird und sie mit ihm in den Austausch geht.“ Gerade mit jemandem wie Bielendorfer, der „einen anderen Blickwinkel hat, weil er umgezogen ist“, könne der Austausch sehr fruchtbar sein, meint Totzeck, die die Kritik des „Lehrerkindes“ zwar provokant, aber auch anregend fand. „Das ist besser als nur mit Scheuklappen herumzulaufen und so zu tun, als wäre alles gut.“

In der CDU scheint Totzeck mit dieser Meinung nicht alleine zu sein. Auch Unions-Ratsfrau Laura Rosen findet es „unglücklich, die kritische Debatte hinter den Aussagen von Herrn Bielendorfer so weiter zu führen.“ Dabei spiele es keine Rolle, ob Welges Kommentar mit einem Augenzwinkern gemeint sei oder nicht. „Ich denke, den Blick von außen, den Herr Bielendorfer hat, muss man ernst nehmen und der daraus resultierenden Debatte muss er sich dann auch stellen - am besten in Gelsenkirchen.“

Welges Bielendorfer-Konter: Das sagen die Grünen und die FDP

„Die Aussage für sich genommen ist maximal irritierend, weil sie nahe legt, dass die Oberbürgermeisterin in ihrem Amt die Freiheit der Kunst angreift“, teilten die Grünen mit. Sofern es sich um einen Spaß gehandelt habe, so könne man diesen Spaß zwar „geschmacklos“ finden. „Dieser Kontext ändert dann aber in jedem Fall die Intention der Aussage“, so Fraktionschefin Adrianna Gorczyk.

„Natürlich kann die erste Bürgerin der Stadt nicht wie eine Fürstin ein Auftrittsverbot für kritische Bürger verhängen, das wäre höchst undemokratisch“, teilte FDP-Ratsherr Christoph Klug mit. Die FDP-Ratsfraktion vertraue und glaube allerdings der Aussage der Oberbürgermeisterin, dass es sich um eine ironische Bemerkung gehandelt habe. Klug: „Daher appellieren wir auch an alle Beteiligten, sich auf ein Bier zusammenzusetzen und den Sachverhalt vernünftig zu besprechen.“