Gelsenkirchen. Die vierte Corona-Welle rollt. Was bedeutet das für Gelsenkirchen? Krisenstabsleiter Luidger Wolterhoff über 2G, Kontaktverfolgung und Impfungen.

„Die vierte Welle rollt mit voller Wucht“ – das sagte zuletzt der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Was bedeuten die erneut gestiegenen Corona-Infektionszahlen für Gelsenkirchen? Luidger Wolterhoff, Leiter des hiesigen Krisenstabs, über die wichtigsten Punkte zur aktuellen Corona-Lage:

Infektionsschwerpunkte in Gelsenkirchen

„Es ist im Wesentlichen eine Welle der Ungeimpften“, sagt auch Wolterhoff. Zuletzt meldete die Stadt Mitte Oktober insgesamt 466 Impfdurchbrüche unter zwei- und dreifach Geimpften – bei zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als 186.000 vollständigen Impfungen. Der Krisenstabsleiter rechnet deshalb damit, dass es „keine Inzidenzwerte mit Spitzen von 300 Infektionen in Gelsenkirchen mehr geben wird.“ Dies werde mit einer „Impfquote von rund 73 Prozent wie in Gelsenkirchen nicht mehr passieren“, glaubt er. Solche hohen Inzidenzwerte gab es hier etwa am 23. Dezember 2020 (303,4) oder am 22. April 2021 (299,9).

Lage in den Gelsenkirchener Krankenhäusern

Derzeit befinden sich 38 Corona-Patienten in Gelsenkirchens Krankenhäusern, sechs davon auf der Intensivstation, drei von ihnen an einem Beatmungsplatz. Laut Luidger Wolterhoff ist aktuell jedoch immer wieder zu beobachten, dass geimpfte Patienten aus völlig anderen Gründen als einer Corona-Infektion, zum Beispiel aufgrund einer Knie-OP, stationär aufgenommen werden - und dann durch Routine-Testung herausgefunden wird, dass jemand Corona-positiv ist. „Erst im Rahmen der Behandlung wird festgestellt, dass jemand Virusträger ist.“ Es fallen also auch Menschen unter die 38 Corona-Patienten, die nicht vorrangig aufgrund ihrer Infektion in der Klinik behandelt werden. Wolterhoff wertet dies als Zeichen der Entspannung für die Krankenhäuser und die Infektionslage insgesamt.

Mehr 2G statt 3G in Gelsenkirchen?

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte jüngst „2G überall, wo es irgendwie möglich ist“. Gelsenkirchen wiederum ist seit Beginn der Corona-Pandemie nicht bekannt dafür, große Eigenwege zu gehen. „Und sofern es hier keine völlig atypischen Entwicklungen gibt, bleibt es dabei“, sagt Wolterhoff. Das heißt: Erst wenn die vom neuen NRW-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst angeführte Landesregierung vom derzeitigen 3G-Weg abkommen sollte, würde auch Gelsenkirchen die 2G-Regel ausweiten – und damit Geimpften und Genesenen mehr Rechte einräumen als Getesteten.

Impfkampagne: Wieder gestiegene Nachfrage

Um für die Booster-Impfungen vorbereitet zu sein, wird die Stadt gemeinsam mit dem Deutschen Roten Kreuz das mobile Impfangebot verstärken und neben dem bestehenden auch noch einen zweiten Impfbus einsetzen. Er soll schon in der kommenden Woche einsatzbereit sein. Die Stadt reagiert damit nach eigener Angabe auf eine wieder gestiegene Nachfrage beim Impfen. „Inzwischen sieht man wieder kleine Schlangen vor den Bussen“, sagt Wolterhoff, der dies nicht nur auf das Interesse der Menschen zurückführt, die eine Auffrischungsimpfung haben möchten. Auch glaubt der Krisenstabsleiter, dass die mittlerweile kostenpflichtigen Schnelltests und „die weitere Diskussion um die Sicherheit durchs Impfen“ bei weiteren, bislang ungeimpften Menschen die nötige Überzeugungsarbeit leistet. Zum Thema: Booster-Impfungen am Impfbus? So macht es Gelsenkirchen

Rund vier Monate nachdem der Impfbus in Gelsenkirchen vorgestellt wurde, schickt die Stadt einen weiteren DRK-Bus auf die Straßen. Er soll schon kommende Woche einsatzbereit sein. Im Bild: Oberbürgermeisterin Karin Welge, Stadtkämmerer Luidger Wolterhoff und DRK-Geschäftsführer Johannes Heinrich (v.li.).
Rund vier Monate nachdem der Impfbus in Gelsenkirchen vorgestellt wurde, schickt die Stadt einen weiteren DRK-Bus auf die Straßen. Er soll schon kommende Woche einsatzbereit sein. Im Bild: Oberbürgermeisterin Karin Welge, Stadtkämmerer Luidger Wolterhoff und DRK-Geschäftsführer Johannes Heinrich (v.li.). © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Eigenverantwortung

Die Maskenzonen sind in Gelsenkirchen seit längerer Zeit aufgehoben. „Wenn es auf einer öffentlichen Fläche zu dicht wird, es dort keine Zu- und Abgangskontrollen gibt, dann würde ich dort allerdings weiterhin eine Maske aufsetzen“, sagt Wolterhoff. Auch wenn mehr und mehr Corona-Regeln gelockert wurden, plädiert er dafür „auch als vollständig Geimpfter, immer genau abzuwägen, wie sicher die Situation ist, in der ich mich bewege“. Wo kein 3G vorgeschrieben sei oder die Zugangsbeschränkungen nur stiefmütterlich kontrolliert werden, gelte es, eigenverantwortlich Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. „Ich persönlich bin dafür, nicht alles zu tun, was man darf, sondern das zu tun, was Sinn macht.“ Auch interessant: Gelsenkirchen: Bedeuten weniger Corona-Tests höheres Risiko?

Kontaktnachverfolgung im Gesundheitsamt

In Hamburg, wo die Inzidenz derzeit etwa 40 Infektionen pro 100.000 Einwohner über Gelsenkirchen liegt, hat man jüngst die Strategie des Gesundheitsamtes verändert: Infizierte werden verpflichtet, selbst ihre Kontaktpersonen zu informieren. Der Hintergrund: Bei den Kontaktpersonen handelt es sich mutmaßlich überwiegend um Geimpfte, die beobachten sollen, ob bei ihnen Symptome auftreten. Eine solche Strategie-Änderung gibt es in Gelsenkirchen derzeit nicht, das Amt arbeitet wie gewohnt und hat die Hoheit über die Kontaktverfolgung. Wolterhoff: „Wir haben allerdings jüngst die Entscheidung getroffen, dass wir befristetes Personal aufgrund der höheren Infektionszahlen weiter beschäftigen.“