Gelsenkirchen-Buer. Menschen sollen den Herbst besonders gut riechen können. Ein Besuch im Stadtwald in Gelsenkirchen-Buer geht dem auf den Grund.

Kann man den Herbst riechen? Almut Jermann schnuppert an einem Zweig eines Nadelbaumes im Gelsenkirchener Stadtwald.
Kann man den Herbst riechen? Almut Jermann schnuppert an einem Zweig eines Nadelbaumes im Gelsenkirchener Stadtwald. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Wie duftet eigentlich der Herbst? Und was macht das mit uns? Angeblich glücklich. Aber stimmt das? Ein Gang durch den buerschen Stadtwald soll Aufschluss darüber geben. Und, das sei vorweg genommen, es scheint etwas dran zu sein.

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Dackel Watson bekommt im Gelsenkirchener Stadtwald die Nase nicht voll. Überall locken unterschiedliche Düfte. Auch von anderen Hunden und Tieren.
Dackel Watson bekommt im Gelsenkirchener Stadtwald die Nase nicht voll. Überall locken unterschiedliche Düfte. Auch von anderen Hunden und Tieren. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Herbstlicher kann ein Tag kaum sein: Es ist mild, aber es herrscht eine trübe Stimmung. Die dunkle Jahreszeit kündigt sich eindeutig an. Das nimmt man natürlich über die Augen wahr. Aber auch über die Nase. Das spürt auch Indra Hill, die gerade ihren Gang durch den Wald beendet hat. „Hier riecht es vielleicht nicht so intensiv. Aber in anderen Gebieten, die nicht so stark frequentiert sind, duftet es morgens noch frisch und unverbraucht und im Laufe des Tages mehr und mehr nach Pilzen.“ Cordula Eichhöfer ist mit ihrem Zwerg-Langhaar-Dackel Dr. Watson unterwegs. „Ich finde es generell entspannend, durch den Wald zu laufen“, sagt sie zum Thema Glücksgefühle. Während der Vierbeiner die eindeutig hat. Soviel ist sicher.

Würzige, kühle Luft im Gelsenkirchener Stadtwald

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Auf geht es in den Wald. Nach nur ein paar Metern spürt man einen deutlichen Unterschied: Ein tiefer Atemzug bringt frische, kühle Luft in die Lungen, die eigentümlich würzig riecht. Das große Glück kommt hier jedoch noch nicht auf. Aber vielleicht braucht es eine Weile, bis die Naturkraft wirkt?

Almut Jermann strahlt das Glück spürbar aus. Sie kommt den Weg entlang – und strahlt beim Gruß. „Aber das liegt nicht nur am Herbst. Auch daran, dass man jetzt hier spazieren kann, ohne tausend Leute zu treffen.“ Besonders im Frühjahr, als schönes Wetter und andauernder Lockdown zusammen kamen, sei es im Stadtwald schon recht voll gewesen.

Impressionen eines herbstlichen Waldspaziergangs im Gelsenkirchener Stadtpark.
Impressionen eines herbstlichen Waldspaziergangs im Gelsenkirchener Stadtpark. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

„Aber es ist schon so, es liegt etwas in der Luft – ein etwas modriger Geruch.“ Ob der schön ist? „Ich würde es nicht als Parfüm haben wollen“, sagt die Spaziergängerin und lacht herzlich. „Aber es ist ein Naturerlebnis.“ Ob sie Wehmut empfindet, ob des sich ankündigenden Winters? „Nein, ich stehe jeder Jahreszeit positiv gegenüber.“

Tote Baumstämme modern im Gelsenkirchener Stadtwald vor sich hin

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Mit jedem Schritt tiefer in den Wald hinein, mit jedem Schnuppern an moosbewachsenen Baumstämmen, an Blättern oder einfach so, macht sich spürbar Entspannung breit. Hier duftet es am Wegesrand nach Erde, dort nach Brennnesseln. Kleine Stillleben erinnern an Kunstwerke und einen Kinderreim, in dem ein Männlein im Walde steht. Totholz modert vor sich hin.

Totholz im Gelsenkirchener Stadtwald. Baumstämme modern vor sich hin, versprühen einen besonderen Duft.
Totholz im Gelsenkirchener Stadtwald. Baumstämme modern vor sich hin, versprühen einen besonderen Duft. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

„Ich finde jede Jahreszeit gut. Auch vom Geruch her“, sagt Peter Wykowski. Bettina Kröger beschreibt: „Schwerer, herber, erdiger.“ Aber schön, da sind sich beide einig. Ob das nun Glücksgefühle auslöst, das können die beiden nicht sagen. Bei einem jedoch sei das schon der Fall: bei Familienhund Henry. „Der hatte kürzlich richtig Glücksgefühle, als der Bauer das Feld gedüngt hat und er sich drin gewälzt hat.“

Zeit des Rückzugs löst Wohlbefinden aus

Wie duftet der Herbst? Das scheinen viele zu wissen und wenige in Worte fassen zu können. Das zumindest war das Ergebnis des Rundgangs durch den buerschen Stadtwald. In jedem Fall aber scheint die Jahreszeit, die eher eine Zeit des Rückzuges ist, ein Wohlgefühl auszulösen.Ob das nun für die steigende Zahl der Kindszeugungen verantwortlich ist, ist wissenschaftlich schwer zu belegen. Darauf angesprochen zumindest fing jeder Spaziergänger erst einmal an zu rechnen. Sommer-Geborene könnten also ein Ergebnis romantischer Herbstgefühle sein.

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Bettina Kröger, Peter Wykowski und Familienhund Henry lieben Spaziergänge im Wald. Die WAZ hat sie im Gelsenkirchener Stadtwald getroffen bei einem Herbstspaziergang.
Bettina Kröger, Peter Wykowski und Familienhund Henry lieben Spaziergänge im Wald. Die WAZ hat sie im Gelsenkirchener Stadtwald getroffen bei einem Herbstspaziergang. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Auf einmal duftet es nach Heu. Bald entdeckt man den Grund dafür: Hinter den Bäumen ist eine Lichtung erkennbar. Die scheint vor kurzem gemäht worden zu sein. Und während man noch schnuppert, mischt sich der Geruch eines Gewässers dazwischen. Der Teich liegt gleich nebenan, das Gewässer ist friedlicher Lebensraum für eine Schwanenfamilie. Die Jungtiere sind noch immer deutlich von den Eltern zu unterscheiden, tragen ein dunkleres Federkleid. Gleich gegenüber harrt ein Fischreiher bewegungslos aus – die Beute fest im Blick. Dann aber stiehlt er sich doch davon, ganz langsam, bis er hinter einem Baum und damit für die Besucher der Idylle unsichtbar ist.

Glücksgefühle ausgelöst im Herbst

„Man riecht den Herbst auf jeden Fall“, sagt Bianca Knut. „Man sieht ihn und man fühlt ihn. Aber wonach er genau duftet, das kann ich gar nicht beschreiben.“ Wie viele der Besucher ist auch sie täglich hier. Immer mit dabei: Yorkshire-Terrier Benny. Für ihn hat der Herbst einen ganz besonderen Duft. Studien belegen, ab Oktober und bis Weihnachten werden die meisten Kinder gezeugt. Aber das nun an den herbstlichen Glücksgefühlen liegt – wer weiß das schon?

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Pilze sprießen aus dem moosbewachsenen Boden im Gelsenkirchener Stadtwald.
Pilze sprießen aus dem moosbewachsenen Boden im Gelsenkirchener Stadtwald. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Bei Benny und seinen Artgenossen hingegen ist das gut belegbar: „Für ihn liegt jetzt nur noch der Duft der läufigen Weibchen in der Luft“, erzählt Andreas Wulff. Und der pfiffige Rüde sei für die Herbstgefühle der Hunde ein guter Beweis: „Er selbst wurde auch im Herbst gezeugt.“