Gelsenkirchen. Die Frage nach dem Impfstatus ihrer Mitarbeiter ist Arbeitgebern nicht erlaubt. Doch das könnte sich ändern. Was örtliche Betriebe dazu sagen.
Geimpft oder Nicht-geimpft? Diese eine Frage wird dieser Tage immer häufiger gestellt: im Freundes- und Bekanntenkreis, in der weiteren Familie – aber vom Arbeitgeber? Jens Spahn (CDU) denkt aktuell darüber nach, das Infektionsschutzgesetz zu ändern: Demnach dürften Arbeitgeber (zunächst befristet) nach dem Impfstatus ihrer Mitarbeiter fragen. „Ich tendiere in der Frage zunehmend zu ja“, erklärte der Bundesgesundheitsminister in der ARD-Fernsehsendung „Hart aber fair“ am vergangenen Montagabend. Wie stehen die Gelsenkirchener Unternehmen dazu? Wir haben nachgefragt.
Frage nach dem Impfstatus am Arbeitsplatz: So halten es Gelsenkirchener Unternehmen
Die St. Augustinus GmbH mit ihren 4500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Verbund, die überwiegend in besonders sensiblen Bereichen wie Kliniken und Altenpflege eingesetzt sind, setzt beim Umgang mit dem Impfstatus bislang auf das Infektionsschutzgesetz als maßgeblichem Handlungsrahmen. „Überall, aber vor allem da, wo uns vulnerable Menschen anvertraut sind, sind wir als Dienstgeber verpflichtet, alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um einen Viruseintrag zu verhindern“, erklärt Unternehmenssprecher Wolfgang Heinberg. Über diese bereits geltenden Regeln könne man Mitarbeiter in jenen Bereichen ansprechen. Lesen Sie auch: Neue Erkenntnisse zu Lungenerkrankungen vom Marienhospital
Die Impfquote in den Häusern liege bei 80 Prozent, es würden viele niederschwellige Impfangebote gemacht. Einer Pauschalregel zum Abfragerecht stehe man skeptisch gegenüber. Auch die Änderung von Alltagsregeln wie die Einführung einer 2G-Regel könnte die Impfakzeptanz steigern. In jedem Fall bedürfe es klarer gesetzlicher Grundlagen, sollte die Meldepflicht eingeführt werden, so Heinberg.
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„Der Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wird von den Handwerksmeistern, mit denen ich in den letzten Tagen über dieses Thema gesprochen habe, unterstützt“, berichtet Egbert Streich, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Emscher-Lippe-West. „In zahlreichen Beratungsgesprächen mit den uns angeschlossenen (also innungsangehörigen) Handwerksbetrieben taucht die Frage nach der Abfragemöglichkeit des Arbeitgebers zum Impfstatus der Beschäftigten immer wieder auf“, so Streich weiter. [Lesen Sie auch:NRW-Arbeitsminister Laumann für Impfabfrage in Unternehmen]
Und Streich gibt noch weiteren Einblick in die Praxis: Viele Handwerker, deren Mitarbeiter in direktem Kundenkontakt stehen, würden darüber berichten, dass die Kunden zunehmend darauf bestehen, „dass nur immunisiertes Personal die Arbeiten in den Wohnräumen ausführt. Nicht immunisierten Mitarbeitern wird der Zutritt verweigert.“
Stadt Gelsenkirchen steht Meldepflicht zum Impfstatus skeptisch gegenüber
Diese Haltung der Kunden sei verständlich und nachvollziehbar – einerseits. Andererseits gerate der Handwerksmeister in das „Dilemma“, wie Streich es nennt, den Auftrag nicht annehmen oder nicht ausführen zu können, da er mitunter gar nicht weiß, wer von seinen Mitarbeitern denn eigentlich geimpft oder genesen ist. Da er auch nicht danach fragen darf, habe er keine Handhabe.
Die Stadt Gelsenkirchen als Arbeitgeber steht einer Meldepflicht zum Impfstatus skeptisch gegenüber. „Der Datenschutz in Gesundheitsfragen ist ein sehr hohes Gut, eine konkrete Einzelabfrage wäre nur zu rechtfertigen, wenn sich dadurch ein klarer Vorteil für die Aufgabenerledigung oder der Bürgerfreundlichkeit ergeben würde“, erklärt Luidger Wolterhoff, im Verwaltungsvorstand als Dezernent für das Personal zuständig.
Auch beim Bürger, der Dienstleistungen erbitte, sei ja der Impfstatus nicht bekannt. Alle Schutzregeln müssten daher ohnehin erhalten bleiben. Das gelte auch für die Senioreneinrichtungen der Stadt. Auch dort sei nicht die Impfquote abgefragt worden; allerdings sei den Pflegedienstleitungen, wie unter Kollegen üblich, sicher bekannt, wer Impfschutz hat und wer nicht.
Etwa 70 Prozent der Mitarbeiter in der Gelsenkirchener Verwaltung sind geimpft
„Ohnehin ist ja auch bei Geimpften nicht sichergestellt, dass keine Viren weitergetragen werden können. Und dieser nur graduelle Unterschied würde aus unserer Sicht die Meldepflicht nicht rechtfertigen.“, so Wolterhoff. Da es auch keine anonyme Abfrage gab, kann der Dezernent die Quote in der Verwaltung nur schätzen. „Ich gehe von etwa 70 Prozent aus, etwas mehr als in Gelsenkirchen insgesamt.“
Die 3G-Regel noch konsequenter einhalten
Olaf Meulenberg, Vorsitzender des Personalrates der Stadt, würde sich persönlich wünschen, dass die 3G-Regel noch stärker eingehalten wird, auch am Arbeitsplatz. Um sich, Kollegen und Angehörige besser schützen zu können. Einer Impf-Meldepflicht steht er allerdings eher skeptisch gegenüber; dafür seien Gesundheitsdaten zu sensibel.
Der Wohnungskonzern Vivawest mit Sitz im Nordsternpark fragt den Impfstatus seiner Mitarbeiter derzeit nach aktueller Rechtslage nicht ab. Das Unternehmen folgt „weitgehend dem in der NRW-Corona-Schutzverordnung verankerten 3-G-Grundsatz, um eine größtmögliche Normalisierung des betrieblichen Ablaufs bei größtmöglicher Sicherheit zu gewährleisten“, heißt es auf Nachfrage der Redaktion. [Lesen Sie auch:Neuer Chef will Vivawest auch zum Stromproduzenten machen]
Das sagt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB)
„Die Forderung nach Selbstauskunft über den eigenen Impfstatus ist ein No-go“, betonte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel am Dienstag, 31. August, in Berlin. Die Information, ob jemand geimpft sei, unterliege wie alle anderen Gesundheitsdaten der Beschäftigten dem Datenschutz, sie habe Arbeitgeber nicht zu interessieren, so Piel weiter.Die Forderung sei ein unlauterer Versuch, die Verantwortung für den Arbeitsschutz auf die Beschäftigten abzuwälzen. Maßnahmen, wie etwa die Ermöglichung von Home Office, hätten Vorrang. Impfen sei hingegen kein Instrument des Arbeitsschutzes und könne diesen auch nicht ersetzen.
Das Unternehmen habe für seine rund 2300 Mitarbeiter in der Verwaltung und im Außendienst ein umfangreiches Gesundheits- und Hygienekonzept erarbeitet. Dazu sei allen Beschäftigten bereits im Juni ein Impfangebot gemacht worden. Das sei sehr gut angenommen worden, so Gregor Boldt, Sprecher von Vivawest. Darüber hinaus stelle das Unternehmen kostenlos Selbsttests zur Verfügung und würde nicht immunisierte Beschäftigte „eindringlich“ darum bitten, vor der Arbeit einen Test durchzuführen und vertraut darauf, dass dies auch geschieht.
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