Gelsenkirchen-Ückendorf. Gastronomie in Ex-Problemhäusern, ein Kinder-Garten-Paradies auf einem einst öden Hinterhof. So verändert Gelsenkirchen das Ückendorfer Quartier.

Die Verwandlung könnte kaum größer sein. Vor wenigen Jahren war dieses Hinterhofgrundstück ein verwahrloster Ort in Gelsenkirchen. Unansehnlich, vollgestopft mit Müll und Autoschrott. Heruntergewirtschaftete Anbauten und Garagen flankierten noch 2019 eine asphaltiere Fläche. Alles weg, entrümpelt, neu aufgebaut – für die Quartiersoase. Sie ist ein weitere Baustein zur Revitalisierung der Bochumer Straße. Dienstag wurde sie eingeweiht.

Gelsenkirchener Ücky-Leiter: „Diese grüne Oase ist für Kinder ein Hammer“

Diejenigen, für die die Oase vor allem geschaffen wurde, kommen nachmittags Hand in Hand und mit gelben Warnwesten ausstaffiert auf den Hof. Kinder der Moki, der Mobilen Kita und der benachbarten neuen Kindertagesstätte an der Heidelberger Straße sind zur Eröffnung vor Ort. Auch aus dem Ücky, dem nahen Jugendzentrum wird noch Besuch erwartet. „Für die Kinder von der Bochumer Straße ist diese grüne Oase ein Hammer. Für sie ist es ganz wichtig, dass sie hier etwas sehen und erleben können, das sie nicht alltäglich sehen“, sagt Erkan Öztürk, der das Ücky leitet und seit 2009 vor Ort arbeitet. Kinder, meint er, bräuchten so einen Rückzugsraum. Mit Ruhe. Abseits vom Lärm und der Hektik der Straße.

Ein „kleines Paradies“ sei an der Bochumer Straße 110 entstanden – die Bezeichnung fällt häufig an diesem Nachmittag. Kinder, Jugendliche und Nachbarn können hier künftig miteinander gärtnern und ernten. Vereine wie „Werk und Raum“ oder die „Hürdenwellis“ haben im gut 1000 Quadratmeter großen Hinterhof ein Quartier gefunden. Letztere kümmern sich um lädierte und behinderte Wellensittiche. Die Mitstreiter von „Werk und Raum“ haben sich dem Upcycling verschrieben und mit ihren Ideen und handwerklichem Geschick zur Ausstattung beigetragen. Kindgerecht gestaltet wurden Werkzeugraum und Arbeitsplatten. Spaten, Schaufeln, Gießkannen und Arbeitshandschuhe im Miniformat – alles ist vorhanden und einsatzbereit.

Holztore vom Hundertmark-Abriss für die Quartiersoase gesichert

Holztore, die beim Hundertmark-Abriss in Ückendorf gesichert wurden, fanden in der „Oase“ neue Verwendung. Auch das markante, grobe Wegpflaster wurde recycelt. Es durchzieht einen Garten, der Platz lässt für etliche kleine Gemüsebeete, in denen bereits Lauch und Tomaten, Salat und Sellerie gedeihen. Spalierobst wächst an der weiß getünchten Hofwand. Rankhilfen leiten Brombeeren und Himbeeren. Eine Kompostecke und ein Brunnen samt Wasserlauf gehören wie eine solide Sitzgruppe zum Ensemble.

Altes für neue Ideen zu nutzen wie beim Holzwerk oder den Pflastersteinen, das hat für Helga Sander, die Geschäftsführerin der SEG, der Stadterneuerungsgesellschaft Gelsenkirchen, besonderen Charme. Unter der Regie der SEG (ihr gehört die Immobilie) und der Stadt lief der Umbau, mit Fördermitteln aus dem Städtebauprogramm „Investitionspaket soziale Integration im Quartier“ wurde er gewuppt. 450.000 Euro wurden insgesamt investiert. Entstanden ist auch ein lichter, moderner Seminarraum, barrierefreie Sanitäranlagen inklusive.

Der Boden an der Bochumer Straße ist nun buchstäblich bereitet. Auch für Umweltseminare, die das Umweltreferat hier bald für Kinder anbieten möchte. Der Garten wird dann zum Lernort.

Drei neue Gastronomiebetriebe gehen an den Start

Nikoleta Manojlovic und Patrick Raute eröffnen im Haus Reichstein an der Bochumer Straße ihr Café Ütelier. Samstag soll es eine Art „Preview“ geben. „Ab Juni wollen wir dann durchstarten“, kündigt die junge Ückendorferin an, die sich künftig um das Tagesgeschäft kümmern will.
Nikoleta Manojlovic und Patrick Raute eröffnen im Haus Reichstein an der Bochumer Straße ihr Café Ütelier. Samstag soll es eine Art „Preview“ geben. „Ab Juni wollen wir dann durchstarten“, kündigt die junge Ückendorferin an, die sich künftig um das Tagesgeschäft kümmern will. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Am Wochenende, wenn die Kirche Heilig Kreuz mit einem großen Stadtteilfest und viel Musik eingeweiht wird, präsentiert sich auch die Quartiersoase mit ihren Ideen, Vereinen und Initiativen um zu zeigen, was es neben Kultur und Musik noch in Ückendorf zu entdecken gibt. Es wird am 21. Mai nicht die einzige Neuvorstellung sein. Das Gastronomieangebot wird nach langem Vorlauf endlich vielfältiger. Drei neue Lokale wollen ebenfalls eine erste Duftmarke setzen und zeigen, was künftig bei ihnen zu erwarten ist.

Im Haus Reichstein eröffnet das Café Ütelier

An der Bochumer Straße 136 geht das „Julia“ an den Start. Bistroküche und Catering soll es hier künftig geben. Die Saftbar „Djammeh Juices“ wird in Steinwurfweite von Maik Rokittas „1Null7“ entstehen. Dienstag sind die Schaufenster noch verhängt – was auf viel Restarbeit bis zur Eröffnung schließen lässt. Ähnlich sieht es im Haus Reichstein an der Bochumer Straße 114 aus. Bis zur Eröffnung dürften noch Tag- und Nachtschichten für Patrick Raute und seine Partnerin Nikoleta Manojlovic anstehen. Sie realisieren hier den Traum von ihrem „Café Ütelier“ und planen für Samstag eine Art „Preview“.

Die Elektriker werkeln Dienstag noch, die Aufwärmküche muss in Teilen noch angeschlossen werden. Der Thekenbereich im Schankraum wartet auf den Feinschliff, erste Tische und Wandbänke stehen schon. Doch der große Rest ist ein kunterbuntes Sammelsurium aus Tellertürmen und Zimmerpflanzen, Möbeln und Interieur, die alle noch ein festes Plätzchen brauchen.

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Der langgestreckte Gastraum ist groß und beeindruckend. Hinter den bodentiefen Fenstern öffnet sich auch hier ein riesiger, ebenfalls von Anbauten wie einer alten Kegelbahn und Unrat befreiter Hinterhof. Das Grün sprießt wild auf der Brache, die bald auch für Außengastronomie genutzt werden soll. Die Vorzeichen stehen gut für eine weitere Quartiersoase.