Gelsenkirchen. Beschwerden über Müll, Lärm und respektloses Verhalten reißen in Gelsenkirchen nicht ab. Wie die Stadt reagiert und was der KOD jetzt machen soll
Mangelnder Respekt, fehlende Rücksichtnahme, Vermüllung, Regelverstöße – allgemeine gesellschaftliche Veränderungen registriert die Stadtspitze in den vergangenen Jahren „mit Sorge“. In einigen Stadtteilen „haben wir eine sehr spezifische und herausfordernde Situation“, stellt Oberbürgermeisterin Karin Welge fest, nennt Vorfälle in Horst, Rotthausen, zuletzt in Buer oder an der Bismarckstraße. Bereits im Juli, so die OB, habe sie daher den Auftrag zum weiteren Ausbau des KOD gegeben. Dienstag wurden die Pläne von ihr und Hans-Joachim Olbering, Leiter des Referats Sicherheit und Ordnung vorgestellt. Die wichtigste Botschaft: Der Kommunale Ordnungsdienst OD wird personell stark aufgestockt und neu organisiert.
Das Personal wird verdoppelt. Bis 2024 soll die Zahl der Einsatzkräfte schrittweise von derzeit 50 auf 100 angehoben werden. Auch strategisch wird nachjustiert: Ziel sei, so Karin Welge, „präsenter und dichter dran“ zu sein. Der Streifendienst solle zudem schneller werden, wenn es um die Durchsetzung von Sicherheit und Ordnung in der Stadt gehe.
Streifendienst soll in Gelsenkirchen „präsenter und dichter dran sein“
Die mit den Dienstkräften gemeinsam entwickelte Neuorganisation sieht vor, dass die derzeit fünf Dienstgruppen mit ihren jeweiligen Aufgabenbereichen auf zwei zentrale Aufgabenbereiche konzentriert werden. „Bereits für das Jahr 2022 ist es das Ziel, die Kräfte zu bündeln und verstärkt in den fünf Bezirken der Stadt sowie im Streifendienst präsent zu sein“, erläutert Hans-Joachim Olbering. In allen fünf Stadtbezirken sind Bezirksdienste geplant, die (wie bisher) einen breiten Aufgabenkanon übernehmen. Dazu zählen: Schrott-Kfz stilllegen, Aufenthaltsorte ermitteln, Problemimmobilien checken, Leistungsmissbrauch überprüfen. Der Streifendienst übernimmt vornehmlich die akuten Fälle. 2024 sollen rund 60 Kräfte im Streifendienst und 40 im Bezirksdienst eingesetzt werden – zunächst täglich von 8 bis 22 Uhr.
„Wir sind nicht die Polizei“, betont Olbering. Aber wir haben eine ganz enge Kooperation mit der Polizei und den Ordnungspartnern.“ Der Bezirksdienst wird zwar auch - beispielsweise angedockt an vorhandene Stadtteilbüros oder Präventionsprojekte – Sprechstunden anbieten. Vor allem aber sollen die Einsatzkräfte „auf der Straße aktiv sein“. Schwerpunktzeiten für den Einsatz seien die Nachmittags- und Abendstunden“, so Olbering.
Anfang 2022 wird geprüft, ob die Einsatzzeiten ausgeweitet werden
Bereits 2022 werden 20 zusätzliche Kräfte ihren Dienst aufnehmen. Herzstück bliebt die KOD-Leitstelle. Seit wenigen Monaten ist sie rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche besetzt. Ob auch die Einsatzzeiten der KOD-Kräfte künftig entsprechend ausgeweitet werden, soll – nach entsprechender Auswertung des Einsatzgeschehens – Anfang 2022 geprüft und entschieden werden.
Ab 2024 wird der Dienst jährlich rund 6,7 Millionen Euro kosten
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Der Ausbau des KOD und seine Neukonzeption sind mit Mehrkosten verbunden, um die es auch in der kommenden Woche bei den Haushaltsberatungen gehen wird. Bislang kostet der KOD rund drei Millionen Euro im Jahr, die Mehrkosten der ersten Ausbaustufe werden von der Verwaltung mit 1,5 Millionen Euro beziffert. Ab 2024 wird der Dienst jährlich rund 6,7 Millionen Euro kosten.
Die Ausstattung der Einsatzkräfte wird kontinuierlich optimiert: Angeschafft werden weitere Fahrzeuge, die KOD-Kräfte tragen zum Schutz stichsichere Westen und haben zum Selbstschutz „qualifiziertes Pfefferspray“ dabei, zum Ausbau gehört auch die weitere Ausstattung mit Digitalfunkgeräten.
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„Wir setzen damit fort, was wir bereits vor Jahren entwickelt haben“, betont Welge, warnt aber auch vor „überzogenen Erwartungen, dass der erweiterte KOD ein Allheilmittel“ für alle Probleme in der Stadt sei. „Die Verstärkung von Ordnungsbehörden kann und darf am Ende kein Ersatz für gesellschaftlichen Zusammenhalt und gegenseitige Achtung sein.“
Welge fordert millionenschweren Aufkauffonds für Problemimmobilien
Insgesamt glaubt Welge, dass die Stadt konzeptionell deutlich besser aufgestellt sei, als viele andere Kommunen, die ähnliche Probleme haben.“ Gelsenkirchen zeichnet aus Sicht der OB aus, „dass wir hier sehr heterogen aufgestellt sind, aber in den vergangenen Jahren auch überproportional stark von Zuwanderung betroffen waren.“ Entsprechend benötige die Stadt „überregional stärkere Unterstützung“ als bislang, beispielsweise auch bei „der Rücknahme von Wohnraum“. Deshalb sei sie weiterhin in Gesprächen mit Bund und Land für eine städtebauliche Lösung und einen millionenschweren Aufkauffonds für Problemimmobilien.
Allein auf Sicherheit und Ordnung zu setzen, ist nicht der Plan. Es müsse ebenfalls auch der präventive, der sozialpädagogische Bereich intensiviert werden, sagt Karin Welge: „Zu gegebener Zeit werden wir auch ein Konzept zur aufsuchenden Sozialarbeit, das mobile Jugendarbeit und Streetwork umfasst, vorstellen. Derzeit wird noch daran gearbeitet.“
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