Gelsenkirchen-Buer. Die Situation in Gelsenkirchen-Buer war Thema in der Bezirksvertretung. Dabei gab sich eine Vertreterin des Jugendamtes selbstkritisch.

Dieser Sommer hatte Buer kräftig durchgeschüttelt: Mit einem Mal schien der Stadtteil im Gelsenkirchener Norden nicht mehr so beschaulich, wie viele Einwohnerinnen und Einwohner immer gedacht hatten. Die Meldungen über pöbelnde Jugendliche, Randale an Hagenstraße und Busbahnhof und gefühlte Angsträume häuften sich. Jetzt hat sich auch die Politik des Themas angenommen: In der Bezirksvertretung Nord diskutierten Politikerinnen und Politiker mit Vertretern der Stadt über das Thema. Dabei zeigte sich die Verwaltung selbstkritisch.

In der Sache herrschte zwischen den Parteien seltene Einigkeit: Vertreter aller Fraktionen warnten vor „Schnellschüssen“ und „Beißreflexen“. Statt Aktionismus seien langfristige Lösungen gefragt, Dieter Kutzborski (CDU) fasste es zusammen: „Restriktionen bringen überhaupt nichts, Verdrängung auch nicht“, sagte er. Es brauche stattdessen Sozialarbeiter, die sich um die Jugendlichen kümmern. Jürgen Köpsell, Fraktionsvorsitzender der SPD, stimmte ihm zu: „Nur Polizei ist zu wenig, Sozialarbeit und Jugendarbeit sind gefragt“, sagte er. Nur an Angeboten fehle es in diesem Bereich. [Lesen Sie auch: Randale und Gewalt in Buer: Helfen Kameras und Streetworker?]

Politiker erinnern an diese legendäre Einrichtung in Gelsenkirchen-Buer

Köpsell erinnerte genauso wie Anne Schürmann (FDP) an die legendäre „Pappschachtel“, ein Jugendzentrum an der Ecke Westerholter Straße/De-la-Chevallerie-Straße, das 1977 eröffnet wurde und 1982 einem Feuer zum Opfer fiel. Auch Bernd Rudde von den Grünen bedauerte es, dass es so etwas nicht mehr gebe: „Seit die Pappschachtel abgebrannt ist, gibt es in dieser Hinsicht ein inhaltliches Loch“, sagte Rudde. Köpsell betonte, dass es wichtig sei, solch ein Angebot im Zentrum von Buer zu haben: „An den Rändern des Stadtteils bringt uns das nichts“, sagte er.

Lesen Sie weitere Nachrichten aus Gelsenkirchen:

Ina Woelk, Abteilungsleiterin im Gelsenkirchener Jugendamt, wollte das so nicht stehen lassen – mit dem „Manus“ an der Romanusstraße gebe es ja ein Jugendzentrum mitten in Buer, sagte sie. Sie gab aber auch zu, dass die Stadt in puncto mobile Jugendarbeit und Streetworker personell besser aufgestellt sein könnte. „Bei der mobilen Jugendarbeit arbeiten wir mit zwei Trägern zusammen, das ist sicherlich nicht ausreichend.“ Auch die Angebote, die man Jugendlichen machte, müsse man überdenken. „Wir sind da nicht immer am Zahn der Zeit“, sagte sie, „da müssen wir besser werden.“ Sie fasste zusammen: „Wir brauchen in Gelsenkirchen einen besseren Jugendschutz, da sind wir nicht gut besetzt.“

Polizei: Goldbergpark und Hochstraße „keine Hotspots“

Olaf Brauweiler von der Polizei und Thomas Richter vom Referat Öffentliche Sicherheit und Ordnung der Stadt bemühten sich, die Vorfälle des Sommers einzuordnen. Brauweiler führte Zahlen und Statistiken ins Feld und betonte: „Weder Busbahnhof und Goldbergpark sind für uns Hotspots.“ Die Polizei würde alle Einsätze auswerten, dabei habe man nicht feststellen können, dass dort überdurchschnittlich viel passiere. „Die Beschwerden lassen uns aber nicht kalt“, sagte er, „der Goldbergpark wird subjektiv als Angstraum wahrgenommen – das können wir nicht einfach wegwischen.“ Dementsprechend habe die Polizei ihre Präsenz dort erhöht und sei auch mit zivilen Kräften im Einsatz.

Stadtvertreter Thomas Richter stimmte zu, dass man auf Prävention statt auf Repression setzen sollte. „Seit August hat der Kommunale Ordnungsdienst mehr als 500 Kontrollen durchgeführt“, berichtete er. Seine Erfahrung: „Ja, die Jugendlichen treten in größeren Gruppen auf und wirken oft wild – die allermeisten reagieren aber auf unsere Ansprachen, um unsere Mitarbeiter muss man sich keine Sorgen machen.“

Richter regte an, den bereits bestehenden „Runden Tisch Michaelshaus“, bei dem Probleme mit Akteuren aus dem Quartier besprochen werden, auf ganz Buer auszuweiten – ein Vorschlag, dem die meisten Bezirksvertreter zustimmten.