Gelsenkirchen. „Es ist ein Trauerspiel“: Ein Gelsenkirchener Rehazentrum will PCR-Schnelltests für Kitas und andere anbieten, aber zu viel steht im Weg.

  • Das Rehazentrum „Come Back“ am Nordring in Gelsenkirchen hat sich ein sogenanntes PoC-NAT-Testsystem angeschafft und würde es gerne verwenden, um etwa für Kitas PCR-Schnellanalysen durchzuführen.
  • Aber die Genehmigung dafür erhält der Anbieter nicht. Grund dafür ist eine Landesverordnung, die es etwa nur Ärzten, Apothekern und Hilfsorganisationen erlaubt, die Tests durchzuführen und auch abzurechnen.
  • Die Stadt hingegen sieht sich bereits gut genug aufgestellt mit den 230 Schnelltest-Stellen in Gelsenkirchen und sieht keinen großen Bedarf für ein PoC-NAT-Angebt.

Es klingt wie eine Option, die insbesondere vielen Eltern angesichts der immens hohen Infektionszahlen bei den Jüngsten etwas mehr Sicherheit zurückgeben könnte: PCR-Schnelltests, etwa vor Kitas oder auf Schulhöfen. Leisten könnten diese Schnellanalysen sogenannte PoC-NAT-Testsysteme. Ein solches, mehrere Tausend Euro teures Gerät hatte sich Peter Friedrich für sein Rehazentrum „Come Back“ am Nordring angeschafft – „um unserem Team schnell Gewissheit zu geben“, wie er sagt. Nur wäre es nicht auch möglich, das Gerät auszulasten, um der Allgemeinheit, insbesondere den Kleinsten, PCR-Ergebnisse vor Ort in 15 bis 30 Minute zu liefern – gerade in Zeiten, in denen tagelang auf Testergebnisse gewartet werden muss und wegen überlasteter Labore sogar die Analysen von Schülertests ausgesetzt wurden? Zu seinem Bedauern musste Friedrich feststellen, die Antwort auf diese Frage lautet: Nein.

„Trauerspiel!“: Klage über bürokratische Blockaden für PCR-Schnellanalysen

Über die Pläne des Rehazentrums berichtete die WAZ erstmals Ende Januar. Zu diesem Zeitpunkt lag offenbar ein Missverständnis vor: Die Stadt verstand die Genehmigungsanfrage von „Come Back“ nach eigener Aussage als Anfrage für ein weiteres Schnelltestzentrum, von denen es inzwischen 230 Stück in Gelsenkirchen gibt. Als deutlich wurde, worum es dem Rehazentrum, das bereits ein Schnelltest-Zentrum betreibt, eigentlich geht, versicherte Krisenstabsleiter Luidger Wolterhoff, die Sachlage erneut zu prüfen.

Doch jetzt, rund zwei Wochen später, wurde die Hoffnung von Peter Friedrich und seinem Mitarbeiter Dennis Hallmann, der sich vor allem für die Genehmigung ins Zeug legte und eine Mail nach der anderen schrieb, vollends beerdigt. Sie beide finden: Bürokratie und Verordnungen verhindern praktische Lösungen, die in der pandemischen Ausnahmesituation schnell vielen Leuten helfen könnten. „Es ist ein Trauerspiel!“

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Trotz Wolterhoffs zunächst optimistisch stimmender Worte verwies man Hallmann nach seiner erneuten Anfrage an die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). Dort sei man eigentlich zuständig, hieß es. Von der KVWL erhielt Hallmann dann allerdings schnell eine ernüchternde Antwort: Die Diagnostik mittels PoC-NAT-Testsystem könne nur von Gesundheitsämtern, Arztpraxen, Zahnarztpraxen, Laboren sowie Rettungs- und Hilfsorganisationen durchgeführt und abgerechnet werden.

Rehazentrum darf keine PoC-NAT-Tests durchführen – obwohl System „kinderleicht“ zu bedienen ist

„Warum sollen wir als Rehazentrum mit medizinisch geschultem Personal weniger geeignet sein, so ein Testsystem zu bedienen, als etwa ein Zahnarzt oder eine Hilfsorganisation?“, ärgert sich Hallmann. Zudem, so ergänzt sein Chef, sei die Bedienung des Geräts „kinderleicht“. Was ihn besonders stört: Die Antigen-Schnelltests traut man jedem zu, der eine Kurzschulung absolviert hat, medizinische Fachkenntnis ist nicht mal ein Kriterium, das bei der Genehmigung von Teststellen eine Rolle spielt. Warum, fragt Hallmann, wird bei den PoC-NAT-Tests so ein Unterschied gemacht?

Peter Friedrich, Geschäftsführer des Reha-Zentrums „Come Back“: „Die Bedienung des PCR-Schnellanalyse-Systems ist kinderleicht.“
Peter Friedrich, Geschäftsführer des Reha-Zentrums „Come Back“: „Die Bedienung des PCR-Schnellanalyse-Systems ist kinderleicht.“ © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Gesundheitsdezernentin Andrea Henze versicherte Hallmann nun, noch einmal beim Landesgesundheitsministerium nachzufragen, ob nicht auch Ausnahmeregelungen herangezogen werden könnten. Die Antwort dauerte dieses Mal etwas länger, aber für „Come Back“ resultierte sie nicht weniger in Frust: Berechtigt sind nur jene Leistungserbringer, die in der Corona-Testverordnung des Landes genannt werden.

Stadt Gelsenkirchen: 230 Bürgertest-Stellen reichen aus

Die Verordnung wird die Stadt nicht ändern können – aber ist sie damit zufrieden? Gesundheitsdezernentin Andrea Henzel jedenfalls hat Verständnis dafür, dass die PoC-NAT-Testung nur auf bestimmte Professionen beschränkt ist. Etwa wüssten die entsprechenden Leistungserbringer eher, wie im Falle falsch positiver Tests zu verfahren sei. Auf die Frage, ob die Stadt grundsätzlich mehr PCR-Schnelltest-Stellen begrüßen würde, verweist die Dezernentin auf das dichte Netz an Bürgertest-Stellen: „Ich glaube, mit der aktuellen Testkapazität von 230 Schnellteststellen ist eine ausreichende Sättigung erreicht.“ Dieses Testangebot sei – auch wenn es dabei nicht um PCR-Tests gehe – ausreichend. Es würden mittlerweile 17.000 bis 22.000 Schnelltests pro Tag stattfinden, 35.000 Tests könnten maximal pro Tag erfolgen.

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Aber, das betont Henze, es gebe es ja noch die Möglichkeit, die Schnelltests-PCRs als sogenannte Selbstzahler zu vermarkten. Wer möchte, könnte sich also kostenpflichtig dort testen lassen – allerdings wäre es „Come back“ dann nicht erlaubt, ein Zertifikat mit den Ergebnissen der Testung auszustellen. Die Ergebnisse hätten also keinen Nutzen im Hinblick auf die Freitestung aus der Quarantäne oder den Genesenachweis.

Genau jene Leistung bietet „Come Back“ mittlerweile auch externen Firmen an, selbst Kliniken hätten mittlerweile angefragt. Den eigentlichen Wunsch, die PCR-Schnelltests (zirka 30 pro Stunde) breit für Kinder einzusetzen, musste das Reha-Team aber nun fallenlassen. „Und währenddessen“, sagt der dreifache Vater Dennis Hallmann aus der Quarantäne, „werden die Eltern und Kinder weiter einem Infektionschaos und belastenden Stress ausgesetzt, der absolut nicht mehr tragbar ist.“

Fast so gut wie herkömmliche PCRs

Die Spezifität, also die Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich Gesunde nicht an der betreffenden Erkrankung leiden, reicht bei PoC-NAT-Tests im Allgemeinen „fast an die Spezifität von PCR-Tests heran“, heißt es aus dem Bundesgesundheitsministerium. Minister Karl Lauterbach (SPD) plant deshalb eigentlich, jene Testsysteme im größeren Umfang einsetzen zu lassen. Dem gegenüber steht allerdings die aktuelle Testverordnung des Landes, die erst im Januar so verändert wurde, dass nur noch Leistungserbringer bestimmter Professionen die Tests abrechnen lassen können. Warum dies so ist, konnte das Land bislang nicht erklären.