Gelsenkirchen. In Gelsenkirchen hat Simon Nowack als neuer Dezernent ein breites Aufgabenspektrum: Diese Aufgaben sieht er, so will der 37-Jährige sie angehen.
In Witten war er CDU-Ratsherr, für die Stadt Schwelm hat der 37-Jährige zuletzt als Leiter der Abteilung Wirtschaftsförderung, Digitalisierung und IT und Chef eines 15-köpfigen Teams gearbeitet. In Gelsenkirchen ist Simon Nowack nun seit Anfang Januar gewählter Stadtrat. Als Dezernent ist er unter anderem für die Bereiche Wirtschaftsförderung, Gelsendienste, Bürgerservice, Recht und Ordnung und über 1500 Mitarbeiter zuständig. Die Aufgabe geht Nowack selbstbewusst an. Mit Redakteur Jörn Stender spricht er über Herausforderungen, Ziele und Dickhäuter.
Wir treffen uns zum Gespräch im Zoo. Als Aufsichtsrat der Stadtwerke haben sie ja künftig auch beruflich mit der Zoom Erlebniswelt zu tun. Welches Tier fasziniert Sie besonders?
Elefanten, auch wenn die hier in Gelsenkirchen nicht mehr gehalten werden. Mit Elefanten verbinde ich Weisheit, ein gutes Gedächtnis und Standfestigkeit, eben ein starkes Rückgrat.
Sie leben in Witten, waren dort CDU-Stadtverordneter. Welche Bezüge hatten sie bislang zu Gelsenkirchen?
Ein Berührungspunkt war natürlich Schalke 04. Von Haus aus bin ich Schalker. Das ist so. Auch wenn ich kein großer Stadionbesucher bin. Und eben auch die Zoom Erlebniswelt, die wir als Familie gerne besuchen. Seit ich mich im letzten Jahr mit meiner möglichen neuen Funktion hier beschäftigt habe, habe ich mir in der Stadt aus diesem Blickwinkel viel angeschaut und auch die Problemecken angeguckt.
Ihr erster Eindruck damals?
Im Vergleich zu anderen Städten ist mir besonders der hohe Pflegestandard der Parks aufgefallen. Da macht Gelsendienste einen klasse Job. Natürlich gibt es im Stadtbild noch Luft nach oben, was auch mit Regelverstößen zusammenhängt. Wild abgelagerter Müll ist halt ein Ärgernis für alle, die sich an Regeln halten.
Sie sind nun in der vierten Woche im Amt. Mit welchem Gefühl?
Ich komme jeden Tag mit Freude ins Büro. Ich bin dabei, viel zu lernen und Menschen kennenzulernen. Ich erlebe viele hochmotivierte Mitarbeiter, die für die Stadt arbeiten und das auch gerne tun. Ich empfinde es so, dass ich durch die Vielfalt des Vorstandsbereichs das Leben einer Großstadt von A bis Z kennenlerne. Morgens ist vielleicht der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) Thema, mittags treffe ich Vertreter eines ansiedlungswilligen Unternehmens, nachmittags geht es um Digitalisierung und Bürgerservice. Insgesamt reizt mich die Vielfalt der Aufgabe, weil sie Bereiche wie Digitalisierung, IT und Wirtschaftsförderung verbindet und Herausforderungen wie den Ordnungs- und Rechtsbereich bietet.
Dann gehen wir das mal thematisch durch. Wie steht es um den KOD?
Die Verstärkung ist ja beschlossen und eingeleitet. Das ist ein Dauerlauf, den wir begonnen haben. Bis 2024 wird die Zahl der Mitarbeitenden von 50 auf 100 verdoppelt, davon werden 40 im Bezirksdienst und 60 im Streifendienst eingesetzt werden. Im Vergleich zu vielen anderen Städten sind wir damit gut ausgestattet. Aber eine sichere und saubere Stadt lebt davon, dass sich alle Menschen an Gesetze halten – und das bedingt wiederum ein konsequentes Sanktionieren von Verstößen. Es geht weiter darum, crossfunktional Vorstands- und Referatsübergreifend Themen anzugehen und Lösungswege zu finden, um Probleme an der Wurzel zu packen. Lesen Sie auch: Viele Beschwerden: Gelsenkirchen rüstet Ordnungsdienst auf
Wirtschaftsförderung zählte zuletzt für Sie als Abteilungsleiter in Schwelm zu ihren Kernaufgaben. Wie gehen Sie hier vor?
Um ein Gefühl für die Stadt und die Wirtschaft zu bekommen, ist es unerlässlich, viele direkte Gespräche zu führen mit Unternehmen, mit Kammern, mit Verbänden. Ich will gespiegelt bekommen, was deren Anliegen sind, wo ihnen der Schuh drückt.
Das Referat steht vor einer Neuaufstellung, auch personell. Ein Gutachten soll Stärken und Defizite aufzeigen. Wie weit ist das Verfahren?
Im Februar, März erwarten wir die ersten Ergebnisse. Es wird dann auch Empfehlungen der Berater geben. Am Ende müssen wir zusammen mit der Politik etwas daraus machen. Eine Weichenstellung erwarte ich bei den Haushaltsberatungen für das Jahr 2023.
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Wirtschaftsförderung wird auch immer an Ansiedlungserfolgen gemessen. Wie stehen die Chancen?
Marktreife Grundstücke haben wir auch in Gelsenkirchen nur wenige, aber im Vergleich zu anderen Kommunen noch Flächenpotenziale. Das ist eine echte Chance für den Standort Gelsenkirchen, auch wenn wir erst viele Hürden wie zum Beispiel Altlastenproblematiken überwinden müssen. Vor allem setzt es voraus, dass wir eine konsequente und kluge Flächenentwicklung betreiben. Dazu gehört für mich, Flächenpolitik, Innovations- und Strukturentwicklung zusammenzubringen, dazu gehören auch Themen wie Wasserstoff, künstliche Intelligenz und urbane Produktion. Für die Gewerbeflächenentwicklung ist entscheidend, sich darüber Gedanken zu machen, wie und an wen wir Grundstücke vergeben. Doch das ist ein Prozess, den auch die Politik entwickeln wird. Insgesamt sollten dabei Zukunfts- und Innovationsfähigkeit, Gewerbesteuerkraft, ökologische Aspekte und die Zahl der Arbeitskräfte eine Rolle spielen. Weiteres Thema: Gewerbeflächen in Gelsenkirchen: Das ist oder wird frei
Was liegt Ihnen näher, der Konzern oder der Handwerker von nebenan?
Alle Unternehmen sind mir gleich lieb, vom kleinen Dienstleister bis zum börsennotierten Unternehmen. Wichtig ist mir, dass wir für jede Betriebsgröße als Wirtschaftsförderung die passenden, verlässlichen Services anbieten. Für mich ist es spannend, wenn man eine Start-up-Kultur in der Stadt hat und sich etablierte Unternehmen und Start-ups gegenseitig befruchten. Ein großes Problem ist der Fachkräftemangel, der bereitet den Unternehmen ganz große Bauchschmerzen. Das ist ein Bereich, in dem wir ganz früh übergreifend ansetzen müssen, beispielsweise beim Thema Bildung und Nachqualifizierung. Wir haben zudem mit der Westfälischen Hochschule ein echtes Pfund, Fachkräfte für die Stadt zu gewinnen.
Viel Kritik gibt es seit Jahren an langen Wartezeiten im Straßenverkehrsamt, im Bürgeramt. Es wurde nachgesteuert, um die Situation zu verbessern. Reicht das?
Da bin ich in der Tat in der Bestandsaufnahme. Die Frage ist: Was wollen wir an Zielen angehen und an Herausforderungen bewältigen? Ein großes Thema ist dabei die Optimierung des Bürgerservice und die konsequente Umsetzung der Digitalisierung. Lesen Sie auch:Keine Termine im Bürgeramt? Das verspricht Gelsenkirchen?
Wie steht es um die?
Gelsenkirchen ist eine der fünf digitalen Modellkommunen in NRW. Hier laufen tolle und spannende Projekte. Beim Breitbandausbau liegt Gelsenkirchen auf den vordersten Plätzen. Das sind beste Voraussetzungen, um hier eine Firma gründen zu können. Beim Ranking der Smart-City Kommunen lagen wir zuletzt auf Rang 11 von 81 Städten. Unser Ziel muss sein, unter den Top Ten zu sein. In dem Bereich sind hier Profis unterwegs, aber wir können sicher ein wenig den Turbo einlegen. Bei der Digitalisierung der Stadtverwaltung selbst können wir noch deutlich was tun. Zum Beispiel bei der E-Akte, da sind andere weiter. Oder bei der konsequenten Umsetzung des Online Zugangsgesetzes bis zum Ende des Jahres. Da gilt es, Engpässe zu beseitigen.
Wie begegnen Sie den Problemen, die häufig mit dem Zuzug von Menschen aus dem Bereich EU Ost und mit Schrottimmobilien in Verbindung gebracht werden?
Auch hier gilt ja bereits der Ansatz, gemeinsam alle Problemlagen in solchen Häusern anzugehen. Eingebunden sind die Polizei, die Ordnungsbehörden, aber auch die Bereiche Bildung, Jugend und Soziales. Das ist ganz wichtig. Wie beim Zusammenspiel von Gelsendienste, Mülldetektiven und Ordnungsamt in puncto Sauberkeit ist das die einzige Möglichkeit, vorzugehen. Ich setzte da wie der NRW-Innenminister auf die Politik der 1000 Nadelstiche. Bei nächster Möglichkeit will ich auf jeden Fall auch solch eine Kontrolle begleiten und mir selbst ein Bild machen. Weiteres Thema: So geht Gelsenkirchen den Kauf von Schrottimmobilien an
Es gab vor Ihrer Wahl Kritik: Sie seien kein Volljurist, hätten zuletzt verantwortlich in einer Stadt mit nur 29.000 Einwohnern gearbeitet. Was sagen Sie dazu?
In Bezug auf meine Qualifikation hatte die Bezirksregierung fachlich keinerlei Einwände. Es ist gutes Recht der Politik, einen Kandidaten nicht zu wählen. Doch insgesamt haben mich zwei Drittel der Stadtverordneten gewählt. Und entscheidend ist doch, was am Ende hinten rauskommt. Da stehen die Sachthemen im Vordergrund. Ich habe mich in den Fraktionen vorgestellt. Das sind gute Gespräche gewesen. Ich habe viele motivierte Kommunalpolitiker erlebt, die die Stadt voranbringen wollen.
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Wie sehen Sie sich und Ihren Führungsstil?
Aus der Privatwirtschaft habe ich die Fähigkeit mitgenommen, mich relativ schnell in die unterschiedlichsten Sachverhalte und Problemlagen einzufinden. Als ich dann 2019 in den öffentlichen Dienst gewechselt bin, habe ich festgestellt: Es braucht klare Strukturen, um verlässlich für alle Bürger tätig zu sein. Mir ist wichtig, dass ich den Menschen, mit denen ich arbeite, deutlich mache, dass ich für sie da bin und mich, wenn nötig, auch vor sie stelle. Ich wünsche mir auch klares Feedback, bin offen für Rückmeldungen. Und am Ende möchte ich natürlich mit dem Team Erfolge erzielen.
Was bewegt Sie jenseits der Arbeit?:
Mein Sohn ist zweieinhalb Jahre alt. Im Mai erwartet meine Frau unser zweites Kind. Da steht derzeit natürlich besonders die Familie im Vordergrund. Ich koche sehr gerne, zusammen mit Freunden auch durchaus aufwendigere Geschichten. Außerdem bin ich Jäger. Das ist ein toller Ausgleich. Ich liebe es, in der Natur zu sein und Tiere zu beobachten. Das kommt in letzter Zeit allerdings ziemlich kurz.
Personalberater, Stadtverordneter, Jäger
Simon Nowack, Jahrgang 1984, lebt mit Frau und Sohn in Witten. An der dortigen Privat-Universität Witten-Herdecke hat er Wirtschaftswissenschaften studiert. Abschluss: Master of Arts in General Management.
Von 2011 bis 2018 hat Nowack, zunächst als Referent der Geschäftsführung und zuletzt als Leiter Profitcenter Öffentlicher Dienst/Kommunale Unternehmen bei einer Düsseldorfer Personalberatung gearbeitet. Von 2019 bis Ende 2021 arbeitete Nowack für die Stadt Schwelm, ab April vergangenen Jahres als Leiter der Abteilung Wirtschaftsförderung, Digitalisierung und IT.
Von 2004 bis Ende 2021 war Simon Nowack CDU-Stadtverordneter in Witten. Verschiedene mit seiner beruflichen Position verbundene Aufsichtsrats-und Beiratsposten hat Nowack zum Jahreswechsel beendet. Seit Juni 2019 ist der Wittener Vorsitzender der Kreisjägerschaft Ennepe Ruhr.