Gelsenkirchen. Das Gelsenkirchener Kinderhospiz Arche Noah appelliert am bundesweiten Aktionstag, auch die gesunden Geschwister im Blick zu behalten.

Mia (19) macht gerade ihre Zwischenprüfung als Schornsteinfegerin. Dass sie ihren Weg mit Abitur und Ausbildung so gerade gehen konnte, hat sie auch der Unterstützung des Gelsenkirchener Kinderhospizes Arche Noah zu verdanken. Ihr kleiner Bruder Julius erkrankte als Dreijähriger unheilbar, genau im Jahr ihrer Geburt.

Ganze Familie in Atem gehalten

Sieben Jahre lang, bis zu Julius’ Tod, hielt die Krankheit des Bruders die gesamte Familie in Atem. Auszeiten gab es zwischenzeitlich immer wieder mit Unterstützung der Arche Noah. „Schattenkinder“ nennt die Wissenschaft diese Kinder, die im Schatten ihrer schwerstkranken Geschwister aufwachsen.

Um diese Schattenkinder und deren Eltern geht es in diesem Jahr beim bundesweiten Aktionstag zur Kinderhospizarbeit am Mittwoch, 10. Februar. Anja Dörner, Leiterin der Arche, weiß um das Leid der ganzen Familie, wenn ein Kind unheilbar krank und schwerst pflegebedürftig ist: „Unser Appell gilt aber nicht nur den betroffenen Familien, sondern vor allem der Gesellschaft. Mia hat uns erzählt, dass sie Raum braucht für ihre Geschichte, auch außerhalb der eigenen Familie. Aber wenn sie ihre Geschichte anderen erzähle, habe sie häufig das Gefühl, dass das niemand hören mag, sich nicht damit belasten möchte. Das Zuhören ist aber wichtig für die Betroffenen.“

Verständnis für wichtige Auszeiten fehlt in der Gesellschaft

Neben dem Zuhören gehe es aber auch um das Verständnis dafür, wenn Familien Auszeiten wie Kurzzeitpflege in der Arche nutzen, auch etwa über Weihnachten. „Das ist wichtig für Geschwisterkinder; aber dafür fehlt vielen Unbeteiligten immer noch das Verständnis“, bedauert Alina Schmitt.

Gerade in Zeiten der Pandemie sind die Kontaktbeschränkungen für Geschwister von schwerst mehrfachbehinderten Kindern als Hochrisikopatienten besonders streng, ist die Angst vor einer Infektion besonders groß.

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Und: „Die Geschwister fühlen sich verantwortlich“, erklärt Alina Schmitt, stellvertretende Leiterin der Arche. Nicht wenige überlegen, ob sie selbst überhaupt eine Familie gründen können, weil sie doch die Pflege von den Eltern übernehmen müssten, wenn die nicht mehr können. Das belaste wiederum auch die Eltern.

Betreuung der Geschwister wissenschaftlich begleitet

In der Arche werden mit wissenschaftlicher Unterstützung von Experten der Universitätskinderklinik Leipzig Geschwisterkinder individuell unterstützt – soweit die Pandemie das zulässt.

Die „Arche Noah“ gehört zur St. Augustinus-Gruppe, die derzeit alle Einrichtungen mit grünen Solidaritätsfahnen beflaggt hat. Ein Förderverein unterstützt die Arbeit der Kurzzeitpflege und Hospizarbeit. Spendenkonto bei der Sparkasse Gelsenkirchen DE91 4205 0001 0101 1431 33.