Gelsenkirchen. Seit 20 Jahren unterstützt in Gelsenkirchen die Arche Noah Familien mit schwerstkranken Kindern. Das Kinderhospiz wirbt für mehr Verständnis.

Das eigene Kind unheilbar krank und leidend zu sehen, und zwar ohne wirkliche Aussicht auf Besserung: Das ist das Schlimmste, das Eltern sich vorstellen können. Der „Tag der Kinderhospizarbeit“, in diesem Jahr am Donnerstag, 10. Februar, soll das Bewusstsein für deren Not schärfen. Ein Aktionstag fällt 2022 pandemiebedingt aus, in Gelsenkirchen machen grüne Flaggen am Hans-Sachs-Haus auf das Thema aufmerksam.

Seit 20 Jahren ermöglicht die Arche Noah Familien, wieder Kraft zu schöpfen

Kinderhospizarbeit und Kurzzeitpflege für Kinder und Heranwachsende mit schwersten, lebensbeeinträchtigenden Erkrankungen bietet die Arche Noah in Ückendorf Familien seit nun zwei Jahrzehnten an. Vor 20 Jahren – genau genommen 20,5 Jahren – fanden hier die ersten Arche-Gäste ein Zuhause auf Zeit, ihre Familien offene Ohren, Entlastung und Verständnis.

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Mehr Verständnis für ihre Situation in der Gesellschaft vermissen die betroffenen Familien bis heute. Dass sie ihr schwerstkrankes Kind, das bald sterben könnte, vorübergehend in „fremde“ Obhut geben, damit sie und ihre gesunden Kinder neue Kräfte für die emotional und körperlich so erschöpfende Pflege sammeln, stößt noch immer bei vielen auf Ablehnung. „Leider“, erklärt Pflegedienstleiterin Anja Dörner. „Das Wichtigste für das Wohl der kranken Kinder ist, dass die Familie stabil bleibt. Und dafür braucht sie Unterstützung – die wir ihnen bieten.“

Ehrenamtlerin: „Man bekommt so viel zurück von den Kindern“

Neben dem angestellten Team unterstützen ehrenamtliche Kräfte die Arbeit im Hause. Anja Mertins-Krebs ist eine von ihnen. Die 53-Jährige ist gelernte Erzieherin, hat in verschiedensten Einrichtungen gearbeitet, engagiert sich auch als Sterbebegleiterin und hilft seit 2018 in der Arche bei der Betreuung. „Man bekommt so viel zurück von den Kindern, das ist wirklich bereichernd“, versichert sie, während sie den kleinen Elias (9) streichelt und schaukelt, beruhigend mit ihm spricht.

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Der Junge kann sich nicht bewegen, ist nach einem Unfall als Kleinkind schwerst entwicklungsverzögert, kann kaum eigenständig abhusten und benötigt bei allem Unterstützung. Neben der Erzieherin kümmert sich Jutta Heidel (66) um einen zweijährigen Gast des Hauses. Die gelernte Sozialarbeiterin war im Sozialdienst in Kliniken tätig, nach der Pensionierung stand für sie fest, dass sie sich ehrenamtlich engagieren will. Sie entschied sich für die Arche, zur Freude des Teams.

Vernetzt in ganz NRW

Förderverein finanziert viele Extras

Die Arbeit der Arche Noah wird seit Beginn vom Förderverein Kinderhospiz Gelsenkirchen e.V. Arche Noah unterstützt. Er finanziert nicht nur zwei ergänzende Vollzeitpflegekräfte in der Einrichtung, sondern auch zahlreiche Extras, die von Krankenkassen oder auch dem Träger, der Marienhospital Gelsenkirchen GmbH, nicht bezahlt werden.

Spenden an den Verein sind steuerabzugsfähig. Wer spenden mag, kann dies bei der Sparkasse Gelsenkirchen tun über BIC WELADES1GEK, IBAN DE 91420500010101143133 oder bei der Volksbank Ruhr Mitte, BIC GENODEM1GBU , IBAN DE55 422600010104999000.

Auch ehrenamtliche Unterstützer sind in der Arche jederzeit willkommen. Informationen gibt es für Interessierte unter Telefon 0209 172-2000.

Zwischen fünf Tagen und drei Wochen ist die normale Aufenthaltsdauer der Gäste im Kinderhospiz. Aber nicht nur sie werden hier liebevoll umsorgt, auch für die Eltern und Geschwister gibt es individuelle Angebote. Wenn nicht vor Ort, dann gibt es Empfehlungen für Unterstützung in der eigenen Kommune. Schließlich kommen die Arche-Noah-Bewohner aus ganz NRW. „Wir sind sehr vernetzt, können jeweils auch Angebote in anderen Städten vermitteln.“

Pflegedienstleiterin Anja Dörner (links) und die stellvertretende Bereichsleiterin Alina Schmitt werben auch anlässlich des Kinder-Hospiztages am Donnerstag, 10. Februar, um mehr Verständnis für die Eltern betroffener Kinder und deren Geschwister, die die Auszeit nutzen.
Pflegedienstleiterin Anja Dörner (links) und die stellvertretende Bereichsleiterin Alina Schmitt werben auch anlässlich des Kinder-Hospiztages am Donnerstag, 10. Februar, um mehr Verständnis für die Eltern betroffener Kinder und deren Geschwister, die die Auszeit nutzen. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

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Was sich im Laufe der Jahre stark verändert habe und noch weiter verändern werde, sei der unbedingte Blick auf die ganze Familie, der anfangs weniger ausgeprägt gewesen sei. „Wir arbeiten ganzheitlich. Die Eltern sind die Experten für ihre Kinder, davon gehen wir aus, darin unterstützen wir sie und ergänzen nur mit pädagogischen und pflegerischen Unterstützungsmöglichkeiten“, schildert Anja Dörner. Auch gesunde Geschwisterkinder, die oft im Hintergrund bleiben, werden hier gezielt unterstützt. Gruppenangebote könne es in dem Bereich nicht geben, jede Familie habe individuelle Bedarfe, die man erfüllen wolle. Für einiges brauche man allerdings mehr geeignete Räumlichkeiten, was nun angegangen werden soll. [Lesen Sie auch:Kinderhospiz sorgt sich um Geschwisterkinder]

„Wir sind kein Haus des Sterbens, sondern des Lebens“

„Es gibt Familien, die wir seit 20 Jahren kennen, und die über viele Jahre mit ihren Kindern immer wieder bei uns waren und weiter Kontakt halten. Es gibt aber auch Einzelfälle, wo die Kinder sehr schnell und unerwartet hier sterben. Generell sind wir aber kein Haus des Sterbens, sondern des Lebens“, betont die stellvertretende Bereichsleiterin Alina Schmitt. Und wenn es absehbar in eine finale Phase gehe, stehe das Team immer bereit, um rund um die Uhr Eltern und Kind zur Seite zu stehen, versichert sie. Für das 25-köpfige Team mit pädagogischen und pflegerischen Kräften, die bis zu 14 Arche-Gäste betreuen, stehe das Miteinander im Vordergrund, zwei von ihnen sind seit dem ersten Tag bereits dabei.