Gelsenkirchen-Horst. Wieso die Polizei Gelsenkirchen bei der Präventionsratssitzung eingreifen musste. Warum ein Anlieger um sein Haus fürchtet. Und was die Stadt tut
Gartenarbeit entspannt, heißt es oft. Was manche Pächter des Grabelands Harthorststraße in Horst-Süd sowie deren Anwohner angeht, so ist da aber offenbar noch Luft nach oben in Sachen Stressabbau: Bei der jüngsten Sitzung des Präventionsrats gerieten einige so heftig aneinander, dass die ohnehin anwesenden Polizeibeamten zur Trillerpfeife greifen mussten, um eine weitere Eskalation zu verhindern.
„Ich musste die Sitzung abbrechen“, zeigte sich der neue Präventionsratsvorsitzende Hans-Georg Kouker noch Tage nach dem Termin irritiert von dem Verhalten einiger Sitzungsteilnehmenden. Dabei war es ihm um eine sachliche Klärung der seit langem schwelenden Probleme auf dem städtischen Gelände gegangen.
Anwohner klagen, dass Grabeland-Pächter in Gelsenkirchen gefährliche Stoffe lagerten
Anwohner beklagen immer wieder eine Vermüllung der Fläche an der Harthorststraße, auf der entgegen vertraglichen Vorgaben teilweise auch brennbare Gegenstände gelagert würden. Nach Stadt-Angaben kam es zwischen Anfang Dezember 2021 bis Mitte April tatsächlich auf acht von insgesamt 28 Grabeland-Parzellen zu Bränden – wahrscheinlich Brandstiftung. „Im Februar explodierte gar eine Gasflasche und flog durch den Garten eines Nachbarn“, berichtet Kouker. [Lesen Sie auch:Feuerteufel unterwegs? Erneuter Laubenbrand in Gelsenkirchen]
Lautstarke Beschwerden über diese Verwahrlosung und die buchstäblich brenzlige Situation waren denn auch der Grund für die Auseinandersetzung bei der Sitzung: Einige Pächter behaupteten, nicht sie hätten den Müll verursacht, sondern Unbekannte, die nachts Transporter auf der Straße entleerten. Auch hätten sie als Pächter nichts mit den Bränden zu tun, vielmehr seien ihnen dabei Schäden in einer Gesamthöhe von mehr als 50.000 Euro entstanden.
Stadt Gelsenkirchen: Auf vielen Parzellen herrschen illegale Zustände vor
Wie Kouker weiter berichtet, forderten sie eine Entschädigung und bezichtigten einen unmittelbaren Anwohner, mindestens einen Brand gelegt zu haben. Weil Kouker fürchtete, der Konflikt könnte in Gewalt ausarten, beendete er die Sitzung.
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Abgehakt ist das Thema damit aber längst nicht: Vor dem Tumult hatte eine Stadtmitarbeiterin aus dem Referat Hochbau und Liegenschaften bestätigt, dass in den vergangenen Jahren von den Grabeland-Nutzenden viele Auflagen missachtet worden seien: Grundstücksgrenzen seien verschoben, illegal Hütten errichtet, die Flächen gar ohne entsprechende Erlaubnis der Stadt mehrfach unterverpachtet worden. Auch der Pachtzins sei teilweise nicht korrekt abgeführt worden.
Verwaltung Gelsenkirchen klärt Pächter über Rechte und Pflichten auf
Zur Beseitigung der Missstände soll nun ein Schreiben der Verwaltung beitragen, das diese vor einigen Wochen an sämtliche 28 Vertragspartner geschickt hat. Darin werden jene über ihre Rechten und Pflichten aufgeklärt: Auf Grabeland dürfen nur einjährige Garten- und Feldfrüchte angebaut werden, Lauben, Ställe und andere Aufbauten sind verboten, ebenso Brunnen und Anschlüsse an Wasser- und Stromleitungen, Tierhaltung und die Lagerung von schadstoffbelastetem oder leicht entzündlichem Material.
Darüber hinaus werden Kontrollen von Stadtmitarbeitenden ohne vorherige Terminabsprache angekündigt. Die Parzellen sollen in einem sauberen Zustand gehalten, Abfälle fachgerecht entsorgt werden – sonst könnten diese fristlos gekündigt werden. Schließlich werden die Nutzenden aufgefordert, bis Ende Mai ihre Parzellen in einem Luftbild einzuzeichnen. Auf Nachfrage der Redaktion kündigt die Stadt überdies an, die Verträge an die tatsächliche Nutzung anzupassen und nicht mehr einen Grabeland-Pachtzins von 0,43 Euro pro Quadratmeter je Jahr zu berechnen, sondern für Gartenland (1,25 Euro).
Anwohner in Gelsenkirchen-Horst fürchtet um seine Sicherheit
Dass die Stadt in der Folge sämtliche Flächen erfassen kann, bezweifelt zumindest ein unmittelbarer Anwohner, der der Redaktion namentlich bekannt ist, aber aus Sorge vor Repressalien anonym bleiben möchte. „Die Pächter haben ganz oft gewechselt. Ich sehe vor dem Grabeland fast nur Autos mit außerstädtischen Kennzeichen.“
Er sieht sich und sein Eigenheim geradezu bedroht: „Dort werden brennbare Stoffe gelagert. Zuletzt gingen Kunststoff-Fenster in Flammen auf, wobei Schadstoffe freigesetzt werden. Einige Funken sind sogar bis in meinen Garten geflogen. Wenn diese das kleine Wäldchen nebenan mit den trockenen Bäumen und Sträuchern getroffen hätten, hätten wir womöglich einen Großbrand gehabt.“ Er hofft nun, dass Stadt, Polizei und KOD wie angekündigt durchgreifen. Darauf setzt auch Präventionsratschef Kouker: „Wir bleiben an dem Thema dran!“
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