Gelsenkirchen. Ein kooperatives Wohnprojekt mit 15 Parteien wartet seit 2018 darauf, dass die Stadt Gelsenkirchen ihr Gelände freiräumt. Nun soll es losgehen.

Knapp drei Jahre nach dem eigentlich geplanten Termin sollen die Kita-Kinder von der Heidelberger Straße endlich in den Neubau an der Bochumer Straße ziehen. Das freut nicht nur die Kita-Kinder und Gekita als Betreiber, sondern vor allem die Mitglieder der genossenschaftlichen Initiative „Heidelbürger“, die seit 2018 Besitzerin des Kita-Geländes an der Heidelberger Straße ist. 15 Parteien – mit und ohne Kinder – wollen dort das Bestandsgebäude für ein Wohnprojekt mit Arbeitsbereichen ausbauen. Baugenehmigungen dafür liegen schon lange vor, doch die Stadt als Mieterin blockierte bislang den Baubeginn. Zum Thema: Kita und Kooperative in der Warteschleife

Stadt: Bauunternehmen hat schlecht und langsam gearbeitet

Zum 15. Mai soll es nun endlich so weit sein, erklärt Stadtsprecher Martin Schulmann auf Nachfrage. Auch die Stadt sei sehr froh, endlich die neuen Räume nutzen zu können. Der Bezugstermin habe so lange auf sich warten lassen, weil das Bauunternehmen zunächst den Baustart stark verzögert habe und anschließend sehr schlecht gearbeitet habe. Es habe zahlreiche Gewährleistungsansprüche aufgrund fehlerhafter Arbeit gegeben, die ebenfalls extrem zögerlich bearbeitet worden seien.

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Ursprünglich war in dem Gebäude neben der Heilig-Kreuz-Kirche an der Bochumer Straße ein katholischer Kindergarten der Propstei St. Augustinus beheimatet. Als die Kirche den Kita-Betrieb 2010 aufgab, überließ sie die Räume kostenfrei der Stadt, die von da an den Kita-Betrieb mit 45 Kindern übernahm. Gekita sollte eigentlich die Einrichtung Mitte 2018 aufgeben und in einen Neubau an der Bochumer Straße ziehen. Eigentlich. Denn trotz bereits 2016 erteilter Baugenehmigung war im Frühjahr 2018 noch kein Spatenstich getan.

Künstler klagt über Kommunikation der Stadt Gelsenkirchen

Im März 2018 kaufte die Kooperative, die sich auf Initiative des Künstlers Christoph Lammert gegründet hatte, das Gelände, um ihr Wohnprojekt „Wohnkumpane“ hier umzusetzen. Die Stadt als Kita-Betreiber mietete für die Zwischenzeit das Gebäude für den Kita-Betrieb, befristet bis zum 31.7.2019. Im Sommer 2019 wurde der Mietvertrag um ein weiteres Jahr verlängert, weil der Neubau nicht vorankam. Doch auch im Sommer 2020 konnte die Stadt kein Umzugsdatum nennen, so Lammert im Rückblick. Allerdings habe es geheißen, es handele es sich nur noch um wenige Monate.

Am Dienstag, 19. April 2022, nun – nach einem erneuten, drängenden Brief der Kooperative an die Stadt – kam der Anruf: Zum 15. Mai könne die Kita endlich umziehen, werde das Gebäude an der Heidelberger Straße 8 freigezogen, kündigte Baurat Christoph Heidenreich an. „Die Kommunikation der Stadt war zwischenzeitlich quasi nicht vorhanden“, klagt Lammert, der bereits fürchtete, dass Genossenschaftsmitglieder wegen der jahrelangen Verzögerung abspringen könnten.

Baukosten für Kooperative durch Verzögerung stark gestiegen

Kreative Initiativen im Quartier

Das Kreativquartier Ückendorf mit Schwerpunkt an der Bochumer Straße entwickelt sich mit zunehmendem Tempo. Zahlreiche Künstler und Initiativen haben sich bereits niedergelassen. Die Umwidmung der Heilig Kreuz Kirche zum spektakulären Veranstaltungsort dürfte noch mehr Besucher in den Stadtteil locken.Festivals wie die „Szeniale“ und „Places“, die Galeriemeile und Projekte wie „Tausche Bildung für Wohnen“ sind im Kreativquartier angesiedelt. Auch das Wohnprojekt der „Heidelbürger“ will sich kreativ im Stadtteil einbringen, vorhandene Akteure noch stärker vernetzen helfen.

Mit Problemen rechnen die Genossenschaftler nun trotzdem. Die Gewerke für die Umbauten waren entsprechend der letzten Vereinbarung mit der Stadt zu einem Umzug spätestens zum 31.3.2022 bestellt und müssen nun neu terminiert werden – in der Hoffnung, dass der Termin diesmal gehalten wird. Mit rund 1,2 Millionen Euro höheren Baukosten durch die jahrelange Verzögerung des Baustarts rechnen die Bauherren jetzt, 3,5 Millionen Euro sollen insgesamt in das sozial vernetzte Projekt investiert werden. Einige der neuen Bewohner sind bereits jetzt im Kreativquartier Ückendorf engagiert, andere planen jedoch auch ihre Umsiedlung aus anderen Städten.