Gelsenkirchen. Immer mehr Haushalte in Gelsenkirchen interessieren sich für Wärmepumpen. Aber es ist schwierig, den Bedarf zu bedienen - und manchmal falsch.

  • Der Ukraine-Krieg sorgt dafür, dass immer mehr Haushalte in Gelsenkirchen Abstand von ihrer Gasheizung nehmen wollen. Die beliebteste Alternative: Wärmepumpen.
  • Derzeit sind in Gelsenkirchen über 700 Wärmepumpen-Anlagen gemeldet. Der Bund will die Zahl deutschlandweit von aktuell einer Million auf sechs Millionen bis 2030 erhöhen.
  • Nur ist es sowohl für Heizungsbauer als auch für Energieberater schwierig, die Nachfrage zu bedienen – wegen Lieferschwierigkeiten und fehlender Fachkräfte.

Der Krieg in der Ukraine und die Diskussion um ein Lieferstopp für russisches Gas sorgt in Gelsenkirchen für ein deutlich gesteigertes Interesse an Wärmepumpen als Alternativ-Heizsysteme. Das berichten sowohl Energieberater als auch Fachbetriebe. „Wir werden überrollt mit Anfragen, seit dem Ukraine-Krieg ist es exorbitant nach oben geschnellt“, sagt Martin Rüsel, Vize-Obermeister der Innung für Sanitär, Heizung und Klima (SHK) – und bestätigt damit, was Norbert Mohr, Energieberater der Verbraucherzentrale, erlebt. „Viele Leute wollen sich nicht erst mal nur beraten lassen, sondern am liebsten sofort loslegen.“

Wärmepumpen in Gelsenkirchen: Lange Wartezeiten für Einbau und Beratung

Dabei sind sich die Experten einig: Eine unüberlegte Anschaffung der Systeme, die Wärme aus dem Erdreich, dem Grundwasser oder der Luft generieren können und mit Strom betrieben werden, könne auch schnell nach hinten losgehen und für böse Überraschungen auf der Stromrechnung sorgen. Die Beratung sei deshalb das A und O.

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„Die Wärmepumpe ist kein Allheilmittel für jede Immobilie, manche sind mit einer neuwertigen Gasbrennwerttherme ebenfalls sehr gut aufgestellt“, sagt Heizungsbauer Rüsel und macht darauf aufmerksam, dass idealerweise eine Fußbodenheizung und gute Dämmung vorhanden sein sollte, damit das Gerät effizient arbeitet. Gerade die Dämmung ist laut Energieberater Mohr ein oft unterschätzter Faktor: „Für den Einsatz einer Wärmepumpe ist eine moderate Vorlauftemperatur sinnvoll. Und die kann über die Dämmung erreicht werden.“

Norbert Mohr, Energieberater der Verbraucherzentrale in Gelsenkirchen: „Wer auf Teufel komm raus eine Wärmepumpe haben möchte, kann falsche Entscheidungen treffen.“
Norbert Mohr, Energieberater der Verbraucherzentrale in Gelsenkirchen: „Wer auf Teufel komm raus eine Wärmepumpe haben möchte, kann falsche Entscheidungen treffen.“ © Oliver Mengedoht / FUNKE Foto Services

Doch auch wenn die Voraussetzungen in der Immobilie gut sein sollten, heißt das nicht, dass es schnell zu einem Einbau kommt. „Wir können, wir wollen – aber viele Hersteller haben weiterhin enorme Lieferschwierigkeiten“, sagt SHK-Innungsvize Martin Rüsel. Man müsse sich deswegen auf mehrere Monate einstellen – was manche Hausbesitzer dann auch wieder dazu bringe, von einem bereits geschriebenen Angebot Abstand zu nehmen. „So macht man auch viel Arbeit für die Katz.“

Auch die Wartelisten für eine Initialberatung durch Profis der Verbraucherzentrale seien enorm lang, sagt Norbert Mohr, der telefonisch oder digital versucht, möglichst viele Fragen vor der detaillierteren Energie-Beratung zu klären (0209 157603-77). Ziel sei es, noch mehr Seminare zum Thema Wärmepumpen und Co. anzubieten, um mehrere Leute mit ähnlichen Fragen auf einmal bedienen zu können.

Sechs Millionen Wärmepumpen in Deutschland bis 2030: Viele Monteure fehlen

Die ELE Verteilnetz GmbH teilt auf Nachfrage mit, dass am 31. März in Gelsenkirchen knapp über 700 Wärmepumpen-Anlagen gemeldet waren. Der Bund will aus den derzeit rund eine Million Wärmepumpen in ganz Deutschland bis zum Jahr 2030 sechs Millionen machen. Zumindest scheinen viele Hausbesitzer nun, unter dem Eindruck des Krieges in Osteuropa, mit auf diesen Weg gehen zu wollen.

Aber sind überhaupt genug Monteure da, um das Klimaziel und die bereits stark gestiegene Anfrage zu bedienen? Und bleibt den Monteuren da überhaupt Zeit, ihre Mitarbeiter zu schulen? Denn viele Heizungsbauer sind schließlich vor allem routiniert, wenn es um den Einbau von Gasheizungen geht.

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„Wenn es sich um einen Innungsbetrieb handelt, dann kann man davon ausgehen, dass die Mitarbeiter auch entsprechend geschult werden“, versucht SHK-Innungsvize Martin Rüsel zu beruhigen. „Die Wärmepumpe ist ja auch kein neues System, man kennt sie seit den Achtzigern – und viele Betriebe schulen jetzt nach.“ Doch ob gut geschult oder nicht: Der Fachkräftemangel ist auch für die Heizungsbetriebe ein Problem. Wolle man das Wärmepumpen-Ziel erreichen, benötige der Markt rund 60.000 zusätzliche Monteure, heißt es aus dem SHK-Zentralverband.

Stadt Gelsenkirchen sieht viel Potenzial in der Fernwärme

Die Stadt finanziert eine Energieberater-Stelle bei der Verbraucherzentrale über Landesmittel – hat darüber hinaus aber wenig Mittel, um dem Einbau von Wärmepumpen in Privatimmobilien anzustoßen, wie Gelsenkirchens Klimaschutzbeauftragter Armin Hardes erläutert. Er macht jedoch auf eine weitere Alternative aufmerksam: „Wir sehen ein wichtiges Handlungsfeld bei der Fernwärme – und da haben wir mit der ELE, mit Uniper und Steag gleich drei Versorger. Es macht Sinn, sich dort anzuschließen, wo wir Fernwärmeleitungen haben. Gerade wenn man keine Fußbodenheizung hat, bietet sich das mehr an als eine Wärmepumpe.“ Lesen Sie auch: BP und Uniper planen millionenschweres Fernwärme-Projekt

Wärmeplanung der Stadt

In Baden-Württemberg sind Kommunen nun verpflichtet, eine Wärmeplanung mit einer systematischen Analyse des Wärmebedarfs vor Ort und Maßnahmen, wie diese komplett mit erneuerbaren Energien gedeckt werden können, aufzustellen.

Hier will die Stadt Gelsenkirchen nach Angaben des Klimaschutzbeauftragten Armin Hardes auch mit dem Klimakonzept 2030/2050 ansetzten, das derzeit erarbeitet wird. Vorarbeit geleistet wurde bereits 2014 mit dem „Integrierten Wärmenutzungskonzept Gelsenkirchen“, mit dem Potenziale für eine klimafreundlichere Wärmeversorgung ausgeleuchtet wurden.