Gelsenkirchen. Rund um die Kita an der Rheinischen Straße in Gelsenkirchen wächst der Frust. Warum die Wasserschaden-Kita noch ein Jahr geschlossen bleibt.
Damals, im vergangenen Jahr, als alles anfing, haben sie noch alles mitgetragen – einen Umzug, das Eingewöhnen in neue Räumlichkeiten, weitere Fahrtwege. Doch nun ist für viele Eltern eine Grenze erreicht: Das Gebäude der Gelsenkirchener Kindertagesstätte Rheinische Straße ist seit Mai 2020 nicht mehr nutzbar. Ein Wasserschaden und weitere Schäden sind der Grund. Eigentlich sollte der Betrieb im Juni dieses Jahres dort wieder anlaufen. Doch jetzt werden Kinder, Eltern und Erzieher weiter vertröstet – auf das Frühjahr 2022.
Schließung von Kita: Viele Eltern sind nur noch wütend und fassungslos
„Viele der Eltern sind nur noch wütend und fassungslos, es herrscht keine gute Stimmung“, berichtet Jennifer Dahmen, Vorsitzende des Elternbeirates der Kita. Einige würden sogar über Kündigungen nachdenken. Über ein dreiviertel Jahr sei nichts passiert, Informationen über den Stand der Dinge habe es kaum gegeben. „Anfang Dezember kam das letzte offizielle Schreiben der Stadt“, so Jennifer Dahmen.
Auch ein Punkt, den die Kita-Elternschaft kritisiert: mangelnde Transparenz. „Aus Sicht des Elternbeirates Rheinische Straße gibt es kein sichtbares und transparent kommuniziertes Konzept zu den Sanierungsmaßnahmen und den bevorstehenden Arbeiten“, heißt es in einem Schreiben des Elternbeirates an das zuständige Referat Hochbau und Liegenschaften der Stadt.
Logistischer Aufwand durch zusätzliche Fahrten ist für die Eltern enorm
Ortstermin an der Rheinischen Straße, mitten im Quartier: Die Kita liegt zentral, drumherum eine größere Siedlung mit Einfamilienhäusern, dazu viele Mehrfamilienhäuser. Gerne werden die meisten Kinder zu Fuß gebracht. Liegt ja auch nahe. Doch seit Mitte 2020 müssen viele der Eltern weitere Wege in Kauf nehmen. Teilweise ein großes Problem, das Jennifer Dahmen und Melissa Raatz als Elternbeiräte anführen.
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Der logistische Aufwand durch zusätzliche Fahrt- und Wegestrecken sei enorm und für viele Eltern kaum zu stemmen, schreiben sie in ihrem Brief. Viele Eltern würden gar kein Auto besitzen, oder seien nicht mobil und hätten sich aus genau diesen Gründen für die für viele als fußläufig zu erreichende Kindertagesstätte entschieden. Die insgesamt 105 Kinder sind seit Monaten auf vier Ausweich-Einrichtungen verteilt. „Da kommen auch schon mal 20 Minuten Fahrtstrecke zusammen“, erläutert Melissa Raatz.
Hinter der gefühlt unendlichen Geschichte steht auch ein Wasserschaden
Doch was steckt eigentlich hinter dieser gefühlt unendlichen Geschichte? Bereits im Februar 2020 habe es, so Jennifer Dahmen und Melissa Raatz, einen Wasserschaden an einer der Außenwände des Gebäudes gegeben. Dann kam Schimmelbefall hinzu. Mitte 2020 war eine Nutzung nicht mehr möglich. Das erst vor zehn Jahren hochgezogene Gebäude – ein Sanierungsfall. Oder, wie Stadtsprecher Martin Schulmann sagt: „Das liegt schon kurz vor dem Totalschaden“.
Ein erstes Gutachten wurde in Auftrag gegeben – dann begann das lange Warten. „Das zu Beginn beauftragte Sachverständigenbüro kam (...) mehrfachen Aufforderungen zur Übermittlung eines aussagekräftigen Sanierungskonzeptes sowie eines entsprechenden Angebots für eine weitere gutachterliche Begleitung der Sanierungsmaßnahmen nicht nach“, lautet es in einer Elterninformation des Kita-Trägers GeKita, das den Eltern erst vor wenigen Tagen zugestellt wurde und auch der Redaktion vorliegt. GeKita ist nicht nur Träger der Einrichtung, sondern auch Mieter des Gebäudes. Eigentümer ist die Stadt. Gängige Praxis, wie Stadtsprecher Martin Schulmann sagt. Dass der Sachverständige einfach abtaucht, wohl eher nicht.
Ein weiteres Problem, warum es laut Stadt zu den Verzögerungen kam: Der Schaden konnte lange nicht gefunden werden. Bis die Ursache des Wasserschadens entdeckt wurde – das defekte Dach und eine nicht richtig abgedichtete Wasserleitung – gingen Wochen ins Land.
Die Kosten der Sanierung belaufen sich auf 1,4 Millionen Euro
Ein neuer Gutachter wurde beauftragt – im Februar 2021, wie aus dem Schreiben hervorgeht. Und er hat schnell eine Empfehlung abgegeben: eine „umfangreiche mikrobielle Sanierung der gesamten Fußbodenkonstruktion, der angrenzenden Feuchteeinwirkungsbereiche sowie des Bereichs der Fallrohrleitungen in Form eines Rückbaus“.
Im Grunde sei das, so Schulmann, nahe einer Kernsanierung. Die Kosten belaufen sich auf 1,4 Millionen Euro inklusive der Dachsanierung. Doch bevor es so richtig los gehen kann, müssen noch die notwendigen Beschlüsse in den politischen Gremien eingeholt werden. „Das alles ist sehr unglücklich und extrem unerfreulich gelaufen. Normalerweise darf so etwas bei einem so neuen Bau nicht passieren“, so Schulmann. Hinzu kommt: Die Frist für die Gewährleistung ist nach all der Zeit ebenfalls abgelaufen. Bedeutet: Die Stadt kann keine Ansprüche mehr geltend machen.
Abschluss der Arbeiten wird voraussichtlich erst im Frühjahr 2022 sein
Der avisierte Beginn der Arbeiten lautet August 2021. Aufgrund des „umfangreichen Sanierungsaufwands“ könne nach jetziger Einschätzung eine Betreuung an der Rheinischen Straße erst mit Abschluss der Arbeiten im Frühjahr 2022 wieder stattfinden – so die Info an die Eltern.
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„Es geht doch hier um die Kinder, die so schnell wie möglich in ihre Einrichtung zurück wollen“, reagieren Jennifer Dahmen und Melissa Raatz verständnislos. Da müsse doch alles daran gesetzt werden, dass die Baumaßnahmen sofort beginnen. Damit es sich nicht noch länger zieht, besonders und gerade in einem Pandemie-Alltag, der für so viele Familien auch absolute Belastungsprobe ist.
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