Gelsenkirchen. Der neue Campus für die Polizeihochschule wird wohl nicht in Gelsenkirchen gebaut. Doch welche Pläne gibt’s nun nach dem Abriss des Zentralbades?
Wo fünf Jahrzehnte lang das Zentralbad stand, ist nun erstmal nichts mehr. Das alte Bad ist abgerissen, die ehemalige Polizeiwache gleich daneben ebenfalls schon vor Jahren. Eigentlich, so hatten es sich Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) und die Stadtverwaltung gedacht, sollte an jener Stelle ein neuer Campus für die Polizei- und Verwaltungshochschule (HSPV) inklusive eines Schwimmbads hochgezogen werden. Doch daraus wird wohl nichts mehr. Wie berichtet hat die Vergabekammer Westfalen jüngst so gut wie alle Vorwürfe zurückgewiesen, die der Projektentwickler für das Gelsenkirchener Modell, Kölbl Kruse, angebracht hatte, um den zuvor zugunsten Hernes getroffenen Entscheid noch zu kippen.
Die letztinstanzliche Entscheidung des Oberlandesgerichts wird zwar erst Anfang 2023 erwartet. Doch angesichts der jüngsten Entwicklungen wäre es eine Überraschung, wenn das Gericht den Beschluss der Vergabekammer Westfalen einkassiert und Gelsenkirchen als HSPV-Standort im Rennen bleibt.
Was geschieht stattdessen mit der ehemaligen Zentralbadfläche? Wie sieht der Plan B der Verwaltung aus, welche Ideen haben die Kommunalpolitiker im Stadtrat?
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Axel Barton, Fraktionsvorsitzender der SPD, glaubt jedenfalls noch an die Zukunft der Polizeihochschule in Gelsenkirchen. Auf Nachfrage erklärt er: „Für uns steht nur eins wirklich fest: Gelsenkirchen ist weiterhin bereit, die HSPV auf dem Gelände des ehemaligen Zentralbads zu bauen. Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass es nicht nur die beste Alternative für das Grundstück, sondern das Grundstück auch ein wirklich guter Standort für die Hochschule ist.“
Unabhängig davon sei es der SPD aber wichtig, dass ein neues Zentralbad schnell errichtet werde. „Es ist gut, dass OB Karin Welge auch hier entschlossen handeln will, um vor allem das Schul- und Vereinsschwimmen im Stadtsüden zeitnah wieder zu ermöglichen“, antwortet Barton, ohne eine Silbe über einen möglichen Alternativplan zu verlieren.
Neue Schwimmbadplanungen von HSPV-Entwicklung lösen
Ähnlich vage lautet auch die Antwort der CDU, die mit der SPD auf Stadtebene koaliert. „Für den Fall, dass sich dort in Zukunft kein Standort der HSPV realisieren lässt, besteht aus unserer Sicht kein Grund zur Sorge, dass eine adäquate Folgenutzung zügig geplant werden kann“, erklärt Fraktionschef Sascha Kurth. Schließlich handele es sich bei der Fläche um ein „Filetstück“.
Das Grundstück, da ist sich Kurth sicher, wäre für Investoren höchstinteressant. „Der Standort wäre für vielfältige Nutzungen wie kombinierte, moderne Wohn- und Büroprojekte sehr spannend“.
Die Frage nach einem neuen Schwimmbad will aber auch Kurth nun losgelöst von der Debatte um die HSPV angehen. „Viele Menschen haben zurecht auch zuerst die Frage im Kopf, wie es nun mit unserem neuen Zentralbad weitergeht. Deshalb werden wir diese Frage jetzt nach der Sommerpause anschieben.“ Zuletzt sprachen sowohl Kurth als auch Lukas Günther von der SPD davon, zwei von der GGW erworbene Grundstücke an der oberen Wilhelminenstraße/Ingridstraße, wenige Meter entfernt vom abgerissenen Zentralbad, für ein neues Bad in den Blick zu nehmen.
Wie die Stadt Gelsenkirchen auf die Frage nach einer Alternativnutzung reagiert
Über alternative Pläne zur Nutzung der Fläche mag auch die Stadtverwaltung bislang nicht öffentlich sprechen. Die Einschätzung, dass die HSPV in Herne gebaut werden soll, teilt die Stadt Gelsenkirchen nicht. „Auch wenn die Vergabekammer zu einer erstinstanzlichen Entscheidung gekommen ist, wird diese Entscheidung derzeit durch das OLG Düsseldorf überprüft. Unserer Kenntnis nach hat das OLG keine Vorfestlegung verlautbaren lassen, so dass das Verfahren bis zu einer Entscheidung offen bleibt“, erklärt ein Sprecher der Stadt.
Nach wie vor sähe die Stadt Gelsenkirchen es „selbstverständlich gern, wenn die HSPV hier bliebe und eine attraktive und städtebaulich herausragende Adresse erhält, die dieser wichtigen öffentlichen Institution, aber auch der exponierten innerstädtischen Lage angemessen ist.“ Das Areal, das man vergleichbar derzeit kaum irgendwo fände – biete der Stadtverwaltung aber „selbstverständlich auch zahlreiche Nutzungsalternativen, die im Falle einer Entscheidung gegen Gelsenkirchen konkretisiert werden können“, heißt es auf Nachfrage.
Auch Gelsenkirchener Grüne finden: Für alternative Überlegungen zur HSPV ist es noch zu früh
Ganz ähnlich argumentieren auch die hiesigen Grünen. So lange keine Entscheidung gefallen und nicht abschließend geklärt sei, wie und wo ein neues Zentralbad genau gebaut werde, sei es für Überlegungen zu alternativen Nutzungen der Fläche noch zu früh, erklärt die Fraktionsvorsitzende Adrianna Gorczyk.
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Die FDP kann sich vorstellen, an Ort und Stelle eine Möglichkeit für Mehrgenerationenwohnungen zu schaffen, wo jung und alt zusammen leben. Ergänzt werden könne dies laut Fraktionschefin Susanne Cichos durch Coworking-Arbeitsplätze und eben einem neuen Schwimmbad, das gemäß des beschlossenen Bäderkonzeptes anstelle des abgerissenen Zentralbades gebaut werden müsste.
Linke Gelsenkirchen können sich Bildungs- und Forschungscampus vorstellen
„Was auf keinen Fall passieren darf, ist, dass die Fläche beispielsweise einfach nur als Parkplatz genutzt wird,“ erklärt Tomas Grohé, Sprecher für Stadtplanung und Bau der Linksfraktion. Für so etwas sei die Fläche viel zu schade. „Wir können uns auch ohne Polizei dort einen Bildungs- und Forschungscampus vorstellen, um dringend benötigte Infrastruktur für kleinere und aufstrebende Forschungsbereiche oder auch Fort- und Weiterbildungen zu schaffen“, so Grohé.
Weitaus kritischer ins Gericht mit der Stadtverwaltung geht AUF. Die linke Splitterpartei sieht sich in ihrer Kritik „an dem voreiligen Abriss des Zentralbades, ohne dass die Stadtverwaltung vorher für adäquaten Ersatz gesorgt hätte“ bestätigt. AUF fordert deshalb die „sofortige Umsetzung des mit breiter Mehrheit beschlossenen Bäderkonzeptes und damit dem Bau eines Sportbades am Standort des ehemaligen Zentralbades“.
Unterstützung erfährt OB Welge hingegen von der Ratsgruppe „Tierschutz hier!“, die sich ebenfalls einen Verbleib der HSPV in Gelsenkirchen wünscht, und „unsere Oberbürgermeisterin gerne dabei unterstützt.“
AfD spottet über Lokalpolitiker und schlägt Berufskolleg vor
Jan Preuß, Fraktionsvorsitzender der AfD, antwortet mit einem, seinem Geschmack nach „humorvollen“ Einstieg auf die Frage nach einer Alternativnutzung: Demnach hätte Gelsenkirchen „sicher den Bedarf für ein Abschiebe-Zentrum für Migranten ohne legalen Aufenthaltsstatus, ein Schulungszentrum für realitätsferne Kommunalpolitiker, eine Sammelstelle für beschlagnahmte Hieb- und Stichwaffen aus dem städtischen Raum oder eine Wärmehalle mit Suppenküche für bedürftige Bürger in den kommenden Wintern.“
„In der Realität“ erscheine für die AfD-Fraktion eine Nutzung im Bildungsbereich als sinnvoll. „Denkbar wäre aufgrund der guten Lage die Einrichtung eines Berufskollegs mit Landesfachklassen für seltene Ausbildungsberufe. Darüber hinaus könnten wir uns ein Ausschreibungsverfahren vorstellen, um einen Ideenwettbewerb über die künftige dauerhaft tragfähige Nutzung dieses Geländes zu eröffnen.“