Gelsenkirchen. Der Rat der Stadt Gelsenkirchen hat über den Haushalt 2022 abgestimmt. Warum mit dem neuen Etat etwas nie Dagewesenes erreicht wurde.
„Gelsenkirchen ist besser als Berlin“: Was Susanne Cichos, Fraktionschefin der FDP, mit diesem – sicher zu den markantesten Sätzen der Reden zum Haushalt 2022 gehörenden – Satz meinte? Dass das Zahlenwerk am Donnerstagnachmittag die Zustimmung von einer nie dagewesenen Mehrheit im Stadtrat bekommen hat, die noch mehr Farben hat als die Hauptstadt-Ampel. „Gelsenkirchen kann Rot, Schwarz, Grün und Gelb“, sagte Cichos. „Das beweist: Ein Parlament einer Stadt mit 260.000 Einwohnern ist große Politik im Kleinen.“
PARTEI möchte „Omma aus der Feldmark“ anstellen
Peter Tertocha, Fraktionschef der Grünen, formulierte es etwas weniger pathetisch: „Natürlich lagen die finanziellen Vorstellungen und auch die Ausgestaltungen bei einigen Anträgen anfangs manchmal etwas auseinander, aber letztendlich haben wir ziemlich schnell einen Kompromiss gefunden.“ Abgelehnt wurde der Etat lediglich von den Fraktionen der AfD, der WIN und Einzelmandatsträger Jan Specht von AUF. „Tierschutz hier!“ stimmte ebenfalls zu, die PARTEI enthielt sich – offenbar, weil folgende Idee der Satire-Partei keine Erwähnung fand: In der Kämmerei eine Stelle für eine Gelsenkirchener Seniorin zu finden. PARTEI-Ratsherr Gregor Stein: „Denn niemand kann so gut mit wenig Kohle wirtschaften wie eine Omma aus der Feldmark.“
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In der Tat: Der finanzielle Spielraum ist im armen und durch Corona-Folgen belasteten Gelsenkirchen überschaubar. Ende September stellte Stadtkämmerer Luidger Wolterhoff bereits den Haushaltsentwurf mit Aufwendungen von 1,2 Milliarden vor, dieser wurde in den vergangenen Wochen und Monaten durch politische Anträge mit weiterem Leben gefüllt. Etwa 1,6 Millionen Euro schwer sind nun die neuen Vorhaben, die durch Initiativen aus der Lokalpolitik in den nun verabschiedeten Haushalt geflossen sind.
CDU und SPD: Gelsenkirchener Groko setzt ordnungspolitischen Schwerpunkt
Die beiden Hauptarchitekten des Haushalts, CDU und SPD, gaben ihren Haushaltsreden jeweils einen sicherheits- und ordnungspolitischen Schwerpunkt. Die Koalitionspartner hoben beide hervor, dass darin fest zementiert ist, dass der Kommunale Ordnungsdienst bis 2025 noch mal die doppelte Personalstärke gewinnt. „Ein Erfolg, den die CDU hier im Rat vorangebracht hat“, meinte Julian Pfeiffers, Geschäftsführer der Unionsfraktion, der darüber hinaus Projekte erwähnte wie eine Potenzialanalyse für weitere hochwertige Wohngebiete, ein E-Sport-Konzept für Gelsenkirchen oder eine digitale Ausbildungsmesse.
Lukas Günther, haushaltpolitischer Sprecher der Sozialdemokraten, betonte zudem, dass der Haushalt 2022 ein weiterer Schritt ist, um den Bau von drei weiteren Grundschulen und drei weiterführenden Schulen voranzubringen. „Ich bin mir sicher, wir werden in einigen Jahren auf diese Zeit zurückschauen und von dem ‘Jahrzehnt des Schulbaus’ sprechen“, so Günther.
Harte Kritik der AfD Gelsenkirchen an Haushalt 2022
Die Superlative gab es bei der AfD nur im Negativen: „Dem Haushaltplan fehlt es an Innovation, an Bereitschaft, die unbequemen Problemen vor unserer Haustür anzugehen, und ihm fehlt es an energischer Vehemenz der Führungsspitze, den sozialen Frieden erhalten zu wollen“, sagte Vizefraktionschefin Enxhi Seli-Zacharias. Die „drängenden Probleme“ sieht die Fraktion etwa bei den Folgen durch die Zuwanderung und weniger in der „Klimarelevanz“ von Haushaltsprojekten - für Seli-Zacharias ein „Standardvokabular ideologisch verbrämter Eiferer“.
Aber auch im bundesweit belächelten #401-Gelsenkirchen „kann man Hollywood“, was Susanne Cichos von der FDP noch einmal betonte. Die Rede war vom „Walk of Fame“, der nun auch im Haushalt steht, 2022 nach Buer kommen soll – und schon jetzt für Schlagzeilen in überregionalen Medien wie dem „Spiegel“ oder der „Süddeutschen Zeitung“ geführt hat. Mindestens Berliner Level.