Gelsenkirchen-Ückendorf. Für Flüchtlinge und den Zuzug aus EU-Ost wurde die mobile Kita in Gelsenkirchen geschaffen. So hat sich das offene Angebot seither verändert.

In der Sportbude haben die Erzieherinnen Katrin Pothmann und Berna Yaman morgens mit Kinderpflegerin Ibadete Misini den Parcours aufgebaut. Nun lenken sie eine muntere Meute in geordnete Bahnen: Hoch geht es auf der Rampe, weiter über zwei Kästen und eine kurze Balance-Strecke – ehe sich die Kinder auf eine weiche Turnmatte stürzen. Manche mit Strecksprung und anschließender Rolle als kleiner Showeinlage, andere eher mit einem vorsichtigen Hopser.

Wohnwagen-Angebote an den Außenstandorten in Gelsenkirchen

Die kleinen Draufgängerinnen, vorsichtigen Kletterer und coolen Eroberer besuchen die MoKi, die Mobile Kita. Die hat, anders als der Name vermuten lässt, neben den „fliegenden“ Wohnwagen-Angeboten an den Außenstandorten in Gelsenkirchen auch einen festen Platz: Ein früheres Ladenlokal an der Bochumer Straße 94 wurde zum etwas anderen Kindergarten. Lesen Sie auch:Dossier: Was Kinderarmut in Gelsenkirchen bedeutet

Die Sportbude, eine solide ausgestattete Turnhalle für Gruppen, Vereine und Kitas aus dem Quartier, liegt einen Gang weit von der MoKi entfernt. Dort haben die 15 Mädchen und Jungen eine Stunde zuvor noch an Tischchen gefrühstückt, in der Kinderküche gespielt oder die kuschelige Leseecke belagert, ehe die Betreuerinnen auf den kreisrunden Teppich mit den aufgedruckten Obst-Motiven baten. Spielerisch wurde zählen geübt. Der Griff in die Liederkiste hilft den Erzieherinnen: „Ich bin ein dicker Tanzbär“ stimmten sie mit den Kindern an. Deren Tanzgruppe im Kreis wuchs mit jeder Strophe an. Bei „acht“ erlahmte denn doch so langsam die Spielfreude von Malak, Kenan, Ayna, Sahra und Darin, Dilian, Fabian, Ronha & Co. Das Schuhzeug wurde gewechselt – zum Auspowern in der Sportbude. Mit Erfolg: siehe oben… Weiteres Thema:Die Sportbude ist mehr als ein Platz zum Toben

Auf den Zuzug von Menschen aus EU-Südost reagiert

Als tagesoffenes Angebot war die MoKi-Betreuung geplant, als der Zuzug von Menschen aus EU-Südost vor allem in Ückendorf und der Neustadt immens wurde, als 2015 die Flüchtlingswellen auch nach Gelsenkirchen strömten. Attraktive Spiel- und Lernangebote mit Sprachförderung zu verbinden, die Eltern über die Kinder zu erreichen und sie in ihrer Erziehungskompetenz zu stärken oder auch schlicht die Ernährungsgewohnheiten positiv zu steuern, waren Ansprüche, die Gekita als Träger für die mobile Arbeit formulierte. Lesen Sie auch: Projekte in Gelsenkirchen – was hilft gegen Kinderarmut?

Freitags kommen Kinder in die Vorschule

Daran hat sich im Prinzip nichts geändert. Doch nach wilden Anfangszeiten musste die Gelsenkirchener Kindertagesbetreuung in Teilen auf die Bremse drücken. „Wir hatten zeitweise bis zu 50 Kinder hier. Das war dauerhaft nicht machbar. Allein schon aus Sicherheitsgründen. Dann kam die Corona-Zeit, es wurde wichtig, Kontakte nachzuverfolgen“, sagt Sebastian Gerlach (34), der als Sozialpädagoge unter anderem die MoKi-Angebote koordiniert. „Daher mussten schauen, dass wird die Gruppen verfestigen.“

Kurzum: Die MoKi wandelte sich ein Stück weit zur normalen Kita für Kinder von drei bis sechs Jahren mit Betreuungsangebot von montags bis donnerstags, 8.30 bis 12.30 Uhr. „Freitags bieten wir eine Vorschule. Eingeladen sind Kinder von allen unseren Standorten. Das wird ganz gut angenommen“, sagt Gerlach.

Fest verankert im Viertel und eingebunden ins dortige Netzwerk ist die MoKi. Dennoch ist sie auch eine Art Durchgangsstation: Meist bleiben die Kinder nur wenige Monate. „Sie wechseln dann entweder in die Schule oder werden an den Kita-Alltag in anderen Einrichtungen herangeführt, sobald dort Plätze zur Besetzung frei werden. Das kriegen wir gut hin“, findet Gerlach. Zum Sommer werden MoKi-Kids in die Einrichtungen an der Leithe- und der Heidelberger Straße wechseln.

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Aus Ghana und Rumänien, Bulgarien, der Türkei und Syrien kommen die Eltern der MoKi-Kinder an der Bochumer Straße aktuell. Die sprachliche, finanzielle, medizinische oder kulturelle Armut in den Familien war früher größer. „Wir haben gutes Publikum hier“, findet Gerlach. „Und der Bedarf an Kinderbetreuung ist bei allen gleich.“ Weiteres Thema:Zuzug aus EU-Südost: Brückenbauer zwischen den Kulturen

Das MoKi-Team ist flexibel im Einsatz

In den Anfangszeiten der MoKi, erinnert Gerlach, war es beispielsweise längst nicht selbstverständlich, dass Kinder krankenversichert waren. „Das hat sich grundlegend geändert.“ Aber es gibt Themen, die bleiben treu: Eines ist die Gesundheitsvorsorge, dazu zählt „der Zahnarztbesuch bei Kindern“, oft sind es auch Essgewohnheiten, sagt Gerlach – wenn Müttern oder Vätern klar gemacht werden muss, dass Pommes vielleicht nicht die ideale Frühstücksmahlzeit sin. „Das passiert“, sagt Gerlach. „Aber nur noch sehr selten.“

An der Ehemaligenwand haben sich die Kita-Kinder mit ihren Handabdrücken verewigt.
An der Ehemaligenwand haben sich die Kita-Kinder mit ihren Handabdrücken verewigt. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Die ursprüngliche Klientel wird stärker mit den mobilen Angeboten angesprochen, derzeit vor allem im Stadtsüden. „Aktuell sechs Standorte versuchen wir ein- bis zweimal pro Woche von 9 bis 15.30 Uhr zu bespielen.“ Das geschehe auch durchaus gezielt für begrenzte Zeit, so Gerlach. „Wir hatten drei Großfamilien, wo starker Betreuungsbedarf war. Deshalb waren wir für anderthalb Jahre immer wieder in Scholven.“ Mittlerweile seien die Kinder alle versorgt. Weiteres Thema:Armutsmigration: Das ist Gelsenkirchens neue Strategie

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„Unser großer Vorteil ist, dass wir einen Fundus an Projekten und Angeboten haben, die wir vor Ort durchführen können. Und dass unser Team flexibel ist.“ Das gilt auch für das Betreuungs-Trio aus Ückendorf. Werden die Kinder dort abgeholt, haben sie nicht Feierabend: Dann geht es im Außeneinsatz weiter.