Gelsenkirchen/Herne. Das Vergabeverfahren um die neue Polizeihochschule wurde überraschend gestoppt. Wird die Schule doch in Gelsenkirchen und nicht in Herne gebaut?

Die Nachricht, dass die neue Hochschule für Polizei und Öffentliche Verwaltung (HSPV) in Herne und nicht in Gelsenkirchen gebaut werden soll, hatte in den beiden betroffenen Rathäusern erwartungsgemäß große Freude auf der einen und große Enttäuschung auf der anderen Seite zur Folge. Die WAZ hatte kürzlich exklusiv berichtet, dass die Entscheidung zugunsten Hernes gefallen sei, was die Frage nach dem Standort für die neue Hochschule angeht.

Aus gut informierten Kreisen hat diese Redaktion jetzt erfahren, dass das Vergabeverfahren nun aber unerwartet gestoppt wurde und die bisherige Entscheidung überprüft wird.

Zunächst große Enttäuschung in Gelsenkirchen, Freude in Herne

Vor allem im Gelsenkirchener Hans-Sachs-Haus stieß das Votum für die Nachbarstadt als Hochschulstandort auf großes Unverständnis. Obgleich sich die Stadtspitze bis heute nicht offiziell zum Thema geäußert hat, da das Vergabeverfahren noch offiziell läuft, war deutlich zu vernehmen, wie groß die Enttäuschung darüber ist, dass die Hochschule nicht in Gelsenkirchen gebaut, sondern auf einer Industriebrache am Rande der Herner Innenstadt errichtet werden soll.

Überzeugt hatte Herne mit dem geplanten Funkenberg-Quartier. Das Quartier soll auf einem 30.000 Quadratmeter großen Areal am Herner Bahnhof im Ortsteil Baukau entstehen, das seit 30 Jahren brach liegt. Früher war dort der Bergbau-Zulieferer Pumpen-Müller zu Hause.

Kölbl Kruse will die Polizeihochschule in Gelsenkirchen bauen

Das renommierte Essener Bauunternehmen Kölbl Kruse hatte hingegen vorgesehen, am bisherigen Standort des Zentralbades und der ehemaligen Polizeiwache Süd in Gelsenkirchen einen modernen Turm zu bauen, wo 4500 Studierende und 200 Mitarbeitende Platz finden sollten. Dort kann eine Netto-Geschossfläche von knapp 20.000 Quadratmetern vorgehalten werden, brutto rund 30.000. Ein Schwimmbad mit einer 50-Meter-Bahn, teilbar in zwei 25-Meter-Flächen, ist im ersten Vorentwurf enthalten.

Dass der Entwurf des Mitbewerbers Hochtief deutlich wirtschaftlicher sein soll, was zu der Entscheidung für Herne geführt habe, daran wurden inzwischen aber Zweifel laut, was nach einem Einspruch durch Kölbl Kruse nach WAZ-Informationen zum Stopp des Vergabeverfahrens geführt haben soll. Jetzt würden die Angebote beider Projektentwickler noch einmal im Detail miteinander verglichen.

Eine klare Aussage darüber, ob die neue Hochschule für Polizei und Öffentliche Verwaltung „auch architektonisch etwas hermachen soll oder nur ein viergeschossiger Bau werden soll, der zwar schnell hochzuziehen, aber nicht ansprechend ist“, erwarten Projektbeteiligte überdies nun vom nordrhein-westfälischen Innenministerium. Das sei schließlich auch ein entscheidendes Kriterium, wenn es um die Frage des wirtschaftlicheren Angebots gehe.

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Die Zentralverwaltung der HSPV, die zumindest noch in Gelsenkirchen-Ückendorf sitzt, hatte auf WAZ-Anfrage jedenfalls am Montag (7.2.) erklärt, dass eine offizielle Entscheidung über den neuen Campus-Standort wahrscheinlich erst in einigen Wochen zu erwarten sei.

Laut Ausschreibung hat das Projekt ein Investitionsvolumen von über 150 Millionen Euro. Der Lehrbetrieb soll bereits am 1. September 2025 starten. Das Land favorisiere ein Mietmodell über 20 Jahre mit gegenseitiger Verlängerungsoption über zehn Jahre. „So ein Projekt kommt nur einmal im Jahrzehnt auf den Tisch“, hatte es bei der Vorstellung der Gelsenkirchener Pläne geheißen, weshalb die Verwaltung um Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) auch alle Hebel in Bewegung zu setzen versprach, um den Hochschul-Neubau in Gelsenkirchen zu realisieren.

Wie man das und den Stopp des Vergabeverfahrens im Herner Rauhaus sieht, bleibt Spekulation. Dort wollte sich auf Nachfrage am Montagnachmittag niemand äußern.