Gelsenkirchen-Buer. Immer wieder kommt es auch im Gelsenkirchener Norden zu Pöbeleien durch Jugendliche. Jetzt wurden auch Rentner bespuckt, bedroht und verjagt.
Es brodelt bei vielen Bürgern in Buer: Während der WAZ-Bericht über eine womöglich drohende soziale Schieflage der City von der örtlichen Politik bislang unkommentiert blieb, meldeten sich andere Akteure, die die Sorgen teilen. Einige haben aktuell ähnliche Erfahrungen mit jugendlichen Pöbeleien, Randale und Vandalismus gemacht – am vergangenen Freitag etwa mit einer Gruppe, die auf der Hochstraße Angst und Schrecken besonders unter Senioren verbreitet habe.
„Ich kann die Beobachtungen von Dirk Niewöhner nur bestätigen. Das sind keine Einzelfälle“, sagt etwa Veranstaltungsmanager Markus Jansen, der direkt in der Fußgängerzone wohnt und oft genug nachts geweckt wird durch lautstarke Auseinandersetzungen vor seinem Haus. Der Vorfall, unter dessen Eindruck er noch steht, hat sich freilich am Freitag, 10. September, gegen 11 Uhr ereignet, also am helllichten Tag.
Bespuckt, angepöbelt, mit Farbbeuteln beworfen
„Zwölf bis 15 Heranwachsende zwischen 14 und 16 Jahren sind über die Hochstraße gezogen und haben Passanten nicht nur angepöbelt, sondern auch bespuckt und gezielt mit gelben Farbbeuteln beworfen. Vor C&A haben sie zwei Senioren, etwa Mitte 70 bis 80 Jahre alt, verjagt, indem sie diese aufgefordert haben, die Sitzbank zu räumen, auf der das Paar saß. ,Die gehört uns!’, haben sie gerufen“, berichtet Jansen. Ein Postzusteller, der der Redaktion namentlich bekannt ist, aber anonym bleiben möchte, bestätigte die Darstellung.
Die zwei älteren Leute hätten sofort ängstlich die Bank geräumt und dann das Weite gesucht, da die Jugendlichen sehr aggressiv aufgetreten seien. Der Aufprall der Farbbeutel habe jeweils einen lauten Knall ausgelöst und für viel Aufsehen gesorgt. Nach einer Viertelstunde, so Jansen, sei der Spuk vorüber gewesen und die Gruppe, von der der Redaktion entsprechende Fotos vorliegen, Richtung Agathagasse verschwunden.
Goldbergpark und der Goldbergplatz in Gelsenkirchen-Buer sind nicht die einzigen Problemstellen
Jansen ist sicher: Solch respektloses, Angst einflößendes Verhalten von Jugendlichen lasse sich nicht nur an „neuralgischen Punkten“ wie dem Busbahnhof Buer, dem Goldbergpark und der Goldbergplatz beobachten, wie Buchhändler Niewöhner es öffentlich gemacht hatte, sondern auch an anderen Stellen in der City. Und: „Solche Fälle von Pöbeleien, Randale, Vandalismus und auch Sachbeschädigung haben seit Beginn der Pandemie zugenommen.“
Dass die „pandemiebedingten Einschränkungen bei der Freizeitgestaltung auch Auswirkungen auf die Entwicklung vor Ort“ an Busbahnhof, Goldbergplatz und Goldbergpark hatte, bestätigt nun auch die Stadt. Der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) stelle ab etwa 17 Uhr „verstärkt Ansammlungen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen“ fest, „Fehlverhalten vor allem im Goldbergpark“ inklusive.
Der KOD schreite „konsequent“ ein, wenn dieses beobachtet werde, halte situationsabhängig Gefährderansprachen, spreche Platzverweise aus, erhebe Verwarnungsgelder und leite Ordnungswidrigkeitsverfahren ein. Bei Straftaten werde die Polizei hinzugezogen, so Stadtsprecher Martin Schulmann. Wie nachhaltig diese Maßnahmen sind, wie die Jugendlichen darauf reagieren – diese Frage der Redaktion blieb unbeantwortet.
Unterdessen ärgert sich Niewöhner, dass Stadtverwaltung und nahezu alle politischen Parteien die Sorgen über eine mögliche Schieflage Buers lediglich zur Kenntnis nähmen – aber nicht aktiv würden. „Einzig Bernd Rudde, Verordneter der Bündnisgrünen in der Bezirksvertretung Nord, der ja auch auf Facebook mitdiskutierte, hat sich nach dem Zeitungsartikel bei mir gemeldet, mit mir ausgetauscht und versucht, Lösungen zu finden“, berichtet er. Bezirksbürgermeister Dominic Schneider (SPD), ebenfalls Teilnehmer der Debatte auf Facebook, hatte sich auf Anfrage der Redaktion zu dem Thema geäußert und die Beobachtungen Niewöhners bestätigt.
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Wie es jetzt weitergeht? Bei der Polizei haben die Vorkommnisse zu einer Präsenzerhöhung der Kräfte in Buer geführt. „Wir fahren nun verstärkt rund um den Busbahnhof Streife und hoffen, dass alleine dies schon dazu führt, dass sich die Lage vor Ort beruhigt“, teilte Polizei-Sprecher Matthias Büscher auf Nachfrage mit. „Vielfach haben wir auch keine rechtliche Handhabe, Personenkontrollen durchzuführen, wenn sich Jugendliche nur in der Gruppe irgendwo aufhalten und von ihnen ansonsten keine Gefahr ausgeht.“
„Stadt und Jugendförderung am Zug“
Niewöhner sieht Stadt und Jugendförderung am Zug. „Mit Bernd Rudde habe ich zwar überlegt, wie man mit den Jugendlichen ins Gespräch kommt, sie auf ihr respektloses Verhalten aufmerksam macht und Abhilfe schaffen könnte. Aber das ist eigentlich nicht unsere Aufgabe“, meint er. Er sei durchaus bereit, Aktionen zur Freizeitgestaltung mitzufinanzieren, „aber zuständig dafür ist die Verwaltung.“
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Die hatte Mitte der Woche auf Nachfrage angekündigt, die mobilen Angebote und den Einsatz von Streetworkern in Buer möglicherweise ausbauen zu wollen. Stadtsprecher Schulmann erklärte darüber hinaus ganz aktuell: „Weitere Reaktionen und Angebote für die jungen Leute werden ständig überdacht. Die Angebote am Heinrich-König-Platz waren hilfreich. Möglicherweise lassen sie sich auf Buer übertragen.“
Dass der Handlungsbedarf groß sei, steht auch für Veranstaltungsmanager Jansen außer Frage: „Wenn die Verantwortlichen weiter wegschauen und wir eine Lösung verschlafen, dann fällt uns das bald als noch größeres Problem auf die Füße mit spürbaren Einbußen der Aufenthaltsqualität von Buer.“
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